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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0022
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Das Herzogthum Preussen.

I. Seit dem Frieden zu Thorn vom 19. Oktober 1466 umfasste das Gebiet des Deutschen
Ordens das ganze Bisthum Samland und den grösseren Theil von Pomesanien, während das
Palatinat Marienburg, die Diöcesen Leslau, Ermeland und Culm unter Polen standen. Das
Ordensgebiet bildeten also die heutige Provinz Ostpreussen ohne das Ermeland, und von dem
heutigen Westpreussen die Kreise Rosenberg und Marienwerder.
Der Bischof von Samland, Georg von Polentz, war der Reformation ebenso geneigt
wie der Markgraf Albrecht von Hohenzollern, der seit 1511 Hochmeister des Deutschen
Ordens war.
Herzog Albrecht war schon seit 1522 für die neue Lehre gewonnen. In einem Sendschreiben
„an die Herren Deutschen Ordens“ vom 28. März 1523 hatte Luther ernste Worte an den
Orden gerichtet. Seit 1523 pflog der Hochmeister mit Luther eine rege Correspondenz, welche
bis 1525 einen geheimen Charakter trug. Vgl. darüber Voigt, Gesch. Preussens 4, 687, 688;
de Wette, Luthers Briefe Bd. 2; Tschackert, Reformationsgesch. des Herzogthums Preussen
(Publik, aus preuss. Staats-Archiven Bd. 43) Bd. 1, S. 23 ff. (Leipzig 1890) und die dazu ge-
hörigen Citate im Urkundenbuch; Tschackert, Zur Correspondenz Luthers, in Zeitschr. f.
Kirchengesch. 1890, S. 274 ff., 620; vgl. ferner die Aufsätze im Preuss. Prov.-Kirchenbl. 2, 201 ff.,
3, 1 ff. (Correspondenz Herzog Albrechts mit Luther, Melanchthon und Sabinus); Tschackert,
Herzog Albrecht, in Schriften des Ver. f. Reformationsgesch. Nr. 45 S. 15 ff. In regem Brief-
verkehr stand der Herzog auch mit den Nürnbergern. (Vgl. den interessanten Brief des Hoch-
meisters an Hieronymus Ebner und Caspar Nützel in Nürnberg vom 16. Juli 1524, worin der
Herzog für die mitgetheilten Nachrichten dankt und über den Gang der Religionsverhandlungen
zu Regensburg berichtet, auch die Regensburger Beschlüsse in Abschrift beifügt.)
Wie verdächtig der Hochmeister bereits 1524 dem Papste erschien, kann man aus einem
Berichte des Markgrafen Johann Albrecht an den Hochmeister, datirt Rom, Freitag vor Judica
(d. i. 11. März) 1524, entnehmen (Staats-Archiv Königsberg. Briefarchiv der d. Ordenszeit 1524.
11. März. Schr. 4, S. 22).
Der Brief des Markgrafen Johann Albrecht an den Markgrafen Casimir, datirt Rom,
12. Sept. 1524 (Staats-Archiv Königsberg, Brief-Archiv der d. Ordenszeit 1524. 12. Sept. Rom.
XII. 30) verzeichnet das Gerücht, der Hochmeister wolle lutherisch werden und sich verheirathen.
Und am 24. Sept. 1524 teilt Markgraf Johann Albrecht dem Hochmeister die Ungnade des
Papstes wegen der Ausbreitung der lutherischen Lehre im Ordenslande mit. (Vgl. Staats-Archiv
Königsberg. Brief-Archiv der d. Ordenszeit. 1522—1525. 1524. 24. Sept. Rom. XII. 14.) Auf
diese Gerüchte und die damit in Zusammenhang stehenden Angelegenheiten beziehen sich
allerlei weitere Schreiben aus den Jahren 1524 und 1525 im Staats-Archive zu Königsberg.
Briefarchiv der d. Ordenszeit. So des Grafen Gabriel zu Ortensburg, d. d. Wien, 16. Septbr.
1524 (cit. loc. B. 126), der seine Bemühungen bei Erzherzog Ferdinand im Interesse des Hoch-
meisters wegen dessen Verhaltens in der lutherischen Lehre schildert. So des Georg Pusch an
den Hochmeister d. d. Rom, vom 8. April 1525 (cit. loc. II. 147). Und eine rege Correspondenz
bestand zwischen den verschiedenen Hohenzollernschen Fürsten über diese Angelegenheit, vgl.
z. B. Staats-Archiv Königsberg. Briefarchiv der d. Ordenszeit. 1524. Oct. 26, Brief des Mark-
grafen Casimir an den Hochmeister (cit. loc. XII. 85), des Hochmeisters an seinen Bruder
Johann Albrecht, Coadjutor zu Magdeburg und Halberstadt, d. d. Onolzbach, 27. Nov. 1524,
das Schreiben Georg Voglers an den Hochmeister, vom 15. März 1525 (Tschackert, Urkunden-
buch S. 332).
Schon im Jahre 1524 erschien der Hochmeister als ein Schutzpatron der neuen Lehre.
So wendet sich am 8. Septbr. 1524 Hans von Seckendorf, Amtmann zu Baiersdorf bei Erlangen,
an ihn und bittet um Verwendung für einen beim Bischofe von Bamberg „von wegen des gottes
worts“ gefangenen Prediger von Forchheim. (Der Brief wird dem Hochmeister offenbar von
 
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