26
Livland,
wurden. Diese Ordnung vom Tage Allerheiligen 1554 findet sich im Prot. consul. am
Schlusse der Verhandlungen über die Wahl des obersten Pastors und wird daraus erstmalig
abgedruckt. (Nr. 8.)
Hier wird einer Zustimmung der Gilden gar keine Erwähnung gethan. —
An weiteren kirchlichen Ordnungen sind noch bekannt: Im Jahre 1550 hatten die
„Kirchspielsleute“, d. h. wohl die verordneten Vorstände der Kirche zu St. Johannis, Thomas
Stralborn und Moritz Schröder, zur Aufbesserung der Einkünfte der Kirche eine Ordinanz
wegen der Leichensteine, Begräbnisse und des Glockenläutens verfasst. Diese wurde vor dem
Rathe und den Vertretern der Gilden verlesen, vom Rathe (nicht zugleich auch von den Gilden)
„mit verwilligt“ und in der Stadt Denkelbuch eingetragen (vgl. oben S. 20). Diese vom Rathe
genehmigte Ordnung der Gemeinde zu St. Johannis wird hier erstmalig aus dem Prot. consul.
abgedruckt. (Nr. 3.)
Am 30. Oktober 1553 liess der Rath auf Wunsch des Pastors zu St. Johannis eine Ver-
ordnung wegen des Beichtens von den Kanzeln verlesen. Diese Verordnung wird hier erstmalig
aus dem Prot. consul. abgedruckt. (Nr. 4).
Am 15. Oktober 1554 erliess der Rath eine Ordnung für das Armenwesen. An diesem
Tage erstatteten nämlich die verordneten Vorsteher des Armenwesens („der gemeinen Elenden
Armen“), Johann Engelstede, Hans Dreyer, Diterich Storck und Hans Honneryeger, Rechen-
schaft über Einnahmen und Ausgaben aus den Jahren 1548 (!)—1554 vor dem Rathe in
Gegenwart einiger Vertreter der Gilden. Bei dieser Gelegenheit wurde vom Rathe als auch
vom „Oldermann“ der grossen Gilde für gut befunden, den Armenvorstehern einige Artikel,
wonach sie sich zu richten hätten, in ihr Buch zu schreiben. Diese Artikel sind auch in das
Prot. consul. aufgenommen und werden daraus erstmalig abgedruckt. (Nr. 7 )
Weitere Ordnungen sind mir nicht bekannt geworden. Über eine Luxus-Verordnung
von 1597 vgl. Richter, a. a, O. 2, 1, S. 140.
Zu erwähnen ist noch Folgendes. Nach Ausweis des Prot. cons. Bl. 69 b hatte Pastor
Marsow ein Formular „wie man die junkfrawe soll inkleden nach heiliger göttlicher schrifft
gemesslich“, dem Rathe am 30. April 1550 überreicht. Offenbar nach dem Vorbilde der Re-
valer „Christliche korte ordonnantie ouver dat Jungfrawen Kloster“. Man wollte 1553 nach
diesem Vorbilde eine Jungfrauen-Schule einrichten (vgl. Otto, a. a. O. S. 15). Ob etwas daraus
geworden ist, ist nicht zu ermitteln. In derselben Rathssitzung übrigens, in welcher Marsow
seine Verabschiedung mitgetheilt wurde, nämlich am 26. Oktober 1552, wurde auch über die
von Marsow bei den Nonnen des Zisterzienserklosters eingeführte Tracht geredet, und als Marsow
dabei bemerkte, dass diese Ordnung vom Rathe genehmigt worden sei, gab der Rath die
Erklärung ab, dies sei zwar richtig, aber der Rath habe nur zugestimmt unter der Bedingung,
dass wenn ein Anstoss daran genommen werden würde, Marsow als Pastor und Gelehrter die
Verordnung jederzeit verantworten und vertheidigen würde. Man sieht, wie schon frühe auch
in den Klöstern das lutherische Kirchenregiment massgebend geworden war; dass auch im
Katharinenkloster um diese Zeit lutherisch gepredigt wurde, beweisen andere Stellen im Prot.
consul., wie Bl. 306 b, Sitzung vom 15. März 1553. —
In der russischen Zeit (1558—1582) geriethen Stadt und Kirche in Verfall. Die Polen
fanden 1582 die Stadt grösstentheils in Trümmern vor. Zur Kirchen- und Pastorengeschichte in
dieser Zeit vgl. T. Christiani, Matthias Kempf. Pastor in der ersten Russen- und Polenzeit
Dorpats, in Sitzungsberichten der Gelehrten Estnischen Gesellschaft zu Dorpat 1910. S. 51 ff.
Zur Geschichte der Gegenreformation in Dorpat (1582—1621) vgl. T. Christiani, Fest-
rede in der Dorpater Realschule am 17. Juni 1883; s. auch T. Christiani, Balt. Monatsschr. 36,
S. 366, 367; 37, S. 408, 453.
Livland,
wurden. Diese Ordnung vom Tage Allerheiligen 1554 findet sich im Prot. consul. am
Schlusse der Verhandlungen über die Wahl des obersten Pastors und wird daraus erstmalig
abgedruckt. (Nr. 8.)
Hier wird einer Zustimmung der Gilden gar keine Erwähnung gethan. —
An weiteren kirchlichen Ordnungen sind noch bekannt: Im Jahre 1550 hatten die
„Kirchspielsleute“, d. h. wohl die verordneten Vorstände der Kirche zu St. Johannis, Thomas
Stralborn und Moritz Schröder, zur Aufbesserung der Einkünfte der Kirche eine Ordinanz
wegen der Leichensteine, Begräbnisse und des Glockenläutens verfasst. Diese wurde vor dem
Rathe und den Vertretern der Gilden verlesen, vom Rathe (nicht zugleich auch von den Gilden)
„mit verwilligt“ und in der Stadt Denkelbuch eingetragen (vgl. oben S. 20). Diese vom Rathe
genehmigte Ordnung der Gemeinde zu St. Johannis wird hier erstmalig aus dem Prot. consul.
abgedruckt. (Nr. 3.)
Am 30. Oktober 1553 liess der Rath auf Wunsch des Pastors zu St. Johannis eine Ver-
ordnung wegen des Beichtens von den Kanzeln verlesen. Diese Verordnung wird hier erstmalig
aus dem Prot. consul. abgedruckt. (Nr. 4).
Am 15. Oktober 1554 erliess der Rath eine Ordnung für das Armenwesen. An diesem
Tage erstatteten nämlich die verordneten Vorsteher des Armenwesens („der gemeinen Elenden
Armen“), Johann Engelstede, Hans Dreyer, Diterich Storck und Hans Honneryeger, Rechen-
schaft über Einnahmen und Ausgaben aus den Jahren 1548 (!)—1554 vor dem Rathe in
Gegenwart einiger Vertreter der Gilden. Bei dieser Gelegenheit wurde vom Rathe als auch
vom „Oldermann“ der grossen Gilde für gut befunden, den Armenvorstehern einige Artikel,
wonach sie sich zu richten hätten, in ihr Buch zu schreiben. Diese Artikel sind auch in das
Prot. consul. aufgenommen und werden daraus erstmalig abgedruckt. (Nr. 7 )
Weitere Ordnungen sind mir nicht bekannt geworden. Über eine Luxus-Verordnung
von 1597 vgl. Richter, a. a, O. 2, 1, S. 140.
Zu erwähnen ist noch Folgendes. Nach Ausweis des Prot. cons. Bl. 69 b hatte Pastor
Marsow ein Formular „wie man die junkfrawe soll inkleden nach heiliger göttlicher schrifft
gemesslich“, dem Rathe am 30. April 1550 überreicht. Offenbar nach dem Vorbilde der Re-
valer „Christliche korte ordonnantie ouver dat Jungfrawen Kloster“. Man wollte 1553 nach
diesem Vorbilde eine Jungfrauen-Schule einrichten (vgl. Otto, a. a. O. S. 15). Ob etwas daraus
geworden ist, ist nicht zu ermitteln. In derselben Rathssitzung übrigens, in welcher Marsow
seine Verabschiedung mitgetheilt wurde, nämlich am 26. Oktober 1552, wurde auch über die
von Marsow bei den Nonnen des Zisterzienserklosters eingeführte Tracht geredet, und als Marsow
dabei bemerkte, dass diese Ordnung vom Rathe genehmigt worden sei, gab der Rath die
Erklärung ab, dies sei zwar richtig, aber der Rath habe nur zugestimmt unter der Bedingung,
dass wenn ein Anstoss daran genommen werden würde, Marsow als Pastor und Gelehrter die
Verordnung jederzeit verantworten und vertheidigen würde. Man sieht, wie schon frühe auch
in den Klöstern das lutherische Kirchenregiment massgebend geworden war; dass auch im
Katharinenkloster um diese Zeit lutherisch gepredigt wurde, beweisen andere Stellen im Prot.
consul., wie Bl. 306 b, Sitzung vom 15. März 1553. —
In der russischen Zeit (1558—1582) geriethen Stadt und Kirche in Verfall. Die Polen
fanden 1582 die Stadt grösstentheils in Trümmern vor. Zur Kirchen- und Pastorengeschichte in
dieser Zeit vgl. T. Christiani, Matthias Kempf. Pastor in der ersten Russen- und Polenzeit
Dorpats, in Sitzungsberichten der Gelehrten Estnischen Gesellschaft zu Dorpat 1910. S. 51 ff.
Zur Geschichte der Gegenreformation in Dorpat (1582—1621) vgl. T. Christiani, Fest-
rede in der Dorpater Realschule am 17. Juni 1883; s. auch T. Christiani, Balt. Monatsschr. 36,
S. 366, 367; 37, S. 408, 453.