Einleitung.
polnische Predigt gesorgt. Die eingewanderten Böhmen sind im Polenthum aufgegangen, nicht
im herrschenden Deutschthum. Für die Erhaltung der Volkssprache hat der Landesherr das
Möglichste gethan. Die Fürsorge für die Verbreitung des Katechismus steht in geradezu
rührender Weise im Vordergrunde; daneben wird für guten Kirchenbesuch gesorgt, wenn auch
mit recht weltlichen Mitteln. Die Sorge um Hebung und Erhaltung der kirchlichen und
Pfarreinkünfte nimmt einen sehr breiten Kaum ein; die Fürsorge für die alten Pfarrer und die
Pfarrelikten bedeutet einen Ehrenpunkt. Die Verfassung der Gemeinden ist durch die Visi-
tationen nicht besonders fortgebildet worden. Über die Annahme der Pfarrer, Capläne und
Lehrer bestehen die mannigfachsten Grundsätze. Es herrscht viel Freiheit im Einzelnen.
In Anbetracht der eigenthümlichen, historischen, nationalen, socialen und wirtschaft-
lichen Verhältnisse des Landes möchte ich das Gesammtbild kein ungünstiges nennen.
Erwähnt sei noch aus den Kirchen-Archiven, dass sich Kirchenrechnungen schon von
1529 an vorfinden. Von Kirchenregistern datirt das früheste aus dem Jahre 1579 ff. (Königs-
berg, Stadt-Archiv), ihm folgt dasjenige von Preussisch-Holland aus dem Jahre 1594 (Kirchen-
Archiv). Vgl. auch Conrad, Familien-Nachrichten aus ostpr. Kirchenbüchern in Herold,
Vierteljahrschr. 1896, Heft 2.
Wenn nach dem Vorstehenden die Visitationen eine reiche Blüthe entfaltet haben, so ist
dagegen von der anderen Aufsichtsform, den Synoden (vgl. meine Evang. K.OO. I, S. 69 ff.), nichts
zu berichten. Zwar waren solche wiederholt geplant (vgl. oben S. 7 und 8), aber sie scheinen
nicht zur Ausführung gekommen zu sein. Ein wichtiger Generalsynodus fand 1567 in Königs-
berg statt, diente aber nicht Aufsichtszwecken, sondern der Berathung des Corpus doctrinae.
VI. Dass Herzog Albrecht längere Zeit hindurch dem Schwenkfeldianismus stark zu-
neigte, ist bekannt (vgl. Tschackert, Zur Correspondenz Luther’s; in Zeitschr. f. Kirchengesch.
1890, S. 284 Anm., 802 D). Gegen die Schwarmgeister erliess Herzog Albrecht am 1. August
1535 ein Mandat an den Bischof Speratus, die Einheit der Lehre im Lande aufrecht zu er-
halten (Tschackert, U.B. Nr. 975). Strenge Edikte gegen die Wiedertäufer folgten
(Tschackert 1, S. 202 ff.; Jacobson, II. Anh. Nr. VI).
VII. Einzelnen Mängeln des Kirchenwesens, wie sie insbesondere auf den Visitationen
bemerkt worden waren, wurde durch Specialgesetze abgeholfen. Zur Sicherung der finanziellen
Lage der Geistlichen ergingen 1538 Verordnungen an die Amtleute wegen Einziehung der
geistlichen Abgaben. Vgl. Jacobson I, 2, Anh. Nr. VII. Ein Exemplar: Staats-Archiv
Königsberg Etatsministerium 37a; vgl. ferner Tschackert, U.B. Nr. 1112, 1115. Auf einem
Landtage, welcher Michaelis 1540 stattfand, wurden hierfür erneute Bestimmungen getroffen,
durch die „Artikel von Erwählung und Unterhaltung der Pfarrer, Kirchen, Visitation und was
weiter dazu gehörig, im Fürstenthum Preussen auf gehaltener Tagfahrt zu Michael im Jahre
1540 einstimmig beschlossen“. Diese Ordnung handelt von Erwählung und Unterhaltung der
Pfarrer, ihr drittes Capitel „vom Kirchgang“, ein viertes „von Visitation“ und ein Schluss-
capitel „von Herbergen“ (d. h. den Unterkunftsorten der Visitatoren).
Die drei ersten Capitel stellen Ausführungen der Art. 1—3 der Landesordnung von
1526 dar.
Diese Ordnung von Michaelis (29. September) 1540 findet sich handschriftlich im Staats-
Archiv Königsberg J. 2. 1540—1543, in einem schön geschriebenen Exemplar mit Verbesse-
rungen. Es ist dies offenbar dasjenige Exemplar, nach welchem der Druck vorgenommen
wurde, denn es findet sich auf dem Umschlage folgender Vermerk vor: 700 (verändert aus 500)
Exemplaria zu drucken, keins zu verkaufen, auch keins über die fünfhundert nachzudrucken
und zu verkaufen, sind alle in die Kanzlei zu überantworten. Inhaltsangabe bei Cosack,
Speratus 1861, S. 188. Druck: Königsberg i. Pr. durch Hans Weynreich, 8 Bl., 4°. Exem-
plare: Stadtbibl. Königsberg, Königl. Bibl. Königsberg, Staats-Archiv Königsberg, Bibliothek.
polnische Predigt gesorgt. Die eingewanderten Böhmen sind im Polenthum aufgegangen, nicht
im herrschenden Deutschthum. Für die Erhaltung der Volkssprache hat der Landesherr das
Möglichste gethan. Die Fürsorge für die Verbreitung des Katechismus steht in geradezu
rührender Weise im Vordergrunde; daneben wird für guten Kirchenbesuch gesorgt, wenn auch
mit recht weltlichen Mitteln. Die Sorge um Hebung und Erhaltung der kirchlichen und
Pfarreinkünfte nimmt einen sehr breiten Kaum ein; die Fürsorge für die alten Pfarrer und die
Pfarrelikten bedeutet einen Ehrenpunkt. Die Verfassung der Gemeinden ist durch die Visi-
tationen nicht besonders fortgebildet worden. Über die Annahme der Pfarrer, Capläne und
Lehrer bestehen die mannigfachsten Grundsätze. Es herrscht viel Freiheit im Einzelnen.
In Anbetracht der eigenthümlichen, historischen, nationalen, socialen und wirtschaft-
lichen Verhältnisse des Landes möchte ich das Gesammtbild kein ungünstiges nennen.
Erwähnt sei noch aus den Kirchen-Archiven, dass sich Kirchenrechnungen schon von
1529 an vorfinden. Von Kirchenregistern datirt das früheste aus dem Jahre 1579 ff. (Königs-
berg, Stadt-Archiv), ihm folgt dasjenige von Preussisch-Holland aus dem Jahre 1594 (Kirchen-
Archiv). Vgl. auch Conrad, Familien-Nachrichten aus ostpr. Kirchenbüchern in Herold,
Vierteljahrschr. 1896, Heft 2.
Wenn nach dem Vorstehenden die Visitationen eine reiche Blüthe entfaltet haben, so ist
dagegen von der anderen Aufsichtsform, den Synoden (vgl. meine Evang. K.OO. I, S. 69 ff.), nichts
zu berichten. Zwar waren solche wiederholt geplant (vgl. oben S. 7 und 8), aber sie scheinen
nicht zur Ausführung gekommen zu sein. Ein wichtiger Generalsynodus fand 1567 in Königs-
berg statt, diente aber nicht Aufsichtszwecken, sondern der Berathung des Corpus doctrinae.
VI. Dass Herzog Albrecht längere Zeit hindurch dem Schwenkfeldianismus stark zu-
neigte, ist bekannt (vgl. Tschackert, Zur Correspondenz Luther’s; in Zeitschr. f. Kirchengesch.
1890, S. 284 Anm., 802 D). Gegen die Schwarmgeister erliess Herzog Albrecht am 1. August
1535 ein Mandat an den Bischof Speratus, die Einheit der Lehre im Lande aufrecht zu er-
halten (Tschackert, U.B. Nr. 975). Strenge Edikte gegen die Wiedertäufer folgten
(Tschackert 1, S. 202 ff.; Jacobson, II. Anh. Nr. VI).
VII. Einzelnen Mängeln des Kirchenwesens, wie sie insbesondere auf den Visitationen
bemerkt worden waren, wurde durch Specialgesetze abgeholfen. Zur Sicherung der finanziellen
Lage der Geistlichen ergingen 1538 Verordnungen an die Amtleute wegen Einziehung der
geistlichen Abgaben. Vgl. Jacobson I, 2, Anh. Nr. VII. Ein Exemplar: Staats-Archiv
Königsberg Etatsministerium 37a; vgl. ferner Tschackert, U.B. Nr. 1112, 1115. Auf einem
Landtage, welcher Michaelis 1540 stattfand, wurden hierfür erneute Bestimmungen getroffen,
durch die „Artikel von Erwählung und Unterhaltung der Pfarrer, Kirchen, Visitation und was
weiter dazu gehörig, im Fürstenthum Preussen auf gehaltener Tagfahrt zu Michael im Jahre
1540 einstimmig beschlossen“. Diese Ordnung handelt von Erwählung und Unterhaltung der
Pfarrer, ihr drittes Capitel „vom Kirchgang“, ein viertes „von Visitation“ und ein Schluss-
capitel „von Herbergen“ (d. h. den Unterkunftsorten der Visitatoren).
Die drei ersten Capitel stellen Ausführungen der Art. 1—3 der Landesordnung von
1526 dar.
Diese Ordnung von Michaelis (29. September) 1540 findet sich handschriftlich im Staats-
Archiv Königsberg J. 2. 1540—1543, in einem schön geschriebenen Exemplar mit Verbesse-
rungen. Es ist dies offenbar dasjenige Exemplar, nach welchem der Druck vorgenommen
wurde, denn es findet sich auf dem Umschlage folgender Vermerk vor: 700 (verändert aus 500)
Exemplaria zu drucken, keins zu verkaufen, auch keins über die fünfhundert nachzudrucken
und zu verkaufen, sind alle in die Kanzlei zu überantworten. Inhaltsangabe bei Cosack,
Speratus 1861, S. 188. Druck: Königsberg i. Pr. durch Hans Weynreich, 8 Bl., 4°. Exem-
plare: Stadtbibl. Königsberg, Königl. Bibl. Königsberg, Staats-Archiv Königsberg, Bibliothek.