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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0070
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A. Die Ordnungen bis zur Teilung der Herzogtümer im Jahr 1544

penhagen geprüft werden könne. In Dänemark selbst drängten die evangelischen Prediger inzwischen beim
Herrscher auf eine schnelle Neuordnung der kirchlichen Verhältnisse. In ihrer Christian im Vorfeld des
geplanten Reichstags von Kopenhagen (15.-30. Oktober 1536) überreichten Bittschrift unterbreiteten sie
dem zukünftigen König eine Reihe von Vorschlägen für eine Kirchenordnung107.
Nach dem Abschluß des Reichstags berief Christian III. am 11. November 1536 eine Kommission für
die Ausarbeitung eines Entwurfs nach Odense108. Der Kommission gehörten die wichtigsten Vertreter der
dänischen Reformation an, unter ihnen auch Hans Tausen, der Verfasser der genannten Bittschrift. In die
Kommission waren aber auch Vertreter der fünf Domkapitel sowie der Provinzial des Dominikanerordens in
Dänemark berufen worden109. Mit ihrer Beteiligung hoffte Christian der Kritik der noch einflußreichen
altgläubigen Kreise entgegentreten zu können. Die Zusammensetzung der Kommission scheint die Arbeiten
an der Kirchenordnung nicht wenig erschwert zu haben, unternahmen die Vertreter der alten Kirche doch
den Versuch, die Beratungen bis zum Beginn des Konzils von Mantua hinauszuzögern110. Um die Arbeiten
zu beschleunigen, verlegte Christian die Gespräche in seine ehemalige Residenz nach Hadersleben. Zu den
Beratungen zog er nun auch sieben evangelische Prediger aus dem Herzogtum Schleswig hinzu. Zu ihnen
gehörten die wichtigsten Vertreter der Reformation in Schleswig (Tast, Slewart, Wenth und Wester-
holt)111. Mit ihrer Beteiligung verschob sich das Kräfteverhältnis der beiden Parteien in der Kommission
deutlich zur evangelischen Seite hin112.
Den von der Kommission erarbeiteten Entwurf sandte Christian III. zusammen mit einem Brief vom
17. April 1537 an Martin Luther nach Wittenberg113. Darin bat er Luther, die Ordnung zu besichtigen und
ihm mitzuteilen, was darinnen zu lassen sein solle. Speziell ging es ihm um die Klärung der Frage, ob den
Schwachen im Glauben noch eine Zeitlang der Genuß des Abendmahls unter einer Gestalt erlaubt sein solle.
Der ursprüngliche Entwurf dürfte in lateinischer Sprache abgefaßt worden sein; erhalten ist jedoch nurmehr
eine zeitgenössische dänische Übersetzung im Rigsarkivet Kopenhagen114. Laut der Vorrede zur fertigen
Kirchenordnung billigte Luther den Entwurf zusammen mit anderen Wittenberger Theologen115.
Außer an Luther hatte sich Christian III. auch mit einem Brief an den sächsischen Kurfürsten Johann
Friedrich gewandt und ihn noch einmal eindringlich um die Entsendung Bugenhagens nach Dänemark
gebeten. Dieses Mal gab der Kurfürst seine Einwilligung zu der Reise. Am 5. Juli 1537 traf Johannes
Bugenhagen zusammen mit seiner Familie in Kopenhagen ein116. Vermutlich hatte er den Entwurf der
Kirchenordnung bereits in Wittenberg eingehend geprüft und auch Korrekturen vorgenommen. In Kopen-
hagen wurde eine Kommission gebildet und die Kirchenordnung nochmals überarbeitet. Dabei wurden auch
umfangreiche Passagen neu hinzugefügt. Anscheinend nahm sogar Christian III. zeitweise an diesen Be-
ratungen teil117.

107 Zu dieser Bittschrift vgl. oben Anm. 76.
108 Eine Inhaltsangabe der an das Domkapitel Lund gerich-
teten Einladung nach Odense in Rordam, Danske Kir-
kelove 1, S. 9.
109 Zu den Teilnehmern vgl. Michelsen, Kirchenordnung,
S. 55f.
110 Vgl. ebd., S. 57f.; Hoffmann, Sieg der Reformation,
S. 140.
111 Die Namen der Schleswiger Teilnehmer finden sich am
Ende der Unterschriftenliste der „Ordinatio ecclesia-
stica“, Lateinische Kirchenordnung, S. 91; Kirkeordinan-
sen, S. 148f.
112 Vgl. Hoffmann, Sieg der Reformation, S. 140.
113 Luther, WA Br 8, Nr. 3148, S. 69-71.
114 Der Entwurf umfaßte sechs Kapitel: 1. Lehre, 2. Zere-
monien, 3. Schulwesen, 4. Versorgung der Geistlichen, Ar-

menversorgung und Hospitäler, 5. Superintendenten und
Pröpste und 6. für Pfarrer nötige Bücher. Abdruck des
Entwurfs mit den Korrekturen in Kirkeordinansen, S. 38-
91. Zum Entwurf vgl. Lausten, Kirchenordnungen,
S. 281f.; zu den Quellen, die dem Entwurf zugrunde lagen,
s. ausführlich Michelsen, Kirchenordnung, S. 84-176
und Schnell, Dänische Kirchenordnung, S. 8-84.
115 Vgl. Michelsen, Kirchenordnung, S. 176f.: Is [Lutherus]
cum aliis, qui Vittenbergae sunt, theologis eam [ordinatio-
nem] approbavit.
116 Vgl. ebd., S. 183-186; Lausten, Kirchenordnungen,
S. 283. Begleitet wurde Bugenhagen u.a von Peder Pal-
ladius und Tilemann von Hussen (später Bischof von
Schleswig).
117 Vgl. Michelsen, Kirchenordnung, S. 214-222; Lau-
sten, Kirchenordnungen, S. 284.

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