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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0250
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232

Polen. Die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen.

Der siebenteartikel von gebürlicher
haltung der feiertage durch’s ganze jar.
Die feiertage sollen bleiben und gehalten
werden wie bisher, nemlich die sontage, samt den
hohen festen und aposteltagen, allein das allerlei
eingerissene unordnung abgeschaffet werden, da-
durch der sabbath schwerlich entheiliget und das
predigtampt gehindert wirde.
[Am Rande: Lange predigt zu messigen.]
Erstlich soll in der kirchen die ubrige lenge
mit predigen, singen und orgeln vorschnitten und
gemessiget werden, damit eine predigt die ander
nicht hindert, die zuhörer nicht uberschüttet, die
schwanger frauen nicht beschweret, die ubel ge-
kleidete durch frost nicht verseeret und die armen
ire speise zurichten kennen.
[Am Rande: Abzuschaffen die abentzech.]
Ausser der kirchen soll abgeschaffet werden
alles zechen, auf die heilichen abend, dadurch die
leute gegen den predigten untuchtig werden, so-
wohl als auch des früen morgens das sitzen beim
gebrandten wein und zechen unter den predigten.
Die thore der stadt sollen zugesperret sein und
keine kremerei, fechtschuelen, singschuelen, come-
dien spielen [am Rande: Fechtschulen, singschulen,
comedien], spielpletze noch umsoweniger vorsam-
lung auf dem markt noch um die stad gelitten
werden, den solches alles vom teufel angerichtet
wird, gott zu unehre und zu vorachtung seines
heilichen predigampts, darüber eine ganze stad
gestrafet wird, wie gott im propheten Jeremia
am 17. drauet: Werdet ir mich nicht hören, das
ihr den sabbathag heiliget, so will ich ein feuer
unter euren thoren anstecken, das eure heuser
verzehren und nicht soll geleschet werden.
Der achte artickel von kirchenübungen
in der wochen an werkeltagen.
Da sollen dem bisher gehaltenen gebrauch
nach in der wochen vier predigten geschehen,
am dienstage zwo, des morgens umb sex uhr,
nemlich eine polnische in der alten stad, die
ander deutsche in der neuen stad, darnach an
der mittwoche die dritte im kloster und am frei-
tage die vierde in der pfarkirchen auch des
morgens ub sexs; es sollen auch alle tage des
morgens und des abends psalmen gesungen werden,
sampt einer lection aus dem alten und neuen
testament, widererzelung des blossen stuck des
catechismi samt der auslegung eines stucks.
[Am Rande: Lateinische litania und passion
des feiertags abzuschaffen.]
Die weil auch die lateinische litania sampt
der passion am feiertage in der pfarrkirchen mit
vorseumnus der schuelen gehalten wird und mehr

zum papistischen geplerr, den zur erbauung der
kirchen dienet, mochte mans wol abschaffen und
dafür die litaniam deutsch nach der predigt singen,
da der grosse haufe beieinander ist.
Der neunde artickel von den begreb-
nüssen.
Die weil es ja billich ist, das ein jeglicher
also begraben werde, wie er gelebt und gestorben
ist und das begrebnus eine folge ist des christ-
lichen bannes und bundschlussels, von den alten
christen so strenge gehalten, das sie auch mech-
tigen königen ehrliche begrebnussen vorsaget
haben, die gottloss und unbussfertig gestorben.
[Am Rande: Ehrliches begrebnis wem der
zuversicht.]
So kennen wir noch heutiges tages niemand
begraben unter andere christen mit einer ge-
wönlichen prozession, gesang und geleut, der sein
leben mit gottloser lere, vorachtung der hoch-
wirdigen sacramente, ergerlichem leben beschlossen
und also zun wönigste de jure, ob nicht de facto
verbannt gewest.
Der zehendeartickel von den kirchen-
gütern.
Aus der menge allerlei stifte und klöster, so
in dieser stadt sind, erscheinet klar, das der
kirchengüter nicht wenig vorhanden, und ob wir
wol vorstehen, das man noch zur zeit zu denn
allen nicht kommen kann, von wegen der bischöfe
gewalt, jedoch wenn gleichwol etlicher bürger
stifter und gelder wol zu erhalten, die da unter-
geschlagen worden, davon kirchen und schuelen, ja
auch die spital sollen billich unterhalten und biblio-
thecen von guten büchern zu zeihen (?) weren [am
Rande: Inquisition uber die kirchengüter fur-
zunehmen], derwegen ein erbarer rath ein sehr
christlich werk daran thete, wen sie eine ernste
inquisition uber den kirchengütern furnemen.
[Am Rande: In dorfpfarren reine lehr zu
pflanzen.]
Letzlich ist auch einen erbarn rath gar
schwerlich gegen gott zu vorantworten, das sie
ihre unterthanen auf den dorfern so jemmerlich
lassen in papstes abgotterei stecken und vorsorgen
sie nicht mit reinen kirchendienern, wie die
bürger in der stadt, sondern lassen so viel seelen
ewiglich in blindheit vorderben. Gott wird hier-
über eine scharfe rechenschaft fordern und fragen,
ob man hierin vormöge seines befehles Esaia 49
ein pfleger der armen kirche gewest. Es wird
hir nicht helfen einige entschuldigung, man habe
sich vor dem oder jenen müssen furchten, es
heisst wie die aposteln acto. 4 den hohen priestern
 
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