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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0253
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Kirchenordnung für Thorn von 1575.

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6. Von metten.
7. Von der vesper.
8. Von den festen und feiertagen.
9. Vom ehestande.
10. Von kranken, wie man die unterrichten
und mit dem h. sacrament versehen soll.
11. Von gefangenen und die zum tode ver-
urtheilet sein, wie man die trösten und
berichten solle.
12. Von sterbenden, wittwen und derselben
begräbniss.
Was andere artickel mehr sein, können leichte
in oberwähnte mit eingeschlossen werden.
1. Von der h. taufe.
Unsere vorfahren, die lieben frommen alten,
haben die taufe genennet januam in regnum coelo-
rurn, eine thüre oder eingang ins reich gottes zu
allen himmlischen gütern und gemeinschaft der
heiligen, drumb sie die taufe unter den kirchen-
ämtern zum anfange gesetzet haben , zur erinne-
rung, wann der liebe gott den eheleuten kinder-
lein bescheret, dass sie dieselbe unverzüglich dem
herrn Christo auf seinen befehl zutragen, damit
sie ’ ie eher ie besser durch die taufe aus dem
reich und gewalt des teufels befreiet, dem herrn
Christo und seiner kirchen einverleibet werden.
Es sollen aber die kinderlein zu der kirchen,
dahin die eltern gehören, gebracht und die deut-
schen von denen deutschen und die pohlnischen
von denen pohlnischen kirchendienern getaufet
werden, es wäre denn sache, dass nothwendige
sachen vorhanden wären: als schwachheit, ab-
wesenheit des verordneten pfarrherrns oder kirchen-
dieners oder dergleichen, da dennoch solcher ur-
sachen grund fleissig soll erforschet werden, dass
weder irgend ein kind zuvorgetaufet noch andere
leichtfertickeit begangen werde, und auf das kein
theil werde die priester auf die gevattern noch
die gevatter auf die priester lange warten dürfen,
soll des kindes vater oder in seinem abwesen ein
andere ehrliche person zum verordneten kirchen-
diener kommen, in zeiten die taufe bestellen,
welches auch dazu dienet, dass die kirchendiener
raum und gelegenheit dazu haben, nach den ge-
vattern zufragen, deren beides die eltern und
kinder recht wahrnehmen sollen, also dass nach
altem christl. brauch den artickel der h. drei-
faltigkeit, darauf wir getaufet werden, zudeuten,
nicht mehr als drei personen von frommen gotts-
fürchtigen leuten, die der h. taufe mit verstande
und guter andacht beiwohnen, mit ernst beten,
und dem kindlein wegen der taufe ein gebühr-
liches zeugniss geben können, zu gevattern er-
beten und bei der taufe zustehen zugelassen
werden.

Dabei zu merken, wann solche leute zur
taufe kommen, die entweder aus schwachheit oder
unwissenheit in der lehre und im leben irreten,
die kan und soll man in geheim ihres irtums
freindl. und bescheiden erinnern und zur besse-
rung vermahnen, aber nicht mit schimpf oder
unglimpf abweisen noch abstossen, es wäre denn
sache, dass sie ihren irthum oder misshandlung
freventlich und muthwillig vertheidigten und die
warheit offentlich lästerten und verfolgeten, auf
welche die regel des herrn Christi gerichtet ist,
Matth. 7. Dass man das heiligthum nicht soll
den hunden geben und die perlen nicht fur die
säue werfen solle. Den kindlein, die unehelich
geboren werden, kann und mag die taufe umb
der eltern misshandlung mit keinem recht ver-
saget werden, obwohl wann die taufe angestellet
wird, mit bescheidenheit nach des kindes vater
zuforschen, damit man beide im predigten und
beichthören desto mehr das läster der unzucht
neben anderen sünden eifern und strafen möge;
will doch den kirchendienern übel anstehen, daher
gelegenheit zu suchen, die hurer und ehebrecher
der obrickeit zuoffenbaren, weil das h. mini-
sterium nicht darzu bestellet, sondern die obrickeit
andere mittel und wege hat, solche und andere
laster zuerkündigen und zustrafen.
Den kirchendienern will selbst auch gebühren,
dass sie sich nüchtern, mässig, still und eingezogen
verhalten, damit sie die h. taufe neben andern
kirchenämtern mit gebührlicher ehre und re-
verenz ohne ärgerniss handeln und verrichten
mögen, dabei sie sich auch nicht schämen dürfen,
die gewöhnliche kirchkleidung, nemlich den chor-
rock , wie beim sacrament des altars also beim
sacrament der h. taufe zugebrauchen. Die form
und weise, wie man taufen soll, wird billig und
wohl genommen aus dem kleinen catechismo
Lutheri, aus der mecklenburgischen und preussisch
neubestellten kirchenordnung.
Den exercismum haben wir noch in diesen,
wie in vielen andern wohlbestellten kirchen als
ein adiophorum von gott weder geboten noch ver-
boten , aber doch der rechten action der taufe
nichts zuwieder, sondern ganz gemäss, denn eben
darumb die taufe eingesetzt ist, nemlich, dass der
teufel das arme kindlein, welches der sünden
halben unter ihm gefangen leidt, los und frei
geben und in ihm des h. geistes werk ungehindert
lassen soll; auch im exercismo beide, vom priester
und gevattern, als gliedmassen der kirchen auf
gottes wort und befehl gesucht, gewünschet und
gebeten und dem teufel mit gottes ernsten gericht
gedrohet wird und wie solches in Justi Menii
büchlein von exorcismo gründlich und wohl er-
kläret etc.
Weil aber der exorcismus nicht ist de sub-
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