Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0479

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung für Teschen von 1584.

459

kirchen betrieft, schueldig und geneiget siend,
haben wir ihnen genediglich nachgelassen, das sie
die beschwerten artikeln zuesammen briengen und
ihr bedenken schrieftlichen ubersenden möchten,
das sie dan underthänig gethan. Die wir dan
förder durch unsere hierzu verordnete rhäte, in
beisein unserer hof und stadt predicanten, auch
etlichen rathsfreunden, mit besonderem vleiss er-
wogen und die hiebevorige, von unserem wei-
land geliebten gemahl, gottseligen herzog Wentzeln
sub dato den Montag vor Agnetis anno 1578
versiegelte und aufgerichte schuel und kirchen-
ordnung verneuern und etlichen puncten ver-
mehrern lassen, wie allenthalben hernach volget.
Demnach aber alle ordnung und satzung,
so den underthanen zur gueten und gnediger wol-
fahrt gemeinet, wenig fruchtbar, wo darueber
nicht gehalten, die notduerftige execution er-
folge und die verbrecher zur gebuerlicher straf
gezogen.
So vermahnen, wollen und bevehlen wier
hiermit, euch allen und jeden insonderheit, dieser
unser schuel und kirchenordnung bei vermeidung
unserer ernstlichen straf nichts zue entgegen vor-
zunehmen, und dass vor allen dingen die pfar-
herrn, schuel- und kirchendiener ihres ampts mit
treuem vleis wahrnehmen, die ihnen bevohlne
seel und schuelsorge nach ihrem höchsten ver-
mögen ausriechten, das volk mit rechtschaffener
reiner christlichen lehr der Augspurgischen con-
fession gemess, und die jugend in der schuel
zur gottesfurcht mit vleissiger lehr und guten
sitten unterweisen, zue den werken christlicher
lieb vleissig vermahnen und meniglichen mit
gueten und vortrefflichen exempeln vorgehen.
Dan leichtlichen abzuenehmen, da ihrethalben
beide in der lehr und exempeln einigermangel
gespueret, was ergerlicher schaden und nachtheil
daraus ervolget.
Und ihm fahl sie die kirchen und schuel-
diener in einem und dem andern verbrechen, und
diese unsere gnedige christliche wohlmeinende vor-
sorge nicht in acht haben und sträflichen befunden
werden, der oder dieselben sollen mit nach ge-
setzter straf onnachlessig gestraft werden.
I.
Von pfarherrn, kirchen und schul-
dienern.
Sientemahl die tägliche erfahrung
giebet, das viel zuhörer ihre predicanten nicht
zue denen ehren, die ihnen nach göttlichem be-
vehl wohl gebuereten, verhalten, und ihnen ge-
buerlichen gehorsamb leisten, besondern unter
ihnen, den geistlichen selbst, allerhand gezank

und widerwillen sich ereignen pfleget, das sie bei
der obrigkeit und gemeine in abgunst, verbiete-
rung und verkleinerung gezogen, der hoffnung,
sie entlich abzumatten und wohl gar auszubeissen.
Damitte nun abscheuliche ergernuss verhuetet,
wier auch, wie bissanhero geschehen, desto weniger
verunruhet sein und bleiben möchten,
so setzen, ordnen und wollen wir, das
die kirchen und schuelpersonen in der lehr aus
bieblischen, prophetischen und apostolischen
schriften, und denen nach der Augspurgischen
confession und schriften Lutheri gemess, in
schuelen durch den catechismum Lutheri,
und auf der canzel durch vleissige predigt den
schuelern und zuehörern einbielden und lehren,
sich auch gegen ihren zuehörern und sonsten
menniglichen christlich, freundlich und demuetig,
unter ihnen selbst aber siettich und friedlich
leben und verhalten sollen, uf dass sie mennig-
lichen mit guetem exempeln vorgehen, die
leute auf der canzel, viel weniger unter sich selbst
ex affectu nicht schmehen, sondern ihres
studii und amts mit vleiss wahrnehmen. Weil
aber vernemlich alles gezänk und ergernuss daher
fleust, dass sich oftmals die schuel und kirchen-
personen in fremde hendel, die ihnen nicht be-
vohlen oder ihres amtes halben obliegen, mieschen,
als sollen sie hinfort bei ernster straf und ver-
meidung unserer ungnade sich derselben gänz-
lichen enthalten und dessen, so nicht ihres berufs
und amts, nicht annehmen oder sich in dieselbe
mengen, besondern jederzeit eifern.
Wir wollen auch, wo hienfuero die pfar
und schuldiener, da nicht etwas aus erheblichen
ursachen sich einer auf den andern zue beclagen,
besondern solches wie oftmals hiebevor geschehen,
aus wescherei herfloss, nicht anhören, es sei dan,
das uns die personen, welche solche mengerei ur-
sachen1) angemeldet werden, damit dieselben andern
zue abscheu, zue ernster biellicher straf ge-
zogen.
Es sollen auch unsere stadt und hof-
prediger dem gemeinen mann mit guettem exem-
pel zuer einigkeit einer in des andern predigt
gehen und dieselbe anhören, au das die pfar-
kiender und sonsten meniglichen ihnen ohne
ergernuss mit lust, liebe und ererbietung volgen
mögen.
Wo dann bei unseren dorfpfarherrn etwas
vorfiele, daraus sie sich nicht richten oder es
nieht entscheiden könten, solches sollen sie an
den decanum und seine collegas briengen
und gelangen lassen.

1) verursachen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften