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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0211
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Einleitung

Spitze20. Im Holsteiner Landesteil nahm die Propstei Rendsburg mit Johann Meyer und Volquard Jonas
(Jensen) eine vergleichbare Position ein21. Den Titel eines Generalpropstes, wie er aus dem Gottorfer Anteil
bekannt ist, scheint es im Gebiet Herzog Johanns nicht gegeben zu haben22.
Eine der wichtigsten Verpflichtungen der Pröpste war die Durchführung der Visitationen23. Zusätzlich
zur Kontrolle im Rahmen der Visitationen versammelte der Hadersiebener Propst zweimal im Jahr die
Geistlichen seines Gebietes, dat ock de lere möge recht unnd rein unvorfelschet by macht bliven, de hillige unnd
hochwirdige Sacramenta recht in erem gebruck [...] administrert werden und in lere unnd ceremonien möge
eindracht erholdenn bliven2i. Aufgabe der Pröpste war die Prüfung der von den Kirchgeschworenen in den
einzelnen Gemeinden erstellten Rechnungen (s. unten S. 202). In ihre Zuständigkeit fiel die Examination
der Kandidaten für ein geistliches Amt und später auch ihre Ordination25. Bei der Wahl eines neuen Geist-
lichen durch die Kirchengemeinden waren sie beratend beteiligt26. Die Pröpste entschieden zusammen mit
anderen Pfarrern (oldesten unnd vornemesten Pastorn), die sie wahlweise hinzuriefen, in geistlichen Rechts-
fällen und auch in Eheangelegenheiten27. Zur Entstehung fester Konsistorien kam es nach der Auffassung
Stemanns im Hadersiebener Gebiet während der Regierungszeit Johanns d.Ä. bis 1580 aber nicht28.
Auf die Schleswig-Holsteinische Kirchenordnung von 1542 (Nr. 7), die im Hadersiebener Teilherzogtum
die normative Grundlage für das kirchliche Leben bildete, wird in den Erlassen des Herzogs immer wieder
Bezug genommen. So nannte Johann d.Ä. in der 1556 für die Landschaft Nordstrand veröffentlichten
Ordnung als vorrangiges Ziel seines kirchlichen Handelns, daß die Ordinantie [also die Kirchenordnung von
1542] im schwänge und bei gutem bestände ungeschwecht bleiben möge29.
Mit dem Tode Johanns d.Ä. und der Aufteilung seines Gebietes zwischen dem König von Dänemark
und dem Herzog von Gottorf im Jahr 1581 ging die Kirche des Hadersiebener Anteils in den beiden anderen
Landeskirchen auf.
Had 1. Zuchtordnung für die Ämter Hadersleben und Törning, 15. Mai 1550 (Text S. 207) / Had 2.
Anweisung an den Adel zur Einhaltung der Sonn- und Feiertage durch deren Untertanen, 21. März 1551
(Text S. 210) / Had 8. Einsetzung von Disziplinaraufsehern in den Pfarreien der Ämter Hadersleben und
Törning, 7. Juni 1564 (Text S. 225)
Die Zuchtordnung wurde im Mai 1550 für die beiden Ämter Hadersleben und Törning erlassen; nach
Einträgen in der Hansburger Registratur scheint sie einige Jahre später aber auch im Amt Tondern über-
nommen worden zu sein30. Ein Ziel der Ordnung war die Bekämpfung des Ehebruchs und anderer sittlicher
Verfehlungen. Weit verbreitet scheint in den beiden Ämtern die Verwandtenehe gewesen zu sein31. Wie in
der Zuchtordnung angedeutet, war sie in den zurückliegenden Jahren, trotz des Verbots der Ehe unter
nahen Verwandten in der Kirchenordnung von 154232, nicht konsequent bestraft worden. Bei der Verfolgung
sittlicher Verfehlungen sollten der Propst und der Amtmann als geistliche und weltliche Stellvertreter des
Landesherrn Zusammenarbeiten. Als erste Stufe der Sanktionen war wie in den Zuchtordnungen anderer
Territorien der Ausschluß von Feiern und gesellschaftlichen Anlässen vorgesehen. Erst bei anhaltender

20 Vgl. Rordam, M. Jorgen Boies Beretning, S. 271f.;
Arends, Gejstligheden 3, S. 9; Feddersen, Kirchen-
geschichte 2, S. 142; Hoffmann, Landesherrliches Kir-
chenregiment, S. 82.
21 Vgl. Arends, Gejstligheden 3, S. 115; Feddersen, Kir-
chengeschichte 2, S. 142.
22 Vgl. Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 141.
23 Vgl. Rordam, M. Jorgen Boies Beretning, S. 276.
24 Ebd., S. 273.
25 Ebd., S. 275; Feddersen, Kirchengeschichte 2, S. 403f.
26 Vgl. Rordam, M. Jorgen Boies Beretning, S. 274: Die

wahll averst eines nien kerkherren ist denn Inwahnern des
Caspels, doch mit der herrenn verloff und des Prawestes rath,
gegunnet.
27 Ebd., S. 279.
28 Vgl. Stemann, Geschichte der Geistlichen Gerichtsbar-
keit, S. 519.
29 Vgl. Had Nr. 5, S. 215.
30 Vgl. Andersen, De Hansborgske Registranter 1, Nr. 6,
S. 13f.
31 Vgl. auch Had Nr. 5, S. 218.
32 Nr. 7, S. 100.

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