Danzig.
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Prüfung der Ordinanden — wenigstens vorläufig —, wieder entzog und die etwa nöthigen Ordina-
tionen durch das Consistorium zu Stolp vornehmen liess (so Hirsch 2, S. 205; doch findet
sich im St.-A. Danzig, Hdschr. 35, B. Nr. 2, das Original eines Ordinationszeugnisses, welches
Dr. Cogeler d. d. Stettin 1591 für Jacob Mathaei ausgestellt hat). Damit tritt das Ministerium als
geschlossene Corporation wieder ganz in den Hintergrund. Bis zur erfolgreich durchgeführten
Einigkeit (1629) hat der Rath die Geistlichen nur ganz selten zusammenberufen (Hirsch 2,
S. 205). Wenn Hirsch 2, S. 205, von einer „Auflösung“ des Ministeriums spricht, so ist das
allerdings etwas zu schroff formulirt. Denn noch in dem Decret vom 23. October 1586 sieht
der Rath die Möglichkeit vor, dass Streitigkeiten unter den Geistlichen vor das „Ministerium“
gebracht werden können. Auch bitten z. B. die „Werderischen Prediger“ das „Ministerium“
der Stadt um Prüfung der von ihnen aufgestellten Kirchenordnung (vgl. St.-A. Danzig, Hdschr.
35, B. Nr. 2. Das Stück ist nicht datirt, stammt aber offenbar aus der ersten Hälfte des
17. Jahrhunderts, vgl. auch unten S. 174).
Wie der Rath Lehrstreitigkeiten unter der eigenen Geistlichkeit zu steuern wusste, ist
oben gezeigt worden. Aber auch sonst wusste der Rath seiner Verpflichtung als christliche
Obrigkeit, für die reine Lehre zu sorgen, nachzukommen.
Die Willküren der Stadt (vgl. dazu Simson, Geschichte der Danziger Willkür.
Danzig 1904; Günther, in Ztschr. des westpreuss. Geschichtsvereins, Heft 48, S. 1 ff.) ent-
halten keine eigentlichen kirchlichen Bestimmungen. In einem Edict vom 26. April 1573 (Stadt-
bibliothek Danzig, Mscr. 1381, Bl. 143b) wurden mit Rücksicht auf die sich breit machenden
Wiedertäufer, Sacramentirer und andere Secten die Bestimmungen der Willküren gegen die
Fremden erneut eingeschärft. (Darnach ist Schnaase, S. 59 zu berichtigen.) Vgl. übrigens
auch unten S. 201, Art. 8.
Der Rath führte ein strenges Regiment. Davon geben die Faszikel im St.-A. Danzig,
XXXV, B. 3, 4, Varia Religionssachen guten Aufschluss. Hier haben wir zahllose, für die
Geschichte der Stadt bedeutsame Stücke, namentlich Schreiben der Geistlichen, Eingaben an
den Rath (mit zum Theil darauf gesetzten Vermerken über die vom Rathe gefasste Ent-
schliessung), z. B. in Besoldungs-, Besetzungs-, Lehrstreitigkeits-Angelegenheiten. Darunter
auch die Eingabe von zwei Kirchvätern zu St. Marien vom 30. März 1582, sie nicht mit
weiteren weltlichen Geschäften zu beschweren, da sie genug mit den Kirchengeschäften zu thun
hätten; insbesondere bitten sie, sie nicht auf das Rathhaus zu citiren, denn überall seien die
Kirchenvorsteher von weiteren amtlichen Geschäften eo ipso befreit. Der Rath „als die
obersten Vorsteher und Kirchen-Veter möchten deshalb ein Einsehen haben“. Der Rath be-
schliesst, dass diese zwei Kirchenväter nicht mehr zum Rathhaus zu kommen brauchen. Im
Jahre 1577 baten die Kirchenväter von St. Bartholomäi, sie von den Wachen in Friedens-
zeiten zu befreien; in Kriegsfällen wollten sie ihren Mann stehen wie die Anderen (St.-A.
Danzig, B. XXXV, 3).
H. Freytag hat in Ztschr. des westpreuss. Geschichtsvereins 39, S. 99 ff., zwei
Armenordnungen publicirt, eine von 1525 nach einer Handschrift des 17. Jahrhunderts (Stadt-
bibliothek Danzig, Mscr. 681, Bl. 128a—129b) und eine andere von 1551 nach dem Drucke
von Franziskus Rhode. Danzig 1551 (Exemplar auf der Stadtbibliothek). Die Armen-
ordnung von 1525 hat sich inzwischen in zwei weiteren Handschriften der Stadtbibliothek vor-
gefunden (O. f. 76, 1, und U. f. 140, 1), die zwar aus dem 18. Jahrhundert stammen, aber doch
einen guten Text bieten. Da die Armenordnungen aus dem Geiste der Reformation geboren
sind, werden sie hier abgedruckt. (Nr. 29 und Nr. 30.) Wir legen bei Nr. 29 die Handschrift
aus der Stadtbibliothek Danzig, Mscr. 681, zu Grunde und geben die Abweichungen der beiden
anderen Handschriften in Anmerkungen.
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Prüfung der Ordinanden — wenigstens vorläufig —, wieder entzog und die etwa nöthigen Ordina-
tionen durch das Consistorium zu Stolp vornehmen liess (so Hirsch 2, S. 205; doch findet
sich im St.-A. Danzig, Hdschr. 35, B. Nr. 2, das Original eines Ordinationszeugnisses, welches
Dr. Cogeler d. d. Stettin 1591 für Jacob Mathaei ausgestellt hat). Damit tritt das Ministerium als
geschlossene Corporation wieder ganz in den Hintergrund. Bis zur erfolgreich durchgeführten
Einigkeit (1629) hat der Rath die Geistlichen nur ganz selten zusammenberufen (Hirsch 2,
S. 205). Wenn Hirsch 2, S. 205, von einer „Auflösung“ des Ministeriums spricht, so ist das
allerdings etwas zu schroff formulirt. Denn noch in dem Decret vom 23. October 1586 sieht
der Rath die Möglichkeit vor, dass Streitigkeiten unter den Geistlichen vor das „Ministerium“
gebracht werden können. Auch bitten z. B. die „Werderischen Prediger“ das „Ministerium“
der Stadt um Prüfung der von ihnen aufgestellten Kirchenordnung (vgl. St.-A. Danzig, Hdschr.
35, B. Nr. 2. Das Stück ist nicht datirt, stammt aber offenbar aus der ersten Hälfte des
17. Jahrhunderts, vgl. auch unten S. 174).
Wie der Rath Lehrstreitigkeiten unter der eigenen Geistlichkeit zu steuern wusste, ist
oben gezeigt worden. Aber auch sonst wusste der Rath seiner Verpflichtung als christliche
Obrigkeit, für die reine Lehre zu sorgen, nachzukommen.
Die Willküren der Stadt (vgl. dazu Simson, Geschichte der Danziger Willkür.
Danzig 1904; Günther, in Ztschr. des westpreuss. Geschichtsvereins, Heft 48, S. 1 ff.) ent-
halten keine eigentlichen kirchlichen Bestimmungen. In einem Edict vom 26. April 1573 (Stadt-
bibliothek Danzig, Mscr. 1381, Bl. 143b) wurden mit Rücksicht auf die sich breit machenden
Wiedertäufer, Sacramentirer und andere Secten die Bestimmungen der Willküren gegen die
Fremden erneut eingeschärft. (Darnach ist Schnaase, S. 59 zu berichtigen.) Vgl. übrigens
auch unten S. 201, Art. 8.
Der Rath führte ein strenges Regiment. Davon geben die Faszikel im St.-A. Danzig,
XXXV, B. 3, 4, Varia Religionssachen guten Aufschluss. Hier haben wir zahllose, für die
Geschichte der Stadt bedeutsame Stücke, namentlich Schreiben der Geistlichen, Eingaben an
den Rath (mit zum Theil darauf gesetzten Vermerken über die vom Rathe gefasste Ent-
schliessung), z. B. in Besoldungs-, Besetzungs-, Lehrstreitigkeits-Angelegenheiten. Darunter
auch die Eingabe von zwei Kirchvätern zu St. Marien vom 30. März 1582, sie nicht mit
weiteren weltlichen Geschäften zu beschweren, da sie genug mit den Kirchengeschäften zu thun
hätten; insbesondere bitten sie, sie nicht auf das Rathhaus zu citiren, denn überall seien die
Kirchenvorsteher von weiteren amtlichen Geschäften eo ipso befreit. Der Rath „als die
obersten Vorsteher und Kirchen-Veter möchten deshalb ein Einsehen haben“. Der Rath be-
schliesst, dass diese zwei Kirchenväter nicht mehr zum Rathhaus zu kommen brauchen. Im
Jahre 1577 baten die Kirchenväter von St. Bartholomäi, sie von den Wachen in Friedens-
zeiten zu befreien; in Kriegsfällen wollten sie ihren Mann stehen wie die Anderen (St.-A.
Danzig, B. XXXV, 3).
H. Freytag hat in Ztschr. des westpreuss. Geschichtsvereins 39, S. 99 ff., zwei
Armenordnungen publicirt, eine von 1525 nach einer Handschrift des 17. Jahrhunderts (Stadt-
bibliothek Danzig, Mscr. 681, Bl. 128a—129b) und eine andere von 1551 nach dem Drucke
von Franziskus Rhode. Danzig 1551 (Exemplar auf der Stadtbibliothek). Die Armen-
ordnung von 1525 hat sich inzwischen in zwei weiteren Handschriften der Stadtbibliothek vor-
gefunden (O. f. 76, 1, und U. f. 140, 1), die zwar aus dem 18. Jahrhundert stammen, aber doch
einen guten Text bieten. Da die Armenordnungen aus dem Geiste der Reformation geboren
sind, werden sie hier abgedruckt. (Nr. 29 und Nr. 30.) Wir legen bei Nr. 29 die Handschrift
aus der Stadtbibliothek Danzig, Mscr. 681, zu Grunde und geben die Abweichungen der beiden
anderen Handschriften in Anmerkungen.