Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0099
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kirchenordnung und ceremonien von 1568.

81

Von dem tag der heiligen dreifaltigkeit mag man
singen bis auf den advent: Benedicta sit semper
trinitas. Die anderen sonntag vom advent bis auf
weihnachten, item von Purificationis bis auf ostern
mag man die gewöhnlichen introit nemen, oder
auch mit der gemeine einen deutschen psalmen
dafür singen.
Auf den introitum folget das kyrie eleison,
nur drei mal, laut der vorigen ordnung.
Darauf singet der priester mit gebürlicher
reverenz: Gloria in excelsis deo, der chor einen
sonntag um den andern: Et in terra pax, oder:
Allein gott in der höhe sei ehre, denn man
muss die deutschen psalmen auch in ubung be-
halten und dem gemeinen haufen auch raum
geben, das sie ihre andacht mit solchen geist-
lichen liedern uben.
Nachdem solcher gesang aus ist, singet der
priester zu dem volk gekeret: Der herr sei
mit euch, und antwort der chor: Und mit
deinem geist.
Die collekte oder gemein gebet soll gegen
dem altar, klar, deutsch, mit gewöhnlichem accent
und ordenung der zeit, wie bisher in ubung, ge-
lesen werden.
Darauf soll die epistel, wie sie auf einen
jeden sonntag oder festtag von alters verordenet,
zu Königsberg von einem andern caplan von der
kanzel, in andern orten aber, da es die menge
des volkes nicht erfordert und die kirchen klein
sind, vor dem altar gegen dem volk fein laut, ver-
stendlich und deutsch abgelesen werden.
Nach der epistel singet man die festtage die
sequenzen, wo die rein sind, als weihnachten:
Grates nunc omnes, und wenn das einmal ge-
sungen, darauf mit der gemeine die zwei ersten
verse im : Gelobet seist du, Jesu Christ etc., wenn
es zum andern mal gesungen, abermals zwe versen
im selbigen psalmen. Wenn nu darauf gesungen
ist: Huic oportet, ut canamus cum angelis sollen
darauf folgen die drei letzten vers und soll das
von weihnachten gehalten werden bis auf Purifi-
cationis. Ostern singet man den sequenz: Victi-
mae paschali laudes, und darunter: Christ lag in
todesbanden, vers um vers. In pfingsten singet
man: Veni sancte spiritus et emitte coelitus, etc.
und auf zwen lateinische vers allezeit einen
deutschen aus dem schönen gesang: Nu bitten
wir den heilgen geist etc. Trinitatis singet man
den sequenz: Benedicta semper sit trinitas, und
mag man denselbigen den folgenden sonntag, einen
um den andern, mit einem deutschen psalm ab-
wechseln, dass man einen sonntag gemelten
sequenz, den andern einen deutschen psalm singet,
damit die deutschen geseng in der kirchen bleiben
und von der gemeine fleissig geübet werden.
Sehling, Kirchenordnungen. IV.

Darauf soll das evangelium, wie von der
epistel gesaget, abgelesen werden.
Nach dem evangelio singet man sonderlich
im thumb das symbolum nicaenum latine, in andern
kirchen, damit es nicht zu lang werde, mag man
es einen sonntag um den andern abwechseln mit
dem: Wir glauben etc., dann es ist ja nütz,
das die liebe jugent solche herrliche heuptstücke
christlicher lere und schöne bekenntniss der
alten kirchen von ihren jungen jaren an fassen
und einbilden; was die zarten herzen also ein-
mal begreifen, behalten sie gar fest ihr lebe
lang.
Darauf folget in der altstadt und lebenicht
die predig und auslegung des evangelii.
Wenn dieselbige aus ist, singet die ganze
kirche wie nach aller predigt allezeit: Erhalt uns
herr bei deinem wort etc., damit der fromme,
treue gott demütig gebeten werde, dass er sein
wort ja nicht lasse von uns genommen werden,
sondern dasselbige wider allen widerstand aller
rotten und tyrannen, die unter den namen des
papstes und türken, als der erzfeind und heupter
aller widerwertigen, allzumal verstanden werden,
gnediglichen bei uns beware, bis wir durch kraft
des heiligen geistes darinnen erhalten und end-
lich in das ewige leben von ihm geleitet werden.
Anstatt der präfation, welche abgethan und
ausbleiben soll, folget bald ein offentliche ver-
manung und paraphrasis des vaterunsers, die
der priester conceptis oder praescriptis verbis
thun soll, gegen dem volk gekehrt, fein laut und
vernemlich. Solche auslegung des vaterunsers
und die vermanung zu hören, sollen sich die
communicanten fur den altar finden und allda
fein züchtig achtung darauf geben, was ihnen
wird fürgelesen, dasselbige zu gemüt und herzen
füren und nicht allererst nach solcher vermanung
einer hie, der ander dort aus einem winkel
laufen one zucht und ordenung, wie das unver-
nünftige vieh.
Folget die paraphrasis des vater-
unsers mit der exhortation:
Lieben freunde Christi, weil wir hier ver-
sammelt sind in dem namen des herrn, sein
heiliges testament zu empfahen, so vermane ich
euch aufs erste, das ihr euer herzen zu gott
erhebet, mit mir zu beten das vaterunser, wie
uns Christus unser herr selbst geleret und ge-
wisse erhörung zugesagt hat.
Das gott, unser vater im himmel, uns, seine
elende kinder auf erden, barmherziglich ansehen
wöll und verleihen, das sein heiliger name
unter uns und in aller welt geheiliget werde durch
reine, rechtschaffene lere seines worts und
durch brünstige liebe unsers lebens. Wolt

11
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften