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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0089
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Kirchenordnung von 1544.

71

mutatis mutandis darauf die pfarher mit vleis
achtunge geben sollen, wo ihnen solche form der
absolution in des herrn bischofs brief nicht genug-
sam allenthalben verzeichnet würd.
Hiebei aber ist zu merken, lauts unser vorigen
kirchen ordenung, dass sölche busse nicht der
meinung aufgelegt wird, als sei sie eine genug-
thuung für gott, denn diese ehre der bezalung
für die sünde gebürt allein dem bittern leiden
und theurem blute unsers versüners Jesu Christi.
Sondern sie sol sein ein beweisung und gezügnus
eines bussfertigen reuigen und gnad begingen ge-
müts, und das sich auch mit der christlichen ge-
meine, welche schwerlich durch seine misshande-
lung geergert und verseret, zu versunen begeret.
Zum andern, sol in auflegung sölcher offent-
lichen buss nicht underscheit von wegen der person
des todtschlegers gemacht, nicht gonst noch ungonst,
auch nicht geschenk, reichtumb ader armut, ader
sonst freuntschaft angesehen werden. Weil got
one ansehen ader underscheid der personen allen
und jeden, du solt nicht tödten, geboten hat, der-
wegen sol auch kein todtschleger der offentlichen
buss entnommen sein. Summa. Es sol in keinem
wege hierinn eigner nutz gesucht werden, wie
dann etwan die busse genies getragen hat.
Von der sepultur ader begrebnus.
Billich, recht und löblich ist’s, das der
christen begrebnus ehrlich und nicht one gebür-
liche ceremonien, doch ohne fremde irrige ab-
glaubigezusetze gehalten werde, das man der leiche
mit der freuntschaft volge, wie man dieses vleisses
viel exempel im alten und neuen testament hat.
Auch sol der ort des begrebnisses nicht un-
sauber noch verechtlich, wie das nicht allein un-
christlich, sonder wider der heiden brauch ist,
gehalten werden, darumb auch die kirchhöfe von
alters coemiteria griechisch, das ist dormitoria ge-
nennet sind, das aldo die corper der seligen christen
ruhen und schlafen, bis zur auferstehung der todten.
Item. So zuweilen eine ehrliche freunt-
schaft, insonderheit ein exhortation bei dem grab
begeren würde, sol der diacon ader kirchen
diener eine kurze vermanung zu trost und unter-
richt der gegenwertigen lebendigen thun, one ver-
lengerung auch nichts unförmlichs einfüren, und
darauf das volk ein deudsch Media vita singen
lassen, oder so die schüler vorhanden, den gesang
Simeonis: Mit fried und freud ich fahr dahin.
Beschlus.
Solche unsere ordenung, wie allenthalben
oben verzeichent, so viel derselben eins jeglichen
orts ader kirchspiels gelegenheit dienlich, sol dem
volke durch die pfarher vleissig und bescheidenlich
mit guter underrichtunge von dem predigstuel an-

getragen werden, ehe dann einige enderung für-
genommen, auch nach F. D. unsers gnedigsten
herren mandat und bevelich aufs wenigste vier
sontage zu vor und nacheinander deudlich dem
volk fürgelesen und abgekündigt werden, damit,
so viel es müglich, alle ergernüs verhütet werde. Wir
wöllen aber mit dieser unser ordenung in keinem
wege anderer kirchen, so unserer waren, reinen leer
und confession sein, weise und gebreuche ver-
nichtet ader verworfen haben, so vern sie sonst güt-
lichem worte nicht entgegen sein, wie wir auch
unsere vorige ordenung hiemit ungetadelt haben,
erbieten uns auch gegen menniglichen unsers für-
nehmens bewegung, grund und ursach uber unsern
vorigen obenangezeigten bericht, so viel es von
nöten sein wird, anzuzeigen; angesehen, das sölche
schrift an die unsern gestellet, bei welchen sölchs
alles zuvor, und one das in den meisten artikeln
ist beprediget worden und noch weiter durch
gottes gnad geschehen wird. Dieweil wir aber,
wie im anfang vermeldet, niemant einiche noth
ader gezwang des gewissens aus dieser ordenung,
so viel sie menschlich ist, machen, wöllen wir
auch uns selbst und unsern nachkommenden, die-
selb unser ordenung nach enderung der umstende,
so wes mit der zeit etwan zu endern mehren
ader zu mindern in gutem rathe gefunden wird,
sölchs nach unserer christlichen freiheit zuthun
vorbehalten haben, doch von wegen christlicher
einigkeit sich nicht gebüren wil, noch zu gedulden
were, so jemands bei uns mit vleiss in sölchen
ceremonien ungleichheit fürnemen, ader darin
nicht gleichförmigkeit halten, sonders seins kopfs
ader gefallens diese bewilligte ordenung verachten
würde und ubertreten, des wisse sich menniglich
zu halten.
Und endlich sol auch hie neben idermennig-
lich wissen, das mit dieser gegenwertigen kirchen
ordenung vom eusserlichen gottesdienst und artikeln
der ceremonien, vorigem f. d. unsern g. herren
bevelch, in welchen alles volk zu gottes forcht,
kirchengang, empfahung der sacrament und anderm
vermanet wird, welcher bevelch im verschienen
drei und vierzigsten jar im druck ausgangen und
umgesant, keins weges aufgehoben, sondern
allenthalben von stück zu stück unabbrüchlich
gehalten sol werden. Deshalben sol auch bald
noch abkündigung dieser kirchenordnung ge-
melter voriger bevelch auf einen gelegenen son-
tag, wiederumb von wort zu wort, auch von der
canzel abgelesen und verkündiget werden. Aber,
doch sol zu Königsberg der christlichen freiheit
gebrauch, so daselbs der bekleidung halben, im
predig amt (wie noch heutiges tages sölcher brauch
zu Wittemberg, und uber zwanzig jar bis anher
zu Königsberg) gehalten wird, hinfurt auch frei
und aus besondern ursachen unbestrickt bleiben.
 
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