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Das Herzogthum Preussen.
Der Abdruck bei Richter 2, S. 64 ff. ist lückenhaft. Hier wird sie ganz ab-
gedruckt. (Nr. 12.)
Besondere Anerkennung verdient die Aufnahme der böhmischen Emigranten im Jahre
1549. Hierüber giebt uns ein starker Akt im Staats-Archiv Königsberg, Etatsministerium 38
D. 1 Auskunft.
Darin finden sich verschiedene Mandate über die Regelung der Verhältnisse, ins-
besondere auch der Cultusverhältnisse der aufgenommenen Böhmen und Hussiten. Die Ein-
gaben der Böhmen sind zumeist unterzeichnet „Christliche einigkeit der Brüder in Behmen
und Mehren“. Besonders wichtig ist hierbei die „Ordnung und Artikel, so auf befehlich des
Durchlauchtigsten hochgeb. u. s. w. herrn Albrechten des Eltern . . . gestellt und beschlossen
durch die Ehrw. bischowe und herrn, Georg Polenz, Bischofen im Samland und herrn Paulum
Speratum von Rettling, bischofen zum Pomezan von wegen der fremden elendiglich verjagten
behemen, wes sie sich in iren genaden kirchen verhalten sollen“ (vgl. auch Tschackert 1,
S. 343 ff.; U.B. Nr. 2187; vgl. auch den Catalog der Raczynski’scheu Bibliothek in Posen.
Posen 1885, Bd. I).
Wir erfahren aus diesem Akte, dass die Böhmen, die man auch Pikarden und Waldenser
nenne, nach Preussen gekommen seien, dass man zur Prüfung ihres Glaubens ihre Prediger
nach Königsberg citirt und verhört habe; sie hätten ihr Glaubensbekenntniss, gedruckt zu
Wittenberg durch Georg Rau 1538, überreicht, und man habe ihre Lehre untadelhaft gefunden;
zwar stimmten sie in den Ceremonien nicht mit Preussen überein, das seien aber Mitteldinge,
und sie wollten sich in der Zukunft nach der Landesordnung halten. Sie wurden deshalb
aufgenommen und es wurden ihnen 21 Artikel vorgeschrieben, deren Verfasser Staphylus war,
und die insbesondere das Verhältniss der neben einander bestehenden polnischen und böhmischen
Predigt betrafen. Wie man aber in späteren Jahren darauf bedacht gewesen ist, das voll-
ständige Aufgehen der Böhmen in die einheimische (polnische) Bevölkerung in kirchlicher Be-
ziehung herbeizuführen, ist aus den Visitationsabschieden für die Stadt Soldau vom Jahre 1578
zu erkennen.
Die Zeiten des Interims wurden glücklich überwunden. Dass man auch in Preussen
zum Nachgeben bereit war, beweist ein Aktenstück im Staats-Archiv Königsberg, Etats-
ministerium 37a (frühere Bezeichnung Schrank 4. 23. 9), ohne Datum, mit der Überschrift:
„Welcher massen sich die pfarherr und prediger mit predigen halten sollen.“ (Der äussere
Umschlag führt den Titel: „Kirchenordnung in Markgraf Albrechts Fürstentum“). Ich halte
dieses Stück, über welches sonst jede weitere Nachricht fehlt, für den Entwurf einer Kirchen-
ordnung auf der Grundlage des Interims. Er enthält die Concessionen, zu denen man zwecks
Annäherung an den Cultus der katholischen Kirche in Preussen bereit war. Der Verfasser
(„in meines gnedigen herrn Fürsten“) ist unbekannt. Der Entwurf ist sehr lehrreich, gehört
aber nicht in unsere Sammlung.
XI. Der Herzog sorgte auch weiter für den Ausbau der Kirche, so durch ein preussisches
Choral-Melodienbuch (es sei hier auch genannt: Die deutsche litanei zu zwei chören, wie man
sie pflegt zu halten in dem Fürstenthum Preussen 1557 [Staats-Archiv Königsberg. Bibliothek
in 2806, 8°]), durch Anlegung von Bibliotheken, durch Hebung des Unterrichtswesens, nament-
lich aber durch die Gründung der Universität Königsberg 1544 (vgl. Toppen, Gründung der
Universität Königsberg. Königsberg 1844; Tschackert, a. a. O. 1, S. 224 ff.). Über den
Entwurf einer neuen Visitationsordnung vgl. Jacobson 1,2, S. 42. Hervorzuheben sind auch
die Bemühungen des Herzogs für die Evangelisirung der nicht-deutschen Unterthanen : Preussen
(Letten), Polen und Littauer (Herstellung von Catechismen in der betreffenden Sprache).
Tschackert 1, S. 337 ff. Aus Knoke, Liturgisches aus der altpreuss. evang. Kirche, in
Zeitschr. f. Pastoral-Theologie 26 (1903), S. 365 ff. entnehme ich Folgendes: Wegen der Miss-
Das Herzogthum Preussen.
Der Abdruck bei Richter 2, S. 64 ff. ist lückenhaft. Hier wird sie ganz ab-
gedruckt. (Nr. 12.)
Besondere Anerkennung verdient die Aufnahme der böhmischen Emigranten im Jahre
1549. Hierüber giebt uns ein starker Akt im Staats-Archiv Königsberg, Etatsministerium 38
D. 1 Auskunft.
Darin finden sich verschiedene Mandate über die Regelung der Verhältnisse, ins-
besondere auch der Cultusverhältnisse der aufgenommenen Böhmen und Hussiten. Die Ein-
gaben der Böhmen sind zumeist unterzeichnet „Christliche einigkeit der Brüder in Behmen
und Mehren“. Besonders wichtig ist hierbei die „Ordnung und Artikel, so auf befehlich des
Durchlauchtigsten hochgeb. u. s. w. herrn Albrechten des Eltern . . . gestellt und beschlossen
durch die Ehrw. bischowe und herrn, Georg Polenz, Bischofen im Samland und herrn Paulum
Speratum von Rettling, bischofen zum Pomezan von wegen der fremden elendiglich verjagten
behemen, wes sie sich in iren genaden kirchen verhalten sollen“ (vgl. auch Tschackert 1,
S. 343 ff.; U.B. Nr. 2187; vgl. auch den Catalog der Raczynski’scheu Bibliothek in Posen.
Posen 1885, Bd. I).
Wir erfahren aus diesem Akte, dass die Böhmen, die man auch Pikarden und Waldenser
nenne, nach Preussen gekommen seien, dass man zur Prüfung ihres Glaubens ihre Prediger
nach Königsberg citirt und verhört habe; sie hätten ihr Glaubensbekenntniss, gedruckt zu
Wittenberg durch Georg Rau 1538, überreicht, und man habe ihre Lehre untadelhaft gefunden;
zwar stimmten sie in den Ceremonien nicht mit Preussen überein, das seien aber Mitteldinge,
und sie wollten sich in der Zukunft nach der Landesordnung halten. Sie wurden deshalb
aufgenommen und es wurden ihnen 21 Artikel vorgeschrieben, deren Verfasser Staphylus war,
und die insbesondere das Verhältniss der neben einander bestehenden polnischen und böhmischen
Predigt betrafen. Wie man aber in späteren Jahren darauf bedacht gewesen ist, das voll-
ständige Aufgehen der Böhmen in die einheimische (polnische) Bevölkerung in kirchlicher Be-
ziehung herbeizuführen, ist aus den Visitationsabschieden für die Stadt Soldau vom Jahre 1578
zu erkennen.
Die Zeiten des Interims wurden glücklich überwunden. Dass man auch in Preussen
zum Nachgeben bereit war, beweist ein Aktenstück im Staats-Archiv Königsberg, Etats-
ministerium 37a (frühere Bezeichnung Schrank 4. 23. 9), ohne Datum, mit der Überschrift:
„Welcher massen sich die pfarherr und prediger mit predigen halten sollen.“ (Der äussere
Umschlag führt den Titel: „Kirchenordnung in Markgraf Albrechts Fürstentum“). Ich halte
dieses Stück, über welches sonst jede weitere Nachricht fehlt, für den Entwurf einer Kirchen-
ordnung auf der Grundlage des Interims. Er enthält die Concessionen, zu denen man zwecks
Annäherung an den Cultus der katholischen Kirche in Preussen bereit war. Der Verfasser
(„in meines gnedigen herrn Fürsten“) ist unbekannt. Der Entwurf ist sehr lehrreich, gehört
aber nicht in unsere Sammlung.
XI. Der Herzog sorgte auch weiter für den Ausbau der Kirche, so durch ein preussisches
Choral-Melodienbuch (es sei hier auch genannt: Die deutsche litanei zu zwei chören, wie man
sie pflegt zu halten in dem Fürstenthum Preussen 1557 [Staats-Archiv Königsberg. Bibliothek
in 2806, 8°]), durch Anlegung von Bibliotheken, durch Hebung des Unterrichtswesens, nament-
lich aber durch die Gründung der Universität Königsberg 1544 (vgl. Toppen, Gründung der
Universität Königsberg. Königsberg 1844; Tschackert, a. a. O. 1, S. 224 ff.). Über den
Entwurf einer neuen Visitationsordnung vgl. Jacobson 1,2, S. 42. Hervorzuheben sind auch
die Bemühungen des Herzogs für die Evangelisirung der nicht-deutschen Unterthanen : Preussen
(Letten), Polen und Littauer (Herstellung von Catechismen in der betreffenden Sprache).
Tschackert 1, S. 337 ff. Aus Knoke, Liturgisches aus der altpreuss. evang. Kirche, in
Zeitschr. f. Pastoral-Theologie 26 (1903), S. 365 ff. entnehme ich Folgendes: Wegen der Miss-