Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0052
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
34

Das Herzogthum Preussen.

exorcismis und gebeten, so vil es die zeit anders
leiden wil, doch das man keinen notzwang daraus
mache, wenn alleine sonst die rechte form ge-
halten wirt.
Item die kindelein, so daheim rechtschaffen
genot tauft sein, wie dan solchs auch recht-
schaffen gescheen soll, mügen nicht widerum in
der kirchen getauft werden, darum es ein vor-
spottung der heiligen tauf ist, wenn man allererst
zweifeln wil, ob solche kindelein getauft sein oder
nicht, und sol mit güter berichtung des volks
solchs widerteüfen in alle wege abgestelt werden.
Von öffentlicher busse.
Dieweil in diesen landen das erdrücken der
kleinen kindelein ganz gemein und in grosser zal
befunden wirt, also das es, wie wol ane willen
und fursatz, doch nicht ane unachtsamkeit, und
derhalben nicht ane merkliche schuld der mutter
gesein kan, als nemlichen aus trunkenheit, oder
das sie also unvorsichtig sein und die kindelein
zu sich in ihr bette legen etc. Derhalben auch
die christlich gemeine billich gegen solchem offen-
baren grossem ubel die christlichen strafen des
bannes brauchen sollen, und ein solche person
nicht fur ein christlich gelied erkennen nach an-
nemen, sie habe denn zuvor in offner busse, das
ihr solche sunde leid sei und das sie herzlichen
der gnaden begere, fur der ganzen gemeine des
orts genugsam erzeigt, als nemlichen das sie einen
sontag, drei oder viere, nach umstendigkeit der
sachen, an einem sondern sichtbarn ort in der
kirchen under der predigt stehe in demütiger
flehender geberden , und vom prediger dem volk
angezeigt, nach der prediget aber wider aus der
kirchen gewissen werde, bis das sie entlich
der gemeine versünet und absolvirt werde, wie
dann solcher versünung und absolution ein form
und anweisuug am ende dieser ordenung vor-
zeichent ist.
So aber jemand sonst fursetzlich oder in
zorn einen mort begehet, wo solcher den welt-
lichen gerichten entbricht, sol er fur seinen bischof
gewisen werden, alda sein offentliche busse thun
und absolution empfahen, doch sol solche busse
in keinem falle fur ein genugthuung geacht werden,
welche ehre allein dem blut und tod unsers herrn
Jesu Christi gebürt, sonder allein als ein be-
weisung eines leidigen demütigen gnad begirigen
gemüts gehalden, auch sol in keinem weg hier-
inne eigener nutz gesucht werden, wie dann
etwan die buss geniss getragen hat.
Von der ehe.
Das aufbiten oder verkundigen der ehe sal
aufs wenigst acht tage fur der köstung gescheen,

damit raum gelassen werde dem jenigen, so vil-
leichte darein zusprechen hette.
Item das dieselben, so zu der ehe greifen,
zuvor, wo sie unbekannt sein, ihre namen und
zunamen, land, eltern, auch herrn, wo es diener
weren, nennen sollen, wie auch solchs eigentlich
auf der canzel sol namhaftig gemacht werden.
Wir wollen auch die gerichte der ehesachen
mit geschickten redelichen officielen bestellen,
welche mit gottis wort und nach demselben zu
urteilen wissen, oder je, wo sie nicht ganz gewisse
weren, guts rats pflegen.
Wo nu auf dem lande und stetten den amt-
leuten, rethen, pfarrern oder predigern solche
ehesachen furquemen, die do einicherlei weise
irrig weren, als in den worten der ehestiftung,
oder meinung derselben, oder wo sie ein ander
der bewilligung ausfallen, oder wo die ehe auf
einen trunken abent oder sonst hinderlistig auf-
gericht, und darnach dem einen nicht gefallen
wolt, oder auch hinder den eltern und wider
ihren willen geschehen were, die solchs nicht ge-
statten wolten.
Item ob es der gesibschaft halben zu nahen
were oder zu nahen sein gesehen wurde, oder
aber einiger einsprach halben, oder anders der-
gleichen gebrechen haben würd, sollen die part
an den official gewisen werden.
Item das ein official auch einen bestimten
tag in der wochen herein gen Königsberg kommen
sol, dergleichen den anderen vornemlichen stetten
zu gelegener zeit und stelle des gerichts warten,
solche sachen zuverhören, damit die prediger so
vil weniger anlaufens derhalben haben und andrer
sachen, so ihnen bevolen, auswarten mögen.
Ehebruch.
So der beklagte teil um ehebruch oder sonst
andere gebrechen vor dem official nicht erscheinen
nach gehorsamen wolt, sollen die amtleute oder
burgermeister pflichtig sein dar ob zu halten, hilf
und beistand zuthun, damit das ubel gestraft
werde.
Wo aber ein parth des ehebruchs uberwisen,
sol der official dem unschuldigen teil einen ge-
zeügnis brief geben, warum er solche ehe ge-
schiden, damit dasselbe unschuldig, ob es wider
freien wolt, sein recht und erleübnis an allen
orten möcht beweisen.
Item es were auch wol gut, in solchem fahl
des ehebruchs dem official allewegen einen rath-
man zuzugeben, damit auch die weltlichen gerichte
alhier ihr einsehen haben mochten, und dies gross
ubel nicht allzeit ungestraft bleibe, wie bisher ein
schedlicher brauch gewesen ist.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften