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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0334
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Das Herzogthum Pommern.

In der Kirchenordnung von 1563 wünschten die Fürsten alle Vierteljahre Berichte der
Superintendenten über ihre Visitationen. Lässt sich also nicht leugnen, dass die Landesherren
grössten Eifer für das Kirchenwesen ihrer Lande zeigten, so war doch diese landesherrliche
Gewalt nicht stark genug entwickelt, um ihren Willen überall durchzusetzen. Der oben er-
wähnte Widerstand der Städte und des Adels gegen die Visitationen, der oft genug die Mass-
regeln der Landesherren um ihre Früchte brachte, und den wir bei den „Kirchenordnungen“
und den Kirchenorganisationen nochmals kennen lernen werden, lässt das Bild der pommerschen
Kirche in keinem gerade besonders erfreulichen Lichte erscheinen.
Rühmend hervorzuheben ist die Rührigkeit und Tüchtigkeit, welche die Superinten-
denten in derjenigen Form der Visitation entwickelten, welche wir Special-Synode oder
Particular-Synode nennen (vgl. Sehling, Kirchenordnungen I, S. 69 ff.). Schon im Jahre 1541
vereinbarten die drei Generalsuperintendenten Paul von Rode, Johann Knipstro und Jacob
Hogensee, dass jeder Generalsuperintendent mit den ihm unterstellten Pfarrern solche
Synoden veranstalten sollte. Allerdings wurden nur die Pastores der Städte dazu auf-
gefordert; aus Rügen nur der Pastor von Bergen, seltener auch die von Sagard und Gingst,
einmal 1556 allerdings auch alle Geistlichen aus Rügen. Aus dem Stettiner Sprengel des Paul
von Rode wissen wir von solchen Versammlungen nur sehr wenig (vgl. Franck, Paulus von
Rode, in Balt. Studien 22, S. 59 ff.). Von Knipstro wissen wir, dass er in Greifswald solche
Synoden in den Jahren 1541, 1543, 1544, 1551, 1552, 1554, 1555 veranstaltet hat. Die Acten
sind abgedruckt bei Balthasar I, S. 1—158, s. Bahlow, a. a. O. S. 68, Anm. 24). Die Be-
schlüsse finden sich in zeitgenössischer Handschrift (von Runge?) in einem kleinen, offenbar zu
ständigem Gebrauche zusammengeschriebenen Bändchen im St.-A. Stettin, Wolg. Arch. Tit. 63,
Nr. 61 (andere Signatur Nr. 27) „Liber synodalis“; es enthält: Synodus von Greifswald 1541, 1543,
1551, 1554, 1556, 1559; Stettin 1545, 1561; Campen 1565. Eines Abdruckes der Beschlüsse bedarf
es nicht, weil sie uns grösstentheils in den Kirchenordnungen und Agenden zusammengefasst ent-
gegentreten. So vgl. z. B. unten die Agende von 1542 und die Agende von 1569. (Bahlow, S. 38).
Im St.-A. Stettin, Wolg. Arch. Tit. 63, Nr. 61 steht Bl. 110 ff. eine kurze Geschichte der
Synoden aus dem Jahre 1565, offenbar von Runge abgefasst, der wir Folgendes entnehmen:
Knipstro gilt als der Vater des Gedankens. 1. Synodus 1541, 2. Synodus 1542,
3. Synodus 1543, 4. Synodus 1545 (grosse Synode zu Stettin, beschrieben vom Bischof Bartholomäo
Schwavenio), 5. Synodus 1551 gegen Interim und Osiander, 6. Synodus 1554 de Infimo,
7. Synodus 1556 de Freder und die Kirchenordnung. 1557 1. Synodus von Runge, 1559
2. Synodus von Runge in Greifswald, 1560 3. Synodus von Runge in Stettin, 1561 4. Synodus
von Runge, 1563 5. Synodus von Runge in Greifswald. 1563 6. Synodus von Runge in Stettin
„ibi demum promulgata et publicata est ordinatio“, auch „die Form gemeiner beichte wird ab-
gehandelt“, 1565 7. Synodus von Runge in Campen. In der 7. Synode ist vereinbart, dass die
„statuta Synodica Knipstrovii et mea conscribantur“. Nach der Synode von 1565 folgen eine Reihe
leerer Blätter in unserer Handschrift. Über die späteren Synodi s. Balthasar I, S. 272 ff.
Die Bemerkung zur siebenten Synode von 1556 betrifft die „Visitatio et reformatio
ordinationis ecclesiasticae“, den zweiten Hauptgegenstand der Synode. Die Herzöge wünschten
eine Äusserung der Synode über diejenigen Punkte, in denen die Kirchenordnung von 1535
reformbedürftig sei. Die Synode beschloss darauf ein Decretum de emendatione ordinationis
ecclesiasticae, in welchem die Mängel der „Treptowischen Ordnung“ angezeigt wurden. Dieses
Synodaldecret ist von Paul von Rode, Johannes Knipstro und vierzehn Predigern, darunter
Jacob Runge, am 18. Februar 1556 unterzeichnet. Als Verfasser hat nach den Forschungen
von Uckeley, in den Pommerschen Jahrbüchern 10 (1909), S. 30 ff., Runge zu gelten.
Von diesem rührt auch eine eigenartige Umarbeitung des Decretes her, die Runge als
Vorlage für die Verhandlungen des Landtages von 1556 veranstaltet hat. Das Synodal-
 
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