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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0155
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Consistorialordnung von 1584.

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kommen erkalten kann, so soll endlich und zum
ueberfluss der abwesende öffentlich unter einem
geraumen termin citiret und ermahnt werden,
.seinem ehegatten beizuwohnen, oder aber an-
zuhören , welcher gestalt demselben auf sein
5 jähriges aussenbleiben und stillschweigen mit
einem anderen sich zu verehelichen, soll erlaubt
werden. Da denn in angesetzter gebührlicher frist
der geladene nicht compariret, noch einige fernere
kundschaft von ihm beigebracht wird, soll alsdann
ohne weiteren aufschub, dem ansuchenden theil
wiederum nach christlicher ordnung zu freien,
rechtlich zugelassen werden.
Von ehe scheidung wegen ehebruchs.
Würde von einem ehegatten wider den andern
zur ehescheidung geklaget, sollen die verordneten
des konsistorii vor allen dingen die eheleute zur
christlichen versöhnung vermahnen, da aber bei
dem klagenden theil nichts zu erhalten, sondern
straks auf die ehescheidung gedrungen würde,
sollen die parthen zu einem ordentlichen process
verwiesen, und darauf der ehescheidung halben
erkannt werden, was recht ist, und dem un-
schuldigen theil, sich wiederum christlich zu ver-
ehelichen zugelassen, der ehebrecher aber der
weltlichen obrigkeit befohlen werden.
Also auch wenn jemand eines andern braut
wissentlich beschläft und der bräutigam sich von
derselben loszuzählen bittet, wird derselbe, wo-
fern er seine braut zu behalten nicht kann be-
handelt werden, von ihr billig absolvirt und los-
gesprochen, die verbrechende person aber soll mit
staupenschlägen des landes verwiesen werden.
Würde aber der bräutigam bewogen werden, seine
braut wieder zu sich zu nehmen, soll dieselbe
nichts desto weniger mit gefängniss, der braut-
schänder aber mit erstgedachter staupen und landes-
verweisung bestraft werden. Welche auch zu
solcher ehebrechung wissentlich haus, herberge
und unterschleif verleihen, sollen mit gleicher strafe
nicht weniger, als die ehebrecher selbst gestraft
werden, damit solchen abscheulichen sünden und
lastern, umb welcher willen gott oftmals land und
leute straft, soviel möglich gesteuert und gewehret
werde.
Von ehescheidung, welche der tyrannei,
gifts oder ander gefährlichkeit halben
gesucht wird.
Es wird auch oftmals in ehesachen diese
klage fürgebracht, dass ein ehegatte dem anderen
nach dem leben stehe und dass einer ohne gefahr
seines leibes und lebens nicht könne bei dem
anderen bleiben, insgemein aber, dass der mann
Sehling, Kirchenordnungen. IV.

ganz tyrannisch und unmenschlich mit seinem
armen weibe umbgehe und dermassen in sie saevire,
dass sie davon dermaleinst leichtlich den tod haben
möcht, würde derowegen zur verhütung grösseren
unglücks, sie von einander zu scheiden angehalten
und gebeten. Wo nun solche tyrannei dargethan
und der mann durch keine strafe oder warnung
oder gefängniss zur besserung kann gebracht
werden, noch solche bürgschaft vorhanden, dadurch
das arme weib friedlich bei ihm zu leben, möchte
versichert werden, mögen alsdann solche leute ein
jahr, zwei oder drei, nach gelegenheit der sachen,
von tisch und bett geschieden, aber keinem mit
anderen sich einzulassen oder zu verehelichen
nachgegeben werden. Würde dann der mann was
geschmeidiger werden, zum kreuz kriechen, seines
weibes wiederum begehren, sie auch mit genug-
samer caution de non amplius offendendo ver-
sichern , soll sie alsdann denselben wiederum an-
zunehmen und ihm ehelich beizuwohnen schuldig
sein. Würde aber die versuchte strafe nichts
helfen und sich befinden, dass mann oder weib,
eins dem anderen mit gift oder dergleichen nach
dem leben gestanden, mögen sie alsdann gar ge-
schieden, und da das böse vornehmen des schul-
digen theils genugsam ausgeführt und dargethan,
dasselbe von dem ehegericht an das weltliche
gericht, darunter die beklagten gesessen, remittiret
und mit ihnen verfahren werden, wie recht ist.
Scheidung wegen der natürlichen
untüchtigkeit.
Weil gott den ehestand unter anderen ur-
sachen' auch darum eingesetzet, dass dadurch das
menschliche geschlecht propagiret und erhalten
werde, und sichs aber bisweilen begibet, dass ein
ehegatte aus natürlicher impotentia und gebrech-
lichkeit zur ehe untüchtich und ungeschickt ist,
als kann solche beiwohnung, wenn der mangel
erweislich und von dem beklagten zugestanden
wird, für keine ehe geachtet werden. Derohalben
wo das eine theil sich dessen beschweret und vom
konsistorio die declarationem solcher unkräftigen
eben begehret (dann kein divortium kann da ge-
schehen, da nie keine ehe gewesen), soll ihm
dieselbe der billigkeit nach vom konsistorio mit-
getheilt und ihm im andern wege sich zu ver-
heirathen vergönnt werden.
Wenn aber die impotentia noch zweiflich
und ungewiss ist, soll vermöge der rechten drei
jahre mit der scheidung verzogen und versucht
werden, ob der geschwächten natur zu helfen.
Wo aber befunden, dass ihr nicht mehr könne
geholfen werden, und das vermögende theil die
keuschheit nicht halten, noch dergestalt im ehe-
stand leben und geduld haben kann, alsdann soll
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