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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0480
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460

Schlesien.

II.
Von wahl der predicanten und kirchen
dienern.
Der stadt pfarherr soll vom rath und
der gemeine erwehlet und beruefen werden, jedoch
vorbehaltlichen nach eingenomener erkuendigung
seines lebens, lehr und anders wolverhaltens,
unserer ratification und confirmation.
Dergleichen soll es auch mit schuel und andern
kirchen dienern jedes mal, so oft es die notturft
erfordert, gehalten werden.
III.
Von der tauf.
Man hat hiebevor bei der tauf allerlei
abgöttische ceremonien mit weiung des wassers
zur tauf, cresem, liechtern und anderem, so in
göttlichen wort nicht geboten worden, im brauch
gehabt, solches soll hienfurt gänzlichen abgeschafft
sein. Anstatt des Evangelii Joannis cap. 1
ein christlich gebet gesprochen, darmitte solches
bei der tauf wie hiebevorn nicht gemiessbraucht,
und sonst aller diengen, wie in des Lutheri
taufbuechlein vermeldet, gehalten werden.
IV.
Von der beicht.
Wiewol zur beicht niemand gezwungen
oder gedrungen werden soll, wie im bapstum ge-
schehen, dennoch aber wirt die privat beicht in
allen wolbestelten evangelischen kirchen im
brauch gehalten, wie es dan die grosse und hohe
notturft erfordert. Erstlichen wegen des gemeinen
mannes, der von gottes wort, sacrament und
evangelio wenig oder gar nichts weiss , auch
kein scheu noch furcht hat, darnach auch wegen
eines jedem eigenen gewiessens, dass man ein
jedere person insonderheit verhöre, unterrichte,
vermahne und absolvire, und weil alhier in der
pfarkirchen der gebrauch, das dieselben in hohen
festen dermassen mit den communicanten
ubermöniget 1), das dergestalt nicht wol möglichen
sein wolte, einen jedem in sunderheit beichte zue
hören. Damit aber die generalis absolutio
gänzlich abgeschafft und ein jeder, der sich des
nachtmals des heren gebrauchen wiel, in sunder-
heit verhöret und unterricht werde, soll der predi-
cant in der pfarkirchen hienfort einen diaco-
num zuehalten, wie hiebevor gebreuchlichen ge-
wesen, verpflichtet sein, und zeitlichen vor den
hohen festen die eingepfarten vermahnen, vor den

bevorstehenden festen sich zum tiesch des hern
zue begeben, dieweil von suenden abzustehen und
sich zu Christo zue fienden, kein zeit vor die
ander zue halten oder zue erwehlen, auf das in
solchen festtagen sie mit verhör der communi-
canten nicht uberheuft werden, auch allewege
den freitag darvor beicht zue sitzen angefangen
werde. Und wollen hiermit ernstlichen bevehlende,
dass hienfort keiner zum tiesch des herrn ge-
lassen, er sei denn notduerftig verhöret und unter-
riechtet, sientemahl man die perlen nicht vor die
seue werfen soll.
V.
Vom sacrament des alttars.
Das heilige hochwürdige sacrament
des leibes und bluetes Christi soll man niemandes
anders reichen, dan in beiderlei gestalt, in rechter,
wahrer herzlicher erkantnuess und bekantnuess
des schuldiegen und herzlichen vertrauen auf den
teueren verdienst Jesu Christi, dan also bekennen
wir in Christo mit den evangelisten und
S. Paulo, das im abendmal des heren der wahre
leib und bluet Christi gegeben und empfangen
wirt, nach laut der wort Christi und des apostels
Pauli, da er sagt 1. Cor. 10: Als mit den kluegen
rede ich, richtet ihr, was ich sage, der gesegnete
kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die ge-
meinschaft des bluets Christi? das brot, das wir
brechen, ist das nicht die gemeinschaft des leibes
Christi? und in der ersten zun Corien. 11. cap:
Welcher nuen unwuerdig von diesem brot isset
oder vom kelch des herrn trinket, der ist schueldig
an dem leib und bluet des herrn, er spricht nicht:
am brot und wein, sondern am leib und bluet
Christi.
VI.
Von weihungen.
Man hat hiebevor die weihung der liechter,
kreuter, wasser, salz und anders im brauch ge-
halten, weiln aber solches in göttlicher schrieft
keinen grund und ein ganz abgöttisch werk, da-
durch der namen gottes missbraucht, zauberei und
ander unglück getrieben, als wollen wir dasselbe
auch hiermit verboten und abgeschafft haben bei
ernster unnachlessiger straf.
VII.
Von treuen der eheleütte.
Dass man denjenigen, so in heiligen
ehestand zue treten vermeinen, eher nicht treue,
sie siend dan zuevor von der canzel dreimal publi-
cirt worden. Solches erfordert die hohe notturft,

1) überfüllt.
 
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