Einleitung
Kön 4. Anweisung an die Pfarrer des Herzogtums Holstein wegen der Täufer und anderer Sektierer,
16. November 1553 (Text S. 273) / Gern 1. Mandat gegen Täufer und Sakramentierer, 1. August 1555 (Text
S. 171) / Gern 2. Mandat gegen Täufer, 15. März 1562 (Text S. 173)
Mit der massiven Verfolgung von Täufern in den Niederlanden und am Niederrhein nach dem Untergang
des Münsteraner Täuferreichs 1535 nahm der Zustrom von Taufgesinnten aus diesen Gebieten nach Schles-
wig-Holstein stark zu. Noch kurz vor der Eroberung Münsters hatten die norddeutschen Hansestädte
Lübeck, Bremen, Hamburg, Rostock und Lüneburg im Mai 1535 ein Mandat gegen Täufer erlassen1. Das
Münsteraner Täuferreich blieb eine prägende Erfahrung: In obrigkeitlichen Erlassen erscheinen die dorti-
gen Vorgänge immer wieder als Beleg für das verderbliche Wirken des Täufertums, das zu Aufruhr gegen die
Obrigkeit, zu Blutvergießen und Krieg führt (s. auch Gern Nr. 1).
Dem Wirken Menno Simons - durch seine Schriften und durch eine ausgedehnte Reisetätigkeit in den
vierziger und fünfziger Jahren - ist die Neuformierung des niederländischen und niederdeutschen Täufer-
tums nach der Katastrophe von Münster zu verdanken. Unter seinem Einfluß kam es zur Abkehr von
Spiritualismus, Apokalyptik und Militanz2. 1554 fand Menno Simons Aufnahme in dem bei Oldesloe ge-
legenen Ort Wüstenfeld3. Der Ort gehörte zum Gut Fresenburg des ehemaligen kaiserlichen Hauptmanns
Bartholomäus von Ahlefeldt, der die Verfolgung von Täufern und ihr Martyrium während seiner Dienstzeit
in den Niederlanden persönlich miterlebt hatte. Von 1543 an war Wüstenfeld zu einer Zufluchtsstätte für
Täufer geworden4. Unter ihnen befand sich, wie es die Mandate Kön Nr. 4 und Gern Nr. 1 zeigen, eine große
Anzahl von Handwerkern. Ahlefeld ermöglichte den Taufgesinnten die Ausübung ihres Glaubens und
schützte sie vor dem Zugriff der Amtsleute5. Nach der Ankunft Menno Simons wurde auf dem Gut eine
Druckerei errichtet. Trotz des allgemeinen Publikationsverbots für täuferische Literatur wurden hier vier
Schriften von Menno Simons gedruckt6. Neben dem Gut Fresenburg findet in Berichten königlicher Räte
auch das im Besitz Paul Ritzerows befindliche Gut Hasselberg mit dem Dorf Altenkrempe als Freistätte für
Täufer Erwähnung7.
Das erste Mandat gegen die Täufer und andere Sektierer datiert vom 16. November 1553. Es ist von
König Christian III. erlassen worden und richtet sich an die holsteinischen Pfarrer. Die Aufnahme von
Täufern auf den Gütern von Adeligen bildete den Hintergrund für die beiden 1555 und 1562 gemeinschaft-
lich erlassenen Mandate des Königs und der Herzoge von Hadersleben und Gottorf. Am 12. Dezember 1554
hatte sich König Christian III. in einem Brief von Nyborg aus an seine Brüder Johann d.Ä. und Adolf I.
gewandt. Er schlug den beiden vor, Ahlefeldt persönlich zu ermahnen und ihn zur Ausweisung der Täufer
aufzufordern. Dem Brief des Königs war ein Bericht des Segeberger Amtmanns Klaus Wentsien voraus-
1 Abdruck in Greve, Memoria Ioannis Aepini, S. 138-142;
vgl. dazu Ingrid Ehlers, Das Mandat der Seestädte
Lübeck, Bremen, Hamburg, Rostock und Lüneburg gegen
die Wiedertäufer, 1535 Mai 23., in: Beiträge zur Ge-
schichte der Stadt Rostock 25 (2002), S. 196-200.
2 Als Überblick s. TRE 22, S. 444-450.
3 Vgl. Susanne Woelk, Menno Simons in Oldersum und
Oldesloe. „Häuptlingsreformation“ und Glaubensflücht-
linge im 16. Jahrhundert, in: MGB 53 (1996), S. 11-33.
4 Die meisten Wüstenfelder Täufer siedelten bereits vor
1600 nach Altona über. Der Ort Wüstenfeld selbst ging im
Dreißigjährigen Krieg unter. Vgl. Hein, Spiritualisten
und Täufer, S. 356.
5 Ebd., S. 352f.
6 Vgl. Marja Keyser, The Fresenburg Press. An In-
vestigation Pertaining to Menno Simons’ Printing Office
in Holstein, Germany, 1554-1555, in: Irvin B. Horst
(Hrsg.), The Dutch Dissenters. A Critical Companion to
Their History and Ideas, Leiden 1986, 179-186.
7 Vgl. Dollinger, Geschichte der Mennoniten, S. 4.
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Kön 4. Anweisung an die Pfarrer des Herzogtums Holstein wegen der Täufer und anderer Sektierer,
16. November 1553 (Text S. 273) / Gern 1. Mandat gegen Täufer und Sakramentierer, 1. August 1555 (Text
S. 171) / Gern 2. Mandat gegen Täufer, 15. März 1562 (Text S. 173)
Mit der massiven Verfolgung von Täufern in den Niederlanden und am Niederrhein nach dem Untergang
des Münsteraner Täuferreichs 1535 nahm der Zustrom von Taufgesinnten aus diesen Gebieten nach Schles-
wig-Holstein stark zu. Noch kurz vor der Eroberung Münsters hatten die norddeutschen Hansestädte
Lübeck, Bremen, Hamburg, Rostock und Lüneburg im Mai 1535 ein Mandat gegen Täufer erlassen1. Das
Münsteraner Täuferreich blieb eine prägende Erfahrung: In obrigkeitlichen Erlassen erscheinen die dorti-
gen Vorgänge immer wieder als Beleg für das verderbliche Wirken des Täufertums, das zu Aufruhr gegen die
Obrigkeit, zu Blutvergießen und Krieg führt (s. auch Gern Nr. 1).
Dem Wirken Menno Simons - durch seine Schriften und durch eine ausgedehnte Reisetätigkeit in den
vierziger und fünfziger Jahren - ist die Neuformierung des niederländischen und niederdeutschen Täufer-
tums nach der Katastrophe von Münster zu verdanken. Unter seinem Einfluß kam es zur Abkehr von
Spiritualismus, Apokalyptik und Militanz2. 1554 fand Menno Simons Aufnahme in dem bei Oldesloe ge-
legenen Ort Wüstenfeld3. Der Ort gehörte zum Gut Fresenburg des ehemaligen kaiserlichen Hauptmanns
Bartholomäus von Ahlefeldt, der die Verfolgung von Täufern und ihr Martyrium während seiner Dienstzeit
in den Niederlanden persönlich miterlebt hatte. Von 1543 an war Wüstenfeld zu einer Zufluchtsstätte für
Täufer geworden4. Unter ihnen befand sich, wie es die Mandate Kön Nr. 4 und Gern Nr. 1 zeigen, eine große
Anzahl von Handwerkern. Ahlefeld ermöglichte den Taufgesinnten die Ausübung ihres Glaubens und
schützte sie vor dem Zugriff der Amtsleute5. Nach der Ankunft Menno Simons wurde auf dem Gut eine
Druckerei errichtet. Trotz des allgemeinen Publikationsverbots für täuferische Literatur wurden hier vier
Schriften von Menno Simons gedruckt6. Neben dem Gut Fresenburg findet in Berichten königlicher Räte
auch das im Besitz Paul Ritzerows befindliche Gut Hasselberg mit dem Dorf Altenkrempe als Freistätte für
Täufer Erwähnung7.
Das erste Mandat gegen die Täufer und andere Sektierer datiert vom 16. November 1553. Es ist von
König Christian III. erlassen worden und richtet sich an die holsteinischen Pfarrer. Die Aufnahme von
Täufern auf den Gütern von Adeligen bildete den Hintergrund für die beiden 1555 und 1562 gemeinschaft-
lich erlassenen Mandate des Königs und der Herzoge von Hadersleben und Gottorf. Am 12. Dezember 1554
hatte sich König Christian III. in einem Brief von Nyborg aus an seine Brüder Johann d.Ä. und Adolf I.
gewandt. Er schlug den beiden vor, Ahlefeldt persönlich zu ermahnen und ihn zur Ausweisung der Täufer
aufzufordern. Dem Brief des Königs war ein Bericht des Segeberger Amtmanns Klaus Wentsien voraus-
1 Abdruck in Greve, Memoria Ioannis Aepini, S. 138-142;
vgl. dazu Ingrid Ehlers, Das Mandat der Seestädte
Lübeck, Bremen, Hamburg, Rostock und Lüneburg gegen
die Wiedertäufer, 1535 Mai 23., in: Beiträge zur Ge-
schichte der Stadt Rostock 25 (2002), S. 196-200.
2 Als Überblick s. TRE 22, S. 444-450.
3 Vgl. Susanne Woelk, Menno Simons in Oldersum und
Oldesloe. „Häuptlingsreformation“ und Glaubensflücht-
linge im 16. Jahrhundert, in: MGB 53 (1996), S. 11-33.
4 Die meisten Wüstenfelder Täufer siedelten bereits vor
1600 nach Altona über. Der Ort Wüstenfeld selbst ging im
Dreißigjährigen Krieg unter. Vgl. Hein, Spiritualisten
und Täufer, S. 356.
5 Ebd., S. 352f.
6 Vgl. Marja Keyser, The Fresenburg Press. An In-
vestigation Pertaining to Menno Simons’ Printing Office
in Holstein, Germany, 1554-1555, in: Irvin B. Horst
(Hrsg.), The Dutch Dissenters. A Critical Companion to
Their History and Ideas, Leiden 1986, 179-186.
7 Vgl. Dollinger, Geschichte der Mennoniten, S. 4.
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