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Das Herzogthum Preussen.
der Bischöfe vorgesehen. Offenbar waren sie nicht ins Leben getreten. Jetzt nahm der Herzog
diese Idee von Neuem auf. Er projektirte für 1530 drei Diöcesansynoden und eine Landessynode.
Eine Epidemie („der englische Schweiss“) verhinderte die Ausführung. Diese Seuche raffte den
Bischof Queiss dahin; als sein Nachfolger wurde Speratus vom Herzog ernannt. Im Januar 1530
nahm der Herzog den Plan wieder auf. Er befahl den Zusammentritt einer Landessynode und
folgender drei Provinzialsynoden: für die samländische Geistlichkeit zu Königsberg am 2. Februar,
für die masurische zu Rastenburg (hier residirte Meurer als Stellvertreter des Bischofs) am
16. Februar, für die pomesanische zu Marienwerder am 7. März; die Landessynode sollte zu
Königsberg am 12. Mai stattfinden. Vgl. das Ausschreiben vom 11. Januar 1530. Tschackert,
U.B. Nr. 707. Abgedruckt bei Jacobson, Anhang. Nr. V.
Nach diesem Ausschreiben sollten „christliche statuta synodalia publicirt und ausgegeben
werden“. Als Vorlage hierzu arbeitete Speratus eine Schrift aus, „Constitutiones synodales
evangelicae“. Zu dieser fügten der Herzog am 6. Januar 1530 eine Vorrede (die aber wohl
auch von Speratus geschrieben war), und die Bischöfe Polentz und Speratus eine zweite Vor-
rede (deren Verfasser Speratus war) hinzu. Es sollte hiermit der evangelischen Geistlichkeit
Preussens ein „officiell gültiger dogmatischer Leitfaden“ gegeben werden. Diese Synodal-
Constitutionen sind uns nur in einer und zwar nicht vollständigen Handschrift aus dem 17. Jahr-
hundert erhalten (von Colbe geschrieben, wie Tschackert 1, S. 168 vermuthet). Die Con-
stitutiones sind bisher stets als das erste symbolische Buch der preussischen Kirche vor der
Augsburgischen Confession bezeichnet worden. Wenn nun Tschackert gewiss Recht hat,
gegen diese Auffassung zu polemisiren und darauf hinzuweisen, dass die Constitutiones kein
Bekenntniss der Kirche, sondern nur eine theologische Lehrschrift zur Unterweisung der Geist-
lichkeit waren, so scheint er mir andererseits doch den Umstand zu gering anzuschlagen, dass
diese Schrift das „officielle“ Lehrbuch für die Geistlichkeit sein, von den Synoden geprüft und
von der gesetzgebenden Autorität im Staate publicirt und anbefohlen werden sollte. Dass dies
geschehen, ist allerdings nicht mit Sicherheit nachzuweisen. Wenn man aber die Vorreden
bedenkt, namentlich diejenige des Herzogs selbst, und das vorangehende Mandat, so erscheint
es doch nicht als ganz ausgeschlossen, dass die Constitutiones von der Synode angenommen und
dann auch vom Herzog publicirt worden sind. Dass sie den Beifall der Synode gefunden haben
werden, hält auch Tschackert für wahrscheinlich. Dagegen spricht allerdings die von
Tschackert (mangels neuer Funde) S. 167 Anm. bewiesene Thatsache, dass die Schrift nicht
gedruckt worden ist und uns überhaupt nur in einer einzigen (unvollständigen) Handschrift
des 17. Jahrhunderts erhalten ist. Dies wäre bei einem für die Unterweisung der ganzen
Geistlichkeit Preussens und den täglichen Unterricht bestimmten Werke (oder gar, wie man
früher annahm, bei einem „Symbol“ für die Kirche) doch höchst sonderbar. Vielleicht kann
man sich mit folgender Erklärung begnügen: Das Werk war angenommen und für die Publi-
kation durch den Druck vorbereitet, als diese durch das Erscheinen der Augustana, deren
Anerkennung der Herzog sofort bei Strafe des Bannes anordnete, überflüssig wurde.
Ein Abdruck ist daher hier nicht am Platze. (Vgl. eine Übersicht bei Tschackert
1, S. 169 Anm. 2.)
In der schon erwähnten Handschrift der „Constitutionen“ folgt als ein Anhang eine
lateinische Übersetzung und Überarbeitung der Kirchenordnung von 1525 unter dem Titel
„Articuli ceremoniarum e germanico in latinum versi et nonnihil locupletati“. Die Ceremonien-
artikel sind unter Benutzung des Luther’schen Catechismus (1529) erweitert.
Vgl. über die Änderungen bei Cosack, Speratus S. 114—117. Ihre Verfasser sind
Polentz und Speratus.
Diese Articuli betrachtete man früher wohl als die zweite Kirchenordnung Preussens.
Tschackert hält sie für Vorlagen für die Synoden, die auch den Beifall der Synoden ge-
Das Herzogthum Preussen.
der Bischöfe vorgesehen. Offenbar waren sie nicht ins Leben getreten. Jetzt nahm der Herzog
diese Idee von Neuem auf. Er projektirte für 1530 drei Diöcesansynoden und eine Landessynode.
Eine Epidemie („der englische Schweiss“) verhinderte die Ausführung. Diese Seuche raffte den
Bischof Queiss dahin; als sein Nachfolger wurde Speratus vom Herzog ernannt. Im Januar 1530
nahm der Herzog den Plan wieder auf. Er befahl den Zusammentritt einer Landessynode und
folgender drei Provinzialsynoden: für die samländische Geistlichkeit zu Königsberg am 2. Februar,
für die masurische zu Rastenburg (hier residirte Meurer als Stellvertreter des Bischofs) am
16. Februar, für die pomesanische zu Marienwerder am 7. März; die Landessynode sollte zu
Königsberg am 12. Mai stattfinden. Vgl. das Ausschreiben vom 11. Januar 1530. Tschackert,
U.B. Nr. 707. Abgedruckt bei Jacobson, Anhang. Nr. V.
Nach diesem Ausschreiben sollten „christliche statuta synodalia publicirt und ausgegeben
werden“. Als Vorlage hierzu arbeitete Speratus eine Schrift aus, „Constitutiones synodales
evangelicae“. Zu dieser fügten der Herzog am 6. Januar 1530 eine Vorrede (die aber wohl
auch von Speratus geschrieben war), und die Bischöfe Polentz und Speratus eine zweite Vor-
rede (deren Verfasser Speratus war) hinzu. Es sollte hiermit der evangelischen Geistlichkeit
Preussens ein „officiell gültiger dogmatischer Leitfaden“ gegeben werden. Diese Synodal-
Constitutionen sind uns nur in einer und zwar nicht vollständigen Handschrift aus dem 17. Jahr-
hundert erhalten (von Colbe geschrieben, wie Tschackert 1, S. 168 vermuthet). Die Con-
stitutiones sind bisher stets als das erste symbolische Buch der preussischen Kirche vor der
Augsburgischen Confession bezeichnet worden. Wenn nun Tschackert gewiss Recht hat,
gegen diese Auffassung zu polemisiren und darauf hinzuweisen, dass die Constitutiones kein
Bekenntniss der Kirche, sondern nur eine theologische Lehrschrift zur Unterweisung der Geist-
lichkeit waren, so scheint er mir andererseits doch den Umstand zu gering anzuschlagen, dass
diese Schrift das „officielle“ Lehrbuch für die Geistlichkeit sein, von den Synoden geprüft und
von der gesetzgebenden Autorität im Staate publicirt und anbefohlen werden sollte. Dass dies
geschehen, ist allerdings nicht mit Sicherheit nachzuweisen. Wenn man aber die Vorreden
bedenkt, namentlich diejenige des Herzogs selbst, und das vorangehende Mandat, so erscheint
es doch nicht als ganz ausgeschlossen, dass die Constitutiones von der Synode angenommen und
dann auch vom Herzog publicirt worden sind. Dass sie den Beifall der Synode gefunden haben
werden, hält auch Tschackert für wahrscheinlich. Dagegen spricht allerdings die von
Tschackert (mangels neuer Funde) S. 167 Anm. bewiesene Thatsache, dass die Schrift nicht
gedruckt worden ist und uns überhaupt nur in einer einzigen (unvollständigen) Handschrift
des 17. Jahrhunderts erhalten ist. Dies wäre bei einem für die Unterweisung der ganzen
Geistlichkeit Preussens und den täglichen Unterricht bestimmten Werke (oder gar, wie man
früher annahm, bei einem „Symbol“ für die Kirche) doch höchst sonderbar. Vielleicht kann
man sich mit folgender Erklärung begnügen: Das Werk war angenommen und für die Publi-
kation durch den Druck vorbereitet, als diese durch das Erscheinen der Augustana, deren
Anerkennung der Herzog sofort bei Strafe des Bannes anordnete, überflüssig wurde.
Ein Abdruck ist daher hier nicht am Platze. (Vgl. eine Übersicht bei Tschackert
1, S. 169 Anm. 2.)
In der schon erwähnten Handschrift der „Constitutionen“ folgt als ein Anhang eine
lateinische Übersetzung und Überarbeitung der Kirchenordnung von 1525 unter dem Titel
„Articuli ceremoniarum e germanico in latinum versi et nonnihil locupletati“. Die Ceremonien-
artikel sind unter Benutzung des Luther’schen Catechismus (1529) erweitert.
Vgl. über die Änderungen bei Cosack, Speratus S. 114—117. Ihre Verfasser sind
Polentz und Speratus.
Diese Articuli betrachtete man früher wohl als die zweite Kirchenordnung Preussens.
Tschackert hält sie für Vorlagen für die Synoden, die auch den Beifall der Synoden ge-