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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0096
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Das Herzogthum Preussen.

spricht: Das thut, item: Trinket alle daraus, mit
angehefter bedrauung, da sich dieselbigen nicht
bekeren, sondern sich selbst dermassen von
Christo und damit von der heiligen christlichen
kirchen absondern und ausscheren wollen, dass
wir sie für abgesonderte und abgeschnittene, ja
von ihnen selbst excommunizirte glieder halten
wollen, und derhalben bei der tauf nicht lassen
zu gevattern stehen, noch sonst zu verrichtung
christlicher werk kommen lassen, wie man
auch mit allen denjenigen thun soll, die zum
wenigsten in zweien jaren nicht zum sakrament
gewesen.
VIII. Etliche wenden diese ursache vor, der-
halben sie von dem hochwirdigen sakrament
bleiben, dass sie mit freunden, nachbarn und
anderen irrungen haben; solche sollen die prediger
berichten, dass sie solche irrungen schüldig sind
aufs schleunigst und förderlichst abzuhelfen
durch gebürliche christliche mittel; dann könden
sie sonst in stehender irrung nicht zum sakrament
kommen, so können sie auch kein vaterunser
beten, noch der vergebung der sünden sich
trösten; wo man aber keiner vergebung der
sünden sich zu trösten hat, da ist weder leben
noch seligkeit. Was kann nu greulichers ge-
sagt werden auf dieser erden, dann um zeitlicher
irrung und haders willen leben und seligkeit ver-
lieren und in die schanz schlagen. Darum hat
der liebe, fromme gott zweierlei mittel verordenet,
allerlei irrungen christlich und mit gutem gewissen
abzuhelfen. Das erste ist, die brüderliche ver-
sönung durch dich selbst oder andere leut,
Matth. 18; das ander aber, wo dein nechster
dardurch nicht gesettiget noch gewonnen würde,
ist die ordeliche obrigkeit, das du deine sache
derselbigen aufrichtig one betrug fürtregest und
in ihr one eigene rachgierigkeit dem lieben gott
anheim giebest, wie er fordert und spricht Deut. 32,
Röm. 12: Die rach ist mein, ich will vergelten,
spricht der herr; darauf deines urtheils, was dir
gott gönnet oder nicht gönnet, gewertig bist, weil
alles urtheil von ihm durch die obrigkeit kommet,
Proverb. 29: Eines jeglichen gericht kommet von
dem herrn. Wer also handelt und sich in für-
fallende irrung schicket, obgleich blut und fleisch
so gar rein nicht ist noch bleibet, seiner unfletigen
art nach, er dempfet aber und tödtet dasselbige,
widerstehet ihm und lesst es seinen willen nicht
haben, noch ausrichten, der mag mit fröhlichem,
gutem gewissen das sakrament mit der vergebung
der sünden suchen und empfahen; wer es aber
darüber nicht holet, der bekennt mit der that zu
seinem schweren gerichte, dass er gott die rache
nicht lassen kondte, noch wolle, oder dass er
solche gerichtshendel mit der obrigkeit für sünd-
lich halte und verdamme: was greuliche sünden

das seien, werden die seelsorger denselbigen
leuten berichten und sie darvon aus gottes wort
weisen.
IX. Zum beschluss werden die pfarrherren
und caplan in aller beicht, wie auch in allen
predigen einen jedern, insonderheit und alle in-
gemein, mit getreuem, höchsten fleiss fur den
schendlichen, verdammlichen, erschrecklichen
offentlichen lastern, als gotteslesterung in fluchen,
schweren, zaubern, liegen oder triegen, ehebruch
mit allerlei unzucht, hurerei, fressen und saufen,
wucher, geiz, zorn, aufruhr, ungehorsam sammt
anderen, von welchen die schrift klerlich saget,
dass die damit behaftt, nicht künden das reich
gottes ererben, dafür warnen, und welche damit
befleckt und verunreiniget gewesen, darvon ab-
zustehen vermanen mit ernster bedrauung, wo
die besserung nicht würde folgen, dass man ihnen
fortan die absolution und sakramenta müsste ver-
sagen und sie für keine christen halten. Ut
supra.
X. Ob an einigem ort bisher geschehen
were, dass das volk ungebeichtet das sakrament
empfangen, oder aber der pfarrherr aus nach-
lessigkeit und unachtsamer faulheit diejenigen, so
den andern tag zu communiciren bedacht, het
in einen haufen treten lassen und ihnen eine ge-
meine absolution gesprochen, das soll hiemit ab-
gethan sein und fortan keineswegs gestattet noch
zugelassen werden, danach sich ein jeder zu
richten.
Von der einfeltigen weise zu beichten und
von der form der absolution lassen wir es bei
der lehre Lutheri in seinem kleinen und heiligen
catechismo bleiben.
Von der metten und früepredigt, den
sontag und feiertag.
Diese zeit und predigen sind für das ein-
feltige arme hausgesinde verordenet, welche zu
der hochmesse (wie man es heisst) nicht kommen
könnden, sondern müssen in küchen und keller
zusehen, damit zu der rechten zeit ein jedes nach
befehl des hausvaters und der hausmutter fertig
und bereit ist. Auf dass denn dieselbigen gleich-
wol auch ihrem lieben gott den sonntag und
feiertag heiligen, sein heiliges wort hören, für
gemeine not der christenheit ihr gebet treulich
ausrichten und nicht wie türken und heiden
bei uns umgehen, darum ist es christlich und
fein verordenet, das solche früepredig diese zeit
fur das hausgesind gehalten werde, dazu ein
jeder frommer hausvater die seinen fleissig und
gern soll anhalten und befordern und ja gedenken,
dass der herr Christus fur dieselbigen sein blut
ja so wohl vergossen und sie so teuer erkauft
 
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