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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (23. Band = Schleswig-Holstein): Die Herzogtümer Schleswig und Holstein — Tübingen: Mohr Siebeck, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.41731#0456
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Dithmarschen

der einflußreichsten Bauern des Landes. Die größeren Kirchspiele stellten jeweils vier Schlüter und 20
Swaren, die kleineren zwei Schlüter und 14 Swaren7.
Mitte des 15. Jahrhunderts kam es zu weitreichenden Veränderungen in der Dithmarscher Verfassung,
als sich mit dem Erscheinen der Achtundvierziger ein neues Gremium etablierte. Die Achtundvierziger sind
erstmals 1447 im ältesten Dithmarscher Landrecht8 in der Funktion als den Kirchspielen übergeordnete
Appellationsinstanz erwähnt. Dieses Obergericht wurde von vier der fünf Döfften mit je 12 auf Lebenszeit
gewählten Mitgliedern, die aus den Reihen der führenden Bauernfamilien stammten, besetzt9. Die Acht-
undvierziger, die seit 1509 auch als Regenten bezeichnet wurden, stellten die zentrale Dithmarscher Lan-
desregierung dar und bildeten bürokratisch organisierte Institutionen aus - etwa die Kanzlei und die Lan-
deskasse -, wie es auch in anderen Territorien der Fall war10. Zusammen mit den Schlütern und Swaren als
Vorstehern der einzelnen Kirchspiele bzw. den Ratmännern in den Städten Meldorf und Lunden bildeten
die Achtundvierziger die sog. Vollmacht des Landes11.
Die Achtundvierziger nahmen jedoch nicht nur politische Rechte wahr, sondern suchten auch die kirch-
liche Hoheit in ihre Hand zu bringen. Seit der Bremer Erzbischof 1223 die geistliche Gerichtsbarkeit in
Dithmarschen an den Hamburger Dompropst delegiert hatte, besetzte dieser die Pfarrstellen des Landes.
Die Gewohnheit der Pfarrer, die Seelsorge durch Stellvertreter eher schlecht als recht versehen zu lassen,
sowie das unangemessene Verhalten des Offizials bei den Visitationen boten den willkommenen Anlaß, die
Dithmarscher Kirchen aus der Abhängigkeit vom Hamburger Domkapitel zu lösen12. Die Achtundvierzi-
ger, die damit auch die Gelegenheit gekommen sahen, Abgaben aus den Pfarreien, die bisher an das Ham-
burger Domkapitel geflossen waren, im Lande zu halten, setzten sich am 13. August 1523 in der „Litera
confederationis Ditmerticorum“ über die Rechte des Hamburger Dompropsts hinweg. Sie erklärten, daß
künftig alle Pfarrer persönlich residieren müßten oder ihres Amtes entsetzt würden. In der Protestation von
1523 sprachen die Dithmarscher den Kirchspielen nicht nur das Patronatsrecht über „ore kerken, vicarien
und commenden“ zu, sondern verwiesen auch alle kirchlichen Abgaben „by de swaren der kerken“, also an
die Kirchspiele.13 Mit dieser Erklärung machten die Regenten die Besetzung und Vermögensverwaltung der
Dithmarscher Pfarrkirchen zu ihrer Sache und zogen das Kirchenregiment an sich. Die evangelische Lehre,
die sich 1523 in Dithmarschen zwar bereits verbreitete, lehnten die Regenten jedoch dezidiert ab und
betonten die Beibehaltung katholischer Zeremonien und insbesondere der in Dithmarschen seit 1500 auf-
blühenden Marienverehrung14.

7 Elsner, Verwaltungsform, S. 38-51; Bolten, Ge-
schichte 4, S. 116-119. Die iurati wurden 1281, die clavi-
geri erstmals 1341 urkundlich erwähnt, Missfeldt,
Staat und Kirche, S. 58; Stoob, Kirchspiele, S. 122 Anm.
1; Rolfs, Kirchliche Verfassung, S. 165f.
8 Abdruck bei Michelsen, Rechtsquellen, S. 2-85,
275-317. Vgl. Stoob, Geschichte, S. 40f.; ders., Ge-
schlechterverbände, S.163-165.
9 Aus der Süderdöfft (Strandmannsdöfft mit den Kirch-
spielen Marne, Brunsbüttel, Eddelak, Burg), die an der
Verfassungsreform nicht beteiligt war, wurden keine Mit-
glieder für den Regentenrat bestellt. Die Süderdöfft
wählte mit den Vierundzwanzigern ein eigenes Gremium,
Missfeldt, Staat und Kirche, S. 60f., S. 115 Anm. 5;
ders., Republik Dithmarschen, S. 123; Lambrecht, Ge-
lehrtenschule, S. 15f.; Stoob, Geschichte, S. 44-46; Els-
ner, Verwaltungsform, S. 58-61.
10 Wülfing, Dithmarschen, Sp. 1131; vgl. Chalybaeus,
Geschichte, S. 143-150; Krüger, Schleswig-Holstein,
S. 773.
11 Rolfs, Kirchliche Verfassung, S. 144; Elsner, Verwal-
tungsform, S. 54-56.

12 Zur Vorgeschichte siehe Stoob, Geschichte, S. 178-187;
Rolfs, Einführung, S. 325-328.
13 „Litera confederationis Ditmerticorum contra praeposi-
tum, decanum et capitulum ecclesiae Hamburgensis nec-
non quoscunque alios beneficiatos in Ditmertia“, Ab-
druck in Rolfs, Urkundenbuch, S. 57-60. 1532
bestätigte das Reichskammergericht den Regenten die
Hoheit über kirchliche Belange, Koppen, Reformation,
S. 271. Vgl. Hartke, Prozess, S. 2.
14 Seit 1473 war Dithmarschen Lehen des dänischen Königs
sowie des Herzogs von Holstein, im Jahr 1500 war es in
der Schlacht von Hemmingstedt jedoch wieder befreit
worden, nachdem die Muttergottes um den Sieg angeru-
fen worden war. Maria war fortan die Schutzheilige des
Landes, Hansen, Marienland, S. 73-92; ders., Topogra-
phie, S. 297-303; Koppen, Kirche in Dithmarschen,
S. 87-89, S. 104 Anm. 278; ders., Reformation, S. 262,
268, 270f.; Rolfs, Zustände, S. 15-20; ders., Einführung,
S. 328; Missfeldt, Staat und Kirche, S. 66-72; Nissen,
Ist die Reformation erledigt?, S. 2-4; Stoob, Kirchspiele,
S. 120f.

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