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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0169
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Die Besitzungen der Familie von der Schulenburg.

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1572 eine eigene Kirchenordnung. Nach dem Familienschlusse von 1584 (Riedel 1,313) wurde
eine alljährliche Synode der Schulenburgischen Prediger eingerichtet, die abwechselnd zu
Betzendorf und Apenburg tagen sollte. Im Familienschlusse von 1597 ist von einer Inspection
der Pfarrer zu Apenburg und Betzendorf über die Landprediger die Rede.
Die Kirchen- und Gerichtsordnung vom 3. October 1572 steht bei Riedel I, (3. S. 303 ff.

10. Kirchen- und gerichtsordnung vom 3. october 1572.
[Nach Riedel, Nov. Codex diplom. Brandenburg. I, 6. S. 304 ff.

1. Es sollten pillich alle die, so sich christ-
liches namens ruehmen vor allen dingen dasjenige,
wellichs zum reich Christi oder gottes gehört,
mit fleisse suchen, das ist, gottes wort mit lust
und liebe horen, die sacramente mit aller ehr-
erpietung gern und oft geprauchen und ihr ganzes
leben und wandel also anstellen, das es mit dem
dem gottlichen worte und christlichen namen
ubereinstimme. Aber man befindet leider das
widerspiele, das die menschen gottes wort zu
lernen sich gar nicht befleissen und gerathen in
wuestes unartigs vihisches leben. Derohalben wir
uns als obrigkeit schuldig erkennen, ein ernstes
einsehen zu haben damit unsere unterthanen in
erkenntnuss gottes und aller gottseligkeit unter-
richtet werden.
Und nachdem es mit den predigern und der
predigt also vorsehen und bestelt ist, das nicht
alleine am sontage vormittage eine predigt ge-
halten werde, besondern auch nachmittage die
hauptstucke christlicher lehre nach dem cate-
chismo Lutheri vorgetragen werde uberdas noch
eine sonderliche predigt geschehen solle und da-
mit der gottesdienst und eure seligkeit gefordert
und ihr eueres aussenpleibens und unwissenheit
keine entschuldigung fürzuwenden hapt, so haben
wir zugelassen, das ihr an dem tage und in
der stunde, da die wochenpredigt an geschieht,
sollet des herrn dienstes bis nach vollendeter
predigt uberhoben und gefreiet sein.
Wir gepieten aber ernstlich, bei vermeidung
namhaftiger strafe, das ein jeder sich in sollichen
predigten und kinderlehren treulich und unaus-
pleiblich finden, sein weib, kind und gesinde dazu
schicken oder mit sich bringen wolle, hier innen
keinen verzug ube, besondern sobald men vor-
leutet hate, in die kirchen komme, gottes wort
anhere, neben der christlichen versamlung gott
lobe und preise mit singen, beten, danken , bis
zum ende des amts. Do aber in diesen allen
jmans vorachtlich, nachlessig und seumlich er-
funden wurde, als der zur kirchen nicht gunge,
die seinen nicht dazu hielte, aus der kirche liefe,
ehe es ausse were, auf dem kirchhofe ein
Waschmarkt anstellet, der soll allezeit, so
oft er ubertritt, zween gulden zur strafe in ge-
meinen kasten geben.

Itam da am sontage oder an grossen festen,
welche man pillich feiern, das ist, mit heiligen
guten werken zubringen soll, jmants arbeit fur-
nehmen wurde, da soll ein ackerman einen halben
gulden, ein cossat einen ortsgulden zu straf geben
in gemeinen kasten.
Wenn aber am kirchengehen gross verhinder-
nuss bringt, das unter der predigt bier und
gebrandter wein verkauft werden, so thuen
wir sollichs auch hiemit ernstlich verbieten. Da
aber ein kruger in sollicher zeit wurde bier fellen,
soll er seinen junkheren ein fass bier oder drei
tonnen soltmann verfallen sein. Gleichergestalt,
so auf die zeit jmand brandtenwein fellen wurde,
sollen den gemeinen fellen einen gulden straf
geben und der wahren verlustig sein. Wer sich
auch sonsten unter der predigt in den krügen
oder beim brandtenwein finden lesset, der soll
einen halben gulden in gemeinen kasten geben.
So soll auch in den gemeinen marken vor der
predigt kein kram geoffnet sein, wurden aber die
kremer dem nicht gehorsamen, sollen sie einen
thaler den gemeinen gefellen verfallen sein.
2. Wan die pfarhern befunden, das etliche
ihrer pfarrkinder zum wenigsten nicht ein oder
zwei male im jahr zur beicht und heiligen sacra-
mente ginge, die sollen sie erstlich zum fleissigsten
dazu vermahnen und strafen*, und do das bei
ihnen nicht furcht schaffete, sollen sie es der
obrigkeit vormelden und soll ein jder seine under-
thanen strafen oder deshalben aus dem ge -
richte vorweisen und soll ein sollicher in
der gemeine gar nicht gelitten werden.
3. Weil wir befunden, das unseren armen
leuten in unsern dorfern fast hin und wieder
grosse unordnung der hochzeit und kind -
taufe halben furfellt, also, das sich mennig arm
man uber sein vermugen kosten lesset. Dero-
halben wir aus wolgehapten rate und guter be-
dacht ein einsehen zu thun furgenommen, darmit
die armen leute sich selbst nicht verderben und
haben uns dorauf verglichen, das kein bauer uber
zwei, drei oder ufs hogste vier fass bier oder
vierzehn tonnen zur hochzeit haben soll, und do
jmands hiruber thete, so soll derselbige den ge-
meinen gefellen drei thaler zur strafe geben.
Und nachdem auch offentlich befunden, das
 
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