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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0208
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Polen. Die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen.

selbest Matth. 18 und St. Paulus 1. Corinther 5
furschreibet. Aufs erste soll einiglicher pfarrherr
mit seinen collegis auf seine scheflein gut achtung
haben und, wo sie eins erfaren, welches reudig,
mit offentlichen lastern befleckt und inficiret, so
soll der pfarrherr solchem boten schicken und für
sich allein fordern, im seine sunde anzeigen und
ernstlich zur buss und rechtschaffener christlicher
besserung vermanen, gottes zorn, straf und ewig
verdammnis furhalten, auch aller zeitlichen und
leiblichen straf erinnern. Horet er und verheischet
besserung, setzet demselbigen auch nach, so ist
er gewonnen. Horet er aber nicht, saget keine
besserung zu, oder saget sie zu und hält sie nicht,
so soll der pfarrherr die person zum anderen mal
fur sich und seine collegas fordern, mit ir den
vorigen process ernstlich halten. Saget sie
besserung und busse zu, thut auch dieselbige, so
ist es gut, wo nicht, so soll der pfarrherr solche
person den verordenten hern aus dem rath und
predigern in consessu vermelden und die sache
ordentlich berichten. Drauf sollen die constituirte
und verordente weltliche und geistliche herren
die angezeigete und beklagete person durch den
kirchener fur sich an gewisse stelle, ort, zeit und
stunde citiren, fordern und laden lassen. In
vermeldete beschuldigung, gehaltenem process von
irem pfarherr, iren ungehorsam, unbussfertiges
leben mit ernst anzeigen und sie noch zur rechten
und christlichen bekerung vermanen und treiben.
Horet alsdan solche person die verordenten herrn
nicht, so sollen sie macht haben, dieselbige zum
christlichen bann zu verurteilen und dem pfarherr
derselbigen kirchen auflegen, das er solchen un-
bussfertigen sunder auf den nechsten sontag nach
gehaltener predigt offentlich in bann erkleren und
von der canzel der gemeine Christi anzeigen, das
solche person von allen christen soll gemieden
werden; sie auch zu keiner offentlichen, ehrlichen
zusammenkunft soll berufen noch gestattet, als
kinder tauf, hochzeiten und dergleichen, bis so
lange sie busse thue und aus dem bann los-
gesprochen und offentlich in irer kirchen durch
den pfarherr auf vorgehendes erkentnis der ver-
ordenten herren absolviret sei.
Zum vierden. Solchem offenbarem busser
soll keine publica satisfactio oder beschwerung
mer aufgeleget werden, den allein, das sein pfar-
herr nach geendeter predigt offentlich der gemeine
Christi, so durch sein böses leben geergert von
der canzel anzeigt:
Ir geliebten im herrn Christo, ir wisset, wie
N und N in diesem oder anderen offentlichem
laster gelebet, sei von mir als seinem pfarhern

nach der ordenung Christi zum ersten und ander-
mal bruderlich darum gestraft und zur buss ver-
manet, hab nicht wollen horen noch sich bessern,
zum 3 mal hab in auch das verordente kirchen-
gericht darumb ernstlich besprochen, hab dasselbige
auch mutwilliglich verachtet. Derwegen sei vor-
genannter sunder durch das ordentliche kirchen-
gerichte in den bann vorteilet und durch mich
als seinen pfarherrn öffentlich drein erkleret.
Nun aber sei vielgemelter N durch gottes gnade
zur erkenntnis seiner sunden kommen, seind im
herzlich leid, hab sie gebeichtet, beständige
besserung zugesaget und verheischen. Wolle auch
das heilige testament, das ist den wahrhaftigen
leib und blut unseres lieben herrn und heiland
Jesu Christi drauf empfangen. Daher wolle er inen
itzo vor dem altar offentlich als einen offenbaren
busser absolvieren und von seinen sunden ent-
binden und im den leib und blut des herrn geben,
vermane derwegen die ganze kirche Christi, sie
wollen mit christlicher andacht fur inen zu gott
bitten, gott wolle im gnedig und barmherzig sein,
alle seine sunde und missethat veterlich verzeihen,
seinem heiligen geist geben und damit stercken,
das er solchen teuren schatz zu seiner besserung
und seelen seligkeit empfangen moge. Amen.
Hierauf soll alsdan die offentliche absolution
und reichung des heiligen nachtmals des herren
erfolgen.
Zum fünften. Zur disciplin gehoret auch,
das die feinde unserer wahrhaftigen und selig-
machenden religion oder sonst verrechter gotlichs
worts und unbussfertigen leute [in] offentlichen
kirchendiensten nicht geduldet
Zum sechsten. Das es alles ordentlich ge-
halten werde zu erbauung der kirchen, das
boieren und leuten an den unchristlichen festen
underlassen, dann es einen schein dem bapst und
seinen anhang damit zu hoffiren.
Letzlich e. e. h. w. herrn und gonstige
patroni bitten alle kirchendiener fleissig e. e. e. w.
wollen uns doch auch eine erspriessliche und
fruchtbarliche antwort geben auf unser suppliciren
und bitten, so derer e. e. e. w. vor funf vierteil
jar ungefähr behendiget, auf das sich ein jeder
darnach wisse zu verhalten.
Auch uneinigkeit in der kirchen zu verhüten
ist notig, das die so neulich zu iren diensten
allhier angenommen, alle der notel aufs erste
underschreiben.
Befehlen e. e. e. und h. w. sampt irer
regierung und allen den irigen Christo in seinen
gnedigen schutz, schirm und segen. Amen. In
vigilia adventus 1570.
 
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