Die Ordnungen des Gottorfer Anteils
Am 4. Juli erging von den Genannten eine entsprechende Einladung an die Täufer und an andere
deviante Gruppen (böser und verdammter sectiererei) zu einer Disputation für den 16. August270. Der ur-
sprüngliche Termin für das Colloquium mußte jedoch verschoben werden, und so fand das Gespräch vom
13.-15. September auf dem Rathaus in Schleswig statt. Die lutherische Geistlichkeit war dabei durch den
Generalpropst Jakob Fabricius und den Eiderstedter Propst Georg Crusius vertreten. Die in Schleswig
behandelten Themen stimmten weitgehend mit denen des Gesprächs vom Vorjahr überein271.
Zwei Monate später, am 10. November 1608, erließ Johann Adolf das „Mandat umb abschaffungh der
Davidjoristen und Widerteuffer in Eyderstete“. Entscheidend für dessen Schärfe dürfte der negative Be-
richt der Kommission über den Verlauf der Disputation auf dem Schleswiger Rathaus gewesen sein272. Den
Bestimmungen des Mandats nach sollten die Mennoniten und Joriten, wenn sie an ihrem Bekenntnis
festhielten, innerhalb eines halben Jahres Eiderstedt verlassen. Wer sich danach noch im Land befand und
nicht am Gottesdienst der Ortspfarrei teilnahm und seine Kinder nicht taufen ließ, wurde neben der Lan-
desverweisung noch mit der Konfiskation der Hälfte seiner Güter bedroht.
Das Mandat wurde aber wohl nicht mit der von der Kommission gewünschten Konsequenz umgesetzt.
Dafür waren vor allem wirtschaftliche Gründe maßgebend: Die Niederländer in Eiderstedt brachten mit
der von ihnen betriebenen Milchwirtschaft und Käsebereitung dem Gottorfer Hof beträchtliche Einnah-
men. Darüber hinaus kam ihnen eine wichtige Rolle bei der Eindeichung der Vorlande zu273. Insbesondere
Johann Clausen Coodt, einer ihrer Wortführer (s. das Bekenntnis von 1607), war ein gesuchter Fachmann
für den Deichbau, auf den Herzog Johann Adolf nicht verzichten wollte274.
1614 begann der Eiderstedter Staller Hermann Hoyer erneut mit der Verfolgung der Täufer. Hoyer
berief sich dabei auf das Landrecht und das Mandat vom 10. November 1608. Propst Georg Crusius
arbeitete für die Eiderstedter Geistlichkeit eine Schrift über die Umtriebe der Täufer aus, die er im Juli 1614
dem Staller und den Räten der Landschaft übergab. Darin hielt der Propst den Täufern vor, ihre Lehre
(verflucht, ärgerlich und gotteslästerlich) und ihre Versammlungen führten zur Zerrüttung des Landes. Die
Schrift war eine Reaktion auf die verstärkten Anstrengungen der Täufer zur Ausbreitung ihrer Lehre und
die Berufung niederländischer Prediger nach Eiderstedt. Der Staller und die Räte der Landschaft reichten
Crusius’ Arbeit zusammen mit einer Klageschrift beim Gottorfer Hof ein275. Als der Staller im August 1614
mehrere Führer der Täufer gefangennehmen ließ, verfügte Herzog Johann Adolf jedoch deren Freilassung.
Eine vom Herzog angeordnete Vernehmung der Täufer fand am 19. August in Gottorf durch den Kanzler
und die herzoglichen Räte statt. Im November übergaben die Täufer auf Coodts Initiative hin dem Herzog
eine „Widerlegung auf die Beschuldigung der Wiedertaufferey betreffend“. Darin nahmen sie Stellung zu
der vom Staller und den Räten eingereichten Klage und zu der Schrift des Eiderstedter Propstes276.
Mit seinem Mandat vom 1. Dezember 1614 schlug Herzog Johann Adolf dann einen Mittelweg ein277:
Die Täufer durften in Eiderstedt wohnen bleiben und ihren bürgerlichen Geschäften weiter in der Stille
nachgehen, für die sie den Schutz des Herzogs genossen. Nicht gestattet war ihnen hingegen die Verbreitung
ihrer Lehren und die Abhaltung eigener Versammlungen. Darüber hinaus hatten sie sich jeglicher Kritik an
der Kirche zu enthalten. Für etwaige Verstöße gegen das Verbot drohte das Mandat mit der Konfiskation
der Güter und mit Landesverweisung. Sieben Jahre nach der Veröffentlichung des Mandats, 1521, gründete
270 Johann Clausen Coodt übergab daraufhin am 22. Juli ein
Bekenntnis, das, von einigen Ergänzungen am Beginn
und am Ende des Textes abgesehen, weitgehend mit dem
Bekenntnis vom August 1607 übereinstimmte. Vgl. Nip-
pold, David Joris, S. 663f.; Hansen, Wiedertäufer in
Eiderstedt, S. 215f.
271 Das Protokoll des Gesprächs ist ediert in Hansen, Wie-
dertäufer in Eiderstedt, S. 218-224.
272 Ebd., S. 227.
273 Vgl. Ernst George, Die wirtschaftlichen und kulturel-
len Beziehungen der Westküste Schleswig-Holsteins zu
den Niederlanden, in: Nordelbingen 1 (1923), S. 220-289.
274 Vgl. Hansen, Wiedertäufer in Eiderstedt, S. 229.
275 Ebd., S. 230-232.
276 Ebd., S. 233f.
277 Ebd., S. 235.
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Am 4. Juli erging von den Genannten eine entsprechende Einladung an die Täufer und an andere
deviante Gruppen (böser und verdammter sectiererei) zu einer Disputation für den 16. August270. Der ur-
sprüngliche Termin für das Colloquium mußte jedoch verschoben werden, und so fand das Gespräch vom
13.-15. September auf dem Rathaus in Schleswig statt. Die lutherische Geistlichkeit war dabei durch den
Generalpropst Jakob Fabricius und den Eiderstedter Propst Georg Crusius vertreten. Die in Schleswig
behandelten Themen stimmten weitgehend mit denen des Gesprächs vom Vorjahr überein271.
Zwei Monate später, am 10. November 1608, erließ Johann Adolf das „Mandat umb abschaffungh der
Davidjoristen und Widerteuffer in Eyderstete“. Entscheidend für dessen Schärfe dürfte der negative Be-
richt der Kommission über den Verlauf der Disputation auf dem Schleswiger Rathaus gewesen sein272. Den
Bestimmungen des Mandats nach sollten die Mennoniten und Joriten, wenn sie an ihrem Bekenntnis
festhielten, innerhalb eines halben Jahres Eiderstedt verlassen. Wer sich danach noch im Land befand und
nicht am Gottesdienst der Ortspfarrei teilnahm und seine Kinder nicht taufen ließ, wurde neben der Lan-
desverweisung noch mit der Konfiskation der Hälfte seiner Güter bedroht.
Das Mandat wurde aber wohl nicht mit der von der Kommission gewünschten Konsequenz umgesetzt.
Dafür waren vor allem wirtschaftliche Gründe maßgebend: Die Niederländer in Eiderstedt brachten mit
der von ihnen betriebenen Milchwirtschaft und Käsebereitung dem Gottorfer Hof beträchtliche Einnah-
men. Darüber hinaus kam ihnen eine wichtige Rolle bei der Eindeichung der Vorlande zu273. Insbesondere
Johann Clausen Coodt, einer ihrer Wortführer (s. das Bekenntnis von 1607), war ein gesuchter Fachmann
für den Deichbau, auf den Herzog Johann Adolf nicht verzichten wollte274.
1614 begann der Eiderstedter Staller Hermann Hoyer erneut mit der Verfolgung der Täufer. Hoyer
berief sich dabei auf das Landrecht und das Mandat vom 10. November 1608. Propst Georg Crusius
arbeitete für die Eiderstedter Geistlichkeit eine Schrift über die Umtriebe der Täufer aus, die er im Juli 1614
dem Staller und den Räten der Landschaft übergab. Darin hielt der Propst den Täufern vor, ihre Lehre
(verflucht, ärgerlich und gotteslästerlich) und ihre Versammlungen führten zur Zerrüttung des Landes. Die
Schrift war eine Reaktion auf die verstärkten Anstrengungen der Täufer zur Ausbreitung ihrer Lehre und
die Berufung niederländischer Prediger nach Eiderstedt. Der Staller und die Räte der Landschaft reichten
Crusius’ Arbeit zusammen mit einer Klageschrift beim Gottorfer Hof ein275. Als der Staller im August 1614
mehrere Führer der Täufer gefangennehmen ließ, verfügte Herzog Johann Adolf jedoch deren Freilassung.
Eine vom Herzog angeordnete Vernehmung der Täufer fand am 19. August in Gottorf durch den Kanzler
und die herzoglichen Räte statt. Im November übergaben die Täufer auf Coodts Initiative hin dem Herzog
eine „Widerlegung auf die Beschuldigung der Wiedertaufferey betreffend“. Darin nahmen sie Stellung zu
der vom Staller und den Räten eingereichten Klage und zu der Schrift des Eiderstedter Propstes276.
Mit seinem Mandat vom 1. Dezember 1614 schlug Herzog Johann Adolf dann einen Mittelweg ein277:
Die Täufer durften in Eiderstedt wohnen bleiben und ihren bürgerlichen Geschäften weiter in der Stille
nachgehen, für die sie den Schutz des Herzogs genossen. Nicht gestattet war ihnen hingegen die Verbreitung
ihrer Lehren und die Abhaltung eigener Versammlungen. Darüber hinaus hatten sie sich jeglicher Kritik an
der Kirche zu enthalten. Für etwaige Verstöße gegen das Verbot drohte das Mandat mit der Konfiskation
der Güter und mit Landesverweisung. Sieben Jahre nach der Veröffentlichung des Mandats, 1521, gründete
270 Johann Clausen Coodt übergab daraufhin am 22. Juli ein
Bekenntnis, das, von einigen Ergänzungen am Beginn
und am Ende des Textes abgesehen, weitgehend mit dem
Bekenntnis vom August 1607 übereinstimmte. Vgl. Nip-
pold, David Joris, S. 663f.; Hansen, Wiedertäufer in
Eiderstedt, S. 215f.
271 Das Protokoll des Gesprächs ist ediert in Hansen, Wie-
dertäufer in Eiderstedt, S. 218-224.
272 Ebd., S. 227.
273 Vgl. Ernst George, Die wirtschaftlichen und kulturel-
len Beziehungen der Westküste Schleswig-Holsteins zu
den Niederlanden, in: Nordelbingen 1 (1923), S. 220-289.
274 Vgl. Hansen, Wiedertäufer in Eiderstedt, S. 229.
275 Ebd., S. 230-232.
276 Ebd., S. 233f.
277 Ebd., S. 235.
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