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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (4. Band): Das Herzogthum Preussen, Polen, die ehemals polnischen Landestheile des Königreichs Preussen, das Herzogthum Pommern — Leipzig: O.R. Reisland, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.26785#0560
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Das Herzogthum Pommern.

Synodus hatte dem Rath eine „Busspredigt“ zugeschickt. Nach scharfer Defension seitens des
Rathes ermahnte der Synodus den Rath per secundam admonitionem zur Busse. Zu dem Con-
flikt mit Runge vgl. auch Cramer, a. a. O. lib. 3, cap. 59, S. 161, 167; cap. 64, S. 179 ff.
Der Boden war also wohl vorbereitet, als der Pfarrer Krusius den berühmt gewordenen
Streit entfachte. Er behauptete, dass die herzogliche Kirchenordnung unchristlich und ungültig
sei (vgl. oben S. 320); er ordinirte Geistliche und wirkte bei der Errichtung eines eigenen
städtischen Consistoriums 1575 mit, bei der Berufung an das Reichskammergericht u. s. w. Auf
Befehl des Herzogs musste er 1585 die Stadt verlassen. Der Stralsunder Kirchenstreit war
damit jedoch keineswegs erledigt. Das Weitere gehört jedoch nicht an diese Stelle.
Über diese Krusischen Wirren vgl. oben S. 320; ferner Cramer, a. a. O. lib. 3, cap. 66,
S. 190; lib. 4, cap. 1, S. 2 ff., 14 ff.; cap. 6, S. 125 ff.; cap. 15, S. 58 ff.; cap. 16, S. 57 ff.;
Barthold II, 2., S. 407, 438 ff.
Zur Geschichte des Calands und des gemeinen Kastens vgl. Fabricius, in Balt.
Studien 26, S. 206 ff., besonders S. 328 ff.
In den Balt. Studien 21, S. 149 ff. hat Zober eine Stralsunder Kleider- und Hochzeits-
ordnung vom Jahre 1570 mitgetheilt. Sie unterscheidet sich nicht wesentlich von den gleich-
zeitigen pommerschen Hochzeitsordnungen, z. B. derjenigen von Greifswald, und bietet vor-
wiegend polizeiliche Bestimmungen. Zwei Abschnitte jedoch verdienen die Aufnahme in unsere
Sammlung. (Nr. 109.)
Zur Geschichte des Schulwesens vgl. noch besonders Zober, Zur Gesch, des Stralsunder
Gymnasiums, und Wehrmann, Beiträge, S. 40.
Zur Geschichte des Armenwesens vgl. Kruse, Gesch. des Armenwesens in Stral-
sund. 1847.

104. Kirchen- und Schulordnung für die Stadt Stralsund vom Jahre 1525.
[Aus Stralsundische Chroniken. Herausgegeben von Mohnicke und Zober. I, S. 278—300.]

Dit is de ordnunge, de hier tom Sunde is
upgerichtet van einem ersamen rade und den acht
un vertigen anno 1525, dorch Johannem Aepi -
numverfatet, [von] Johann Sengestacke,
up der tidt stadtschriewer, geschrewen.
I. Van den predigern.
1) Vornemlick schall vorsorget werden, dat
gades wort lutter rein und klar geprediget werde
ahne alle tosettinge.
2) Neen unnödig gadesdeenst mit gewissen
gesängen edder anderen utwendigen dhonde schall
in der kercken bestätiget werden, dat de lude
leren, dat in solcken butenwendigen dohnde een
christendom nicht steit; sundern de äverste pre-
diger schall na gelegenheit der tid un der lüde
mit gades wort solchen utwendigen gadesdeenst
regiren ordentlicken.
3) Darum ist vlit vortowenden, dat man einen
mann hebbe, in der hiligen schrift wohl erfahren
un eines unsträflichen levendes, de der anderen
prediger hövet si, un dem se ock hören möten,
dat een jederman nicht fahre na sinem egenen
kopp, un christlicke einigheit werde upgehaven
und totrennet.

4) Demsulvigen äversten prediger schall dat-
sulvige regiment äver de anderen prediger nicht
vorder befahlen werden, denn de schrift mede
[sick] bringt.
5) De anderen prediger scholen nicht up-
richten edder nedderleggen ahne des äversten pre-
digers willen. De äverste prediger schall ock
nichtes frevelickes up richten edder nedderstöten
ahne den rath der anderen prediger, so gott de
vellicht mehr erluchtet hedde, alse ehn.
6) De äverste prediger schall darup sehen,
dat de prediger gades wort recht vöhren un dat-
sulvige mit enem göttlicken leven zieren. So se
äverst befunden würden, dat se beneven christ-
licher lehre unchristlick leveden und, dörch den
äversten prediger vormahnt, nicht affleten: schall
ein ersam rath demsulven orloff geven, un nah
rade dessulven äversten predigers enen anderen
vodern, dat nene orsacke blive den gottlosen, gades
wort to lästeren des bösen levendes halfen der
prediger.
7) De prediger, de gades wort predigen
scholen un darup studeren mit rechtem ernste, de
könen nicht wol de sacramente administreren, alse
de kinder döpen, kranken besöcken, und der-
 
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