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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0190
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Polen. Die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen.

Mscr. Boruss. Fol. 32, woselbst sich auch ein Decret des Raths zur Deklaration dieses Decrets
vom 28. November 1586 vorfindet), und soll hier abgedruckt werden, da es auch einige
allgemein giltige Sätze enthält. (Nr. 38.) Das Decret findet sich abgedruckt in der vollständigen
Chronik Curickes (vgl. zu den zwei Ausgaben von Curicke Kötz, in Ztschr. des histor.
Ver. für den Regierungsbezirk Marienwerder. Heft 41 [1902], S. 20 ff.), Lib. IV, Cap. 10, S. 338 ff.
Die Notel blieb bis zum Untergange der freistädtischen Verfassung 1793 die Bekenntniss-Grund-
lage, und alle Geistlichen, sowohl die lutherischen wie die calvinischen, haben sie unterschrieben.
Einen weiteren heftigen Streit entfesselte 1570 ff. die Frage des Exorcismus, vgl.
Schnaase, S. 54 ff.; Hirsch, S. 46 ff.
Über die Bildung einer eigenen reformirten Gemeinde, die von den Reformirten (be-
sonders Dr. Fabricius) vorgenommenen Änderungen und die dadurch entstandenen Streitigkeiten
vgl. Schnaase, S. 545 ff., 555 ff.; Hirsch 2, S. 65 ff.
Die Kirchenverfassung in Danzig entwickelte sich natürlich auf städtischer Basis, da
weder der Landesherr noch der Bischof der neuen Lehre beitraten. Der Rath führte auch in
kirchlichen Dingen ein strenges Regiment und liess weder den Vertretern der Bürgerschaft
noch der Geistlichkeit einen Anteil an diesem zukommen. Lediglich in Ehesachen behielt
zunächst der Bischof von Leslau noch eine gewisse Jurisdiction auch über die Evangelischen
(vgl. Gralath, Diss. de iurisdictione in causis matrimonialibus ... in foro Gedanensi. Regiom.
1763; Schnaase, a. a. O. S. 32).
Im Jahre 1570 hatten bekanntlich die Geistlichen auf Erfordern des Rathes ihre
Wünsche über eine „Kirchen-Ordinanz“ eingereicht. Die Geistlichen wünschten insbesondere
einen grösseren Einfluss auf die Besetzung und Entsetzung der Geistlichen; sie wünschten
ferner, dass eine Commission aus den Geistlichen und einigen Rathsmitgliedern gebildet werden
sollte zur Entscheidung der Streitigkeiten unter den Geistlichen (das wäre also eine Art
Consistorialverfassung gewesen), sowie dass die Kirchenordnung verschärft und insbesondere
der Bann eingeführt werden sollte. Der Rath hatte aber gegenüber den Lehrstreitigkeiten der
Prediger wenig Neigung, die Leitung der kirchlichen Dinge aus der Hand zu geben, und hatte
insonderheit gegenüber der kirchlichen Strafgewalt erhebliche Bedenken. Er ging deshalb auf
diese Vorschläge nicht ein (vgl. auch Schnaase, S. 168 ff.; Hirsch, S. 19 ff., 52 ff.), sondern
behielt das Kirchenregiment unbeschränkt in seiner Hand; selbst bei rein theologischen Ent-
scheidungen bediente er sich nicht einmal stets des Beirathes seiner Geistlichen, wozu aller-
dings das Verhalten der Geistlichen selbst nöthigte. Musste doch der Rath oft zu Absetzungen,
ja sofortigen Ausweisungen schreiten (vgl. u. A. Hirsch, Oberpfarrkirche. S. 18 ff. , 29 ff.,
200 ff., 215), um Ruhe und Frieden zu erhalten.
Im Jahre 1575 wurde durch einen Rathsschluss bestimmt, dass neben der Notel das
Corpus doctrinae Philippicum symbolische Geltung haben sollte, und dass auf Grund dieser die
Gesammtheit der Danziger Geistlichen die Prüfung und Ordination der anzustellenden Geist-
lichen in Zukunft handhaben sollte. Damit war das Ministerium Gedanense als Behörde an-
erkannt, wenn auch nur mit geringen Befugnissen. Vgl. Hirsch, a. a. O. 2, S. 63; Frey-
tag, in Ztschr. des Westpreuss. Geschichtsvereins 38, S. 96 ff.; Schnaase, Evang. Kirche
Danzigs. S. 32, 43, 58, 95 ff.
Der Senior des Ministeriums versammelte die sämmtlichen Geistlichen zu Conventen.
Das ältere Material ist aber leider nicht erhalten. Über die Prüfungen der Candidaten vor
dem Ministerium s. Schnaase, S. 78 ff. Über die Ernennung der Geistlichen ebenda S. 89 ff.,
die Ordinationen (ein besonderes Ordinationsformular stammt erst von 1629) ebenda S. 95 ff.
Die heftigen Anfeindungen, welche die Geistlichen gegen einander richteten, und die
vielfach zu völliger kirchlicher Anarchie führten, brachten es mit sich, dass der Rath 1586
der Geistlichkeit die wenigen Jurisdictionsbefugnisse, nämlich das Recht zur Ordination und
 
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