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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0094
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76

Das Herzogthum Preussen.

ist erstanden etc., Christ lag in todesbanden etc.,
Jesus Christus, unser heiland, der den tod über-
wand etc., Also heilig ist der tag etc.
So hat man die letanei fein rein, als ein ge-
meines gebet für allerlei noth und auch für aller-
lei stende, dabei das deutsche Te deum lauda-
mus etc., in welchem wir gott danken in warem
erkenntniss und bekenntniss seines wesens und
willens.
Dass also nicht von nöten ist, allerlei neue
lieder aufzuraffen und in die kirchen zu bringen,
wir haben sie gottlob gut, als sie künden ge-
macht werden, und mangelt nirgend an, denn
dass man des teuren schatzes müde und über-
drüssig ist, lust und liebe hat, was neues vor-
zunehmen, bis man endlich schier gar von den
herrlichen psalmen Lutheri kömmet und ein jeder
sein eigen gedicht furtreget, welches doch Luthero
nicht kan das wasser reichen in genere dictionis
oder ponderibus rerum.
Darum sollen die pfarherren zusehen, den
schulmeistern nicht gestatten, ihres gefallens zu
singen, sondern daran sein, dass die gesenge
droben gehalten und fleissig getrieben werden;
da haben wir zu bitten, zu beten, zu leren, zu
trösten, zu danken und zu loben vollauf gar
schöne, und, wie sie Paulus heisst, liebliche lieder
gnug, das wir keiner andern mehr in der kirchen
bedörfen; bete und singe nur, wer singen kann
nicht in der kirchen allein, sondern die hausveter
gewehnen und halten ihr hausgesinde darzu, dass
sie auch bei ihrer arbeit zu felde und zu hause
solche psalmen gern singen, auf dass gott damit
gelobet und wir mit andern dadurch gebessert
werden.
Es ist nicht ein böser gebrauch, das man
in dörfern und kleinen flecken, nach alter ge-
wohnheit, zu morgen und abends täglich leutet,
ob man gleich daselbst keine vesper noch metten
helt, und geschicht solches zu erinnerung dem
volke, damit ein jeder gott bitte um gemeinen
friede sammt allerlei reichem segen zeitlicher
und ewiger wolfahrt, auch dem lieben gott fur
empfangene wolthat danke, der uns den ge-
wünschten schönen fried gibet, dass darinnen
menschen und viehe, morgens und abends, frölich
und sicher mügen wanken, bei ihrer arbeit zu
und abegehen, wie die pfarrherren wieder allerlei
papistische missbreuche ihre pfarrkinder davon
aus dem 65. psalm fein berichten sollen und sie
zu dem gebet treulich vermanen; und weil auch
der arme vogel mit seiner stimm seinen lieben
schöpfer lobet, sobald die sonne frühe aufgeht,
warum sollten wir ihm zu ehren nicht auch gern
auf unser gebet einen schönen psalm singen, der
uns uber die vögel weit und reichlich will er-
neren, und wenn das elende, armutselige, un-

müssige leben ein ende nimmt, sein herrliches,
schönes himmelreich und ewiges leben schenken in
Christo Jesu, unserm lieben heilande.
Von der beicht und absolution.
Zu der vesper, vor und nach, wie es die
notdurft jeder zeit erfordert, sollen die kaplen
und pfarrherren beicht sitzen, ein jede person
derjenigen, so den andern tag communiciren wollen,
insonderheit verhören und nach eines jeden ge-
legenheit vermüge ihres befohlenen amts zur er-
bauung des armen gewissens fur gott mit ihnen
handeln.
Es ist aber dies das amt, von gott den
predigern befohlen und zu erbauung der ge-
wissen von Christo selbst neben der predig also
eingesetzt. Das alle diejenigen, so die predig
der buss und vergebung der sünden aufnehmen
und nach derselbigen busse thun, vergebung der
sünden anders nicht, denn bei Christo in den ver-
ordenten mitteln, der predig und hochwirdigen
sakramenten nach der einsetzung Christi suchen,
die soll man lösen, ihnen ihre sünden vergeben
und sie darvon absolviren. Die aber der predig
nicht achten oder kommen zur kirche, thun aber
keine buss, sondern bleiben einmal wie das
ander in ihren sünden verstockt, auch wol
keine vergebung der sünden begeren, oder die-
selbigen ausser Christo oder in Christo ausser den
von ihm selbst verordneten mitteln suchen, und
gedenken gleichwohl one wort und sacramenta
selig zu werden, dass man dieselbige binde,
ihnen ihre sünde behalte, Matth. 16, Joh. 20,
derhalben sie nicht absolvire, zu keinem sakra-
ment kommen lasse, weil dieselbigen nicht zu
binden, sondern zu lösen von Christo selbst sind
eingesetzt.
Soll derhalben die beichte dieser ursach
fleissig gehalten werden, nicht das ein jeder sollte
schuldig sein, seine sünde alda dem prediger zu
offenbaren und zu erzählen, wie der bapst und seine
rotte die armen gewissen damit geengstiget und
gemartert haben, sondern auf das erstlich der
prediger recht fahre, das gute von dem bösen scheide,
Jerem. 15, und wisse, wem er das hochwirdige
sakrament reichet, damit er sich nicht fremder
sünde theilhaftig mache, 1. Tim. 5, Ezech. 3, und
die perle vor die seu werfe, Matth. 7, wenn er
die absolviret und lesst zugehen, die von gottes
wort nichts halten, verteidingen falsche, greuliche
irrthümer, als die papisten, sakramentschwermer,
wiederteufer und andere ihres gleichen rotten,
wissen auch wol nichts von den zehn geboten,
artikeln des glaubens, ihrem gebet und sakra-
ment, viel weniger künden sie darvon recht
glauben, oder gehen dahin ohne buss, leben wie
 
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