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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0217
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Kirchenordnung für Danzig von 1612.

199

Art. 3.
Von der kirchenväter ambt.
Die beiden eltesten kirchväter haben den
kirchenbau in verwaltung, so wol auch derselben
erbe und liegende gründe, dazu alle pfennig und
grundzinsen einzunehmen und auszugeben, welches
alles alhier in specie nicht kann gesetzet werden,
sondern weisen solches ihre rechnungen, so sie
jährlich dem wolgemeldeten herrn burgermeister
übergeben, klerlich aus. Es haben aber diese
beide eltesten ein jeglicher seine besonderen
kirchen einkünfte, nach inhalt ihrer bücher zu-
empfangen. Die aussgabe aber belangende, haben
sie unter sich ein jegliches jahr in zweitheile
abgetheilet, also das der erste von dem sonnabend
nach dem christtage an bis auf den sonnabend
nach s. johannistage, beinahe alle unkosten zahlet,
alss quartalgelder, verbauetes und was sonst zu
zahlen ist; imgleichen fähet sich des andern
zahlung an den sonnabend nach s. johannistage,
und wehret bis auf den sonnbend nach dem
christtage.
Der dritte kirchenväter hat den thurm mit
den glocken sampt den orgeln und chor, wie auch
das dach und die rinnen über die ganze kirche
in seiner verwaltung, und ist sein gebühr, was
daran zubauen und zubessern nötig, dasselbe zu-
bestellen. Daneben gebühret ihm mit fleiss
achtunge drauf zugeben, das es mit dem leuten
und beiern bei dem alten gebrauch, dieser itzigen
evangelischen kirchen bleibe, also auch von dem
chor und orgeln zuverstehen, welche ihre gewisse
ordnung haben, auf das keine neuerung eingeführt
werden. Des hat er monatlich einzunehmen die
gelde, so für das leuten zu den leichen eingesamlet
werden, welche ihm der glöckner monatlich zu-
stellet, neben einer rechnung in specie, für welche
leichen und wie viel einkommen. Hie neben
giebt ihm auch der glöckner zu ende eines jeg-
lichen jahres eine besondere jahresrechnunge, was
er an glocken und an brautmessen gelder zu
kleiner ausgabe für die kirche und dresskammer
an sich behalten und ausgegeben hat.
Dieser dritte kirchenväter zahlet von den
eingebrachten gelden alle quartal, nach auss-
weisungen seines buchs dem signator, calcanten
und blinden ihr quartalgeld, welches der signator
zusammen empfähet, und den andern austheilet,
den erst soviel an gelde überbleibet, lasset er
einem von den beiden eltesten, an welchem die
abgemeldte zahlungszeit ist, durch den kirchen-
knecht zustellen, wan er es bogehret.
Der vurte kirchen vater hat die leichsteine
sambt den begräbnissen in seiner verwaltunge,
und ist sein gebühr, das er nicht zugebe, ohne

sein vorwissen irkeinen leichstein zulegen, zuheben,
zu reumen, oder irkein zeichen oder namen zu
hauen. Ist derwegen auch zu dem ende ein be-
sonderer steinhauer darzu bestellet, die steine
zu zeichnen, welcher sich ebenmässig nicht unter-
stehen soll, auf irkeinen stein etwas zuhauen,
ohne vorwissen und willen des jüngsten kirchen-
vaters. Ihme gebühret auch fleissige achtung
darauf zu geben, das die totengräber, so das
grab machen, die gehobenen steine wiederumb nach
dem schrotgewicht eben legen, und wo sie es
nicht eben gemachet ihnen solches ernstlich be-
fehle. Da sie auch irkeinen stein zerbrechen
oder die kanten abstossen, soll er sie in ernste
strafe nehmen. Es ist auch sein gebür, wen die
kirchengelde auf die drei hauptfeste mit dem
secklein eingesamlet werden, das er nach der
früh predigt in der dresskammer aufwarte, die
gesamleten gelde empfahe und daselbst in den
dazu verordenten kasten stocke. Das hat auch
derselbe kirchen vater einzunehmen, die gelde,
so für die begrebnisse gefallen, welche ihm der
glöckner auch monatlich in specie zuverrechnen
und zuerlegen schuldig ist. Was nun von diesem
gelde monatlich einkommt, davon zahlet er dem
official, nach aussgange eines jeglichen jahres,
wen die kirchenrechnunge geschlossen ist, von jeg-
licher alten leiche, so alhier das jahr über be-
graben worden, 20 groschen und vor jeglichem
kinde 7 schott, nebenst einem zettel, wieviel der
der alten und jungen leichen gewesen. Von den
leichen aber, so freie begrebniss haben, oder in
capellen begraben werden, dafür wird ihme nichts
zugestellet, den die kirche hat davon auch nichts
zugeniessen. Diss todtengeld wird ihm, dem
official, durch den kirchenknecht zugestellt, dessen
muss er ihm eine quittantze geben. Diese vier
kirchenväter seind! auch dahin verbunden, da
irkeinen unter ihnen in seinem befohlenen ampte
etwas schweres oder bedenkliches fürfiele zu-
verrichten oder zu ordnen, das er solches nicht
ins werke richte, ohne vorwissen, recht und be-
willigunge seiner collegen, desgleichen imfall
irkeiner kirchenväter seines befohlenen amptes
halben, so er treulich verrichtet, von jemandes
angefochten würde, sollen sie alle viere für einen
mann stehen und einer den andern treulich zu-
vertreten und zuverantworten schuldig sein. Item,
ob auch einer dieser kirchenväter, wegens vor-
reisens ehehaft, oder ander ungelegenheit halber,
seines ampts nicht könnte abwarten, so gebühret
dem elteren nechst ihm in der session, dasselbe
zuverwalten, und bescheid davon zugeben. Also
auch da es dessfalls am eltesten mangeln würde,
gebühret seinem nechsten assessoren unter ihnen
dasselbe zuverrichten.
 
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