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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0130
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Das Herzogthum Preussen.

Aber der liebe gott bezahlet uns, nach dem
gemeinen sprichwort: kupferes geld, kupfere seel-
rnesse, das man vor augen siehet, weil man die
armen pfarrherrn ingemein so kümmerlich hält,
und je sorge tregt, dass sie mehr nicht denn die
rinden vom brot zu essen haben, darumb studiret
niemand was grundiichs und rechtsinnigs, sondern
was arme leut seind, die sich sonst nicht zu er-
nehren wissen, die studiren obenhin, lehren das
sie selbst nicht viel verstehen, und führet ein
blinder den andern, damit gehet die reine lehr
dahin, vorgehet uns die zeitliche narung und
wohlfahrt, das gott seinen seegen entzeucht an
allen orten, und wir wie Haggeus der prophet
saget, unser geld in einen löcherigen beutel legen.
Und wie wol wir für der zeit allen unsern
heupt- und amptleuten, auch befehlig habenden
personen, nichts minder den herrschatten, adel
und andern, so eigene collatur haben, die leute
mit auspfendnug und andern ernstlich darzu zu
halten befohlen, damit den pfarrherrn das ihrige
ohne allen verzug erlegt werden möchte, so
kommen wir doch hierneben in erfahrung, das
dem an etzlichen örtern (des wir uns dann je mit
nichten vorsehen) wenig nachgegangen werde, und
die meiste klag der pfarrherrn, da sie ihre jerliche
besoldung nicht bekommen mügen, daher fliessen
solle, demnach wollen wir abermahls allen und
jeden unsern heupt- und amptleuten, auch befehligs-
tragenden persohnen, desgleichen den andern,
welche eigene collatur und des zu thun macht
haben, bei ernster strafe auferlegt haben, den
pfarrherrn das irige ohn alle ausflucht, behelf,
beschwerung und auszug einzubringen, und wo
jemands, dasselbige zu geben weigern thete, dass
sie disfals an unsere stadt, und von unserent wegen
solche von der herrschaft, adel oder ihren unter-
thanen, aus unser fürstlichen obrigkeit, auspfenden
und zur bezalunge bringen sollen, wo aber das
nachgelassen und veracht, unser straf gewiss von
uns zu gewarten.
Zudeme wann ein pfarrherr mit gutem grund
darthun würde, das der amptmann, lehenherr oder
kirchenveter, an einnemunge des pfarrherrs ge-
bührlichen deputats seumig gewesen, dasselbig so
viel des hinterstellig ist, sampt darauf gegangenem
unkosten dem pfarrherr, ohne allen verzug und
ausflucht zu erlegen pflichtig sein solle; aber hin-
wieder sollen sich in alleweg die pfarrherr mit
einnehmung ihres decentins oder fürbitte, bürg-
schaft und anders, so die ungehorsamen darumb
gepfendet, gestraft oder eingesetzt werden, genz-
lichen und gar enthalten und entschlahen, sondern
unser haupt- und amptleute damit umbgehen lassen,
würde sich aber ein pfarrherr über solche gnedige
günstige verwarnung des unterstehen und an-
nehmen, soll man ihme zu seinem gebürlichen

decentin zu helfen nicht schuldig, sondern ihnen
solchs selbst einbringen lassen, und ob unserm
haupt- und amptleuten, auch befehlichhabern
hierinnen, als wir uns verhoffen wollen, wegerung
oder einiger ungehorsam, von jemands von der
herrschaft adel und andern begegnen, soll uns
solches durch sie angezeigt werden, damit wir uns
gegen demselbigen ungehorsahmen, der gebür zu
halten haben.
Behausung der pfarrherren.
Ein jedes kirchspiel soll zusammen thun, und
bei einer straf nach der herrschaft erkentnus, die
kirchen, wiedeme, scheune, zeune, greben und
andere kirchengebeu bauen, bessern und in bau-
lichen wesen erhalten, aber in dem allem des
pfarrherrs verschonen, doch, wo befunden, das
durch eins pfarrherrn, oder der seinen muthwillen,
unfleiss oder verwahrlosung, an zeunen, greben oder
andern kirchengebeuden etwas zurissen, nieder-
geworfen oder eingebrochen würde, das soll ein
pfarrherr wieder zu machen und zu bauen schuldig
sein; wo aber zeune, greben oder anders alters
halben einginge, das soll das kirchspiel und nicht
der pfarrherr, wie oben gemelt, wieder aufrichten,
machen und erhalten, welcher auch von der herr-
schaft und adel oder leenherre, in diesen bau-
felligen stücken, seinen gebürenden theil nicht
machen lest, oder auch seine leute nicht dazu
helt, wollen wir, dass demselben zuvor darumb
soll geschrieben, und wo er oder seine leute da-
rüber ungehorsam befunden, die zeune, greben
oder anders so vonnöten, nicht wieder machen
oder bessern wolten, das sie die von der herr-
schaft, adel und andere unsere und ihre unter-
thanen das gelt, was solche arbeit gestehet, vor-
legen sollen, wo das aber nicht geschicht, sollen
sie durch den amptmann, den man hierin ersuchen
soll, ausgepfendet, und das pfand inen nicht ehr,
bis die arbeit vorfertigt, oder das gelt darfür er-
legt, wiedergegeben werden.
Von den alten vorlebten pfarrherrn
oder ihren nachgelasenen witwen.
Soll die verordnung geschehen, das beineben
einer jeden pfarre ein zimlich heuslein gebauet
werde an gelegenem ort, darinnen die alten vor-
lebeten pfarrherrn, wann sie von wegen leibs
schwachheit ihr ampt lenger nicht verwalten können,
die zeit ihres lebens ihre wohnung haben mügen,
und do die arme verlassene wittwe, nach absterben
ihres herrn mit ihren armen kinderlein und weis-
lein einkriechen müge.
Auch sollen die herren bischofe darauf han-
deln in visitatione, damit, wo bei den kirchen
 
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