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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0047
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Pernau.

31

Der her pastor zu sanct Johannis soll auch,
damit er desto fleissiger in seinem amte und bei
seiner kirchen seines dienstes wachte, jerlich mit
vefftig mark rigisch eins fur alle verbessert sein;
ist ider jar drittehalb hundert mark rigisch gewiss-
lich inzukommen und aufzuheben haben.
Her Clemens soll auch eins fur alle allejar
zwentzig mark vorbesserung haben; ist hundert
und sibentzig mark jerlich gewisslich inzukommen
und aufzuheben haben.
Her Heinrich Kackerack soll auch eins fur
alle jarliches (zwen)tzig mark vorpessert sein; ist
alle jar hundert und (sibe)nzig mark gewisslich
inzukommen und aufzuheben.
Welcher aber von den semtlichen herren
pastoren, p(redi)kanten und kirchendieneren sich
an seiner jetzt obge(schre)benen eherlichen, inen
eins vor alle zugeeigenten be(sol)dung sich uber
alle tröstliche und unzweifelige zuvor(sicht) und
hoffenung eines erb. wolw. ra. es sich jetzt oder
konftiglich ja mit nichte wolte genögen oder er-
sed(igen) lassen, sollichs möste als den ein erb.
wol. ra. au(f) hoher ehaft der zeit also lassen be-
folen sein und m(it) hohestem fleisse zu sollichen
mittelen trachten, das so dieselbigen, welche inen
um dise eherliche besoldung zudienen geneigt,
uberkommen möchten.
Weiln auch mit dem ausreisende der personen,
so in geist(li)chen emteren, faste gebrechen vor-
handen und gott gefellig auch pillig und recht
ist, das dieselben alhier zur stede bei iren schaffen,
darvon sie ire eherliche und redliche underhaltung
haben, bleiben. Nichts desto weniger ob solliche
grosse swerwichtige felle sich aufrögeten, das darzu

einer von den pastoren oder sonst einer von den
hern predicanten und kirchendieneren gutes rats
ersucht und das es als den nach gelegenheit ge-
schen konte, soll hirinne aus christlicher liebe
dispensiret werden und den beiden herren pastoren
samt alle den anderen samtlichen predicanten und
kirchendieneren nicht anders den mit erlaubnusse
des herren burgermeisters, der bei dem gemeinen
kasten vorordnet, auszureisen frei und offen sein.
Es wil auch ein erbar wol. ra. in gar keinen
zweifel setzen, es werden sich die beiden hern
pastoren in stiftung guter ordenung und loblicher
kirchen regimente gegen die predicanten und
kirchendiener in regierung auch sonst gegen mennig-


wandels dermassen schicken und anstellen, das sie
von idermenniglich unstraflich auch desselben rom
und preis erlangen mögen. Also auch hinwederum
wil ein erb. wol. radt den anderen samtlichen
predicanten und kirchendieneren auch ernstlich auf-
erlecht und befolen haben, das sie sich dem pilligen
und schuldigen gehorsam irer herren pastoren gut-
willigen underwerfen. Solliches wirt der christ-
lichen gemeine zu einem guten spiegel, exempel
und furbild dienstlich und inen selbest furderlich
und preislich seien. Da aber uber alle tröstliche
und unzweifelige zuvorsicht eines erb. wol. ra.
einer oder mehr, er sei pastor oder kirchendiener,
hierentgegen ungehorsamlich und in seinem fur-
haben unablesslich vorharren wurde, das kan ein
erb. wol. ra. mit nichte dulden und mös der nöt
und gelegenheit ein wandel schaffen. Actum Darbt
die omnium sanctorum anno 54.

Pernau.
Litteratur: Hausmann, Studien zur Geschichte der Stadt Pernau, in Sitzungsber.
der alterthumsforschenden Gesellschaft zu Pernau. Bd. 4 (Pernau 1906), S. 1 ff.
Auch in Pernau war die Reformation bald eingedrungen. Im Jahre 1528 predigte der
erste vom Rath eingesetzte lutherische Prediger, Johann Eck, in der St. Nikolaikirche. Zu den
Anfängen der Reformation vgl. auch Schneider, Aus dem Denkelbuche der Stadt Pernau,
in Sitzungsber. der alterthumsforschenden Gesellsch. zu Pernau. Bd. 2 (Pernau 1901), S. 120.
Zur Geschichte der deutschen und estnischen Pernauer Kirchen vgl. Czernay, in Sitzungsber.
Bd. 1 (Pernau 1899), S. 33, 80 ff.; Hausmann, in Sitzungsber. Bd. 4 (Pernau 1906), S. 41 ff.
Die deutsche Predigerlinie kann von 1528 an verfolgt werden; über die estnischen Prediger
vgl. Czernay, in Sitzungsber. Bd. 1 (Pernau 1899), S. 33.
Über die kirchliche Verfassung Pernaus sind wir wenig unterrichtet. Es ist anzunehmen,
dass die Entwickelung die gleiche war, wie in den anderen Städten, insbesondere in Riga. Es
wurde schliesslich vom Rath ein Stadt-Consistorium errichtet, vgl. Richter, Gesch. der
deutschen Ostsee-Provinzen II, 2, S. 224. Zur Geschichte und Thätigkeit dieses Consistoriums
vgl. vor allen Dingen Hausmann, Zur Geschichte des Pernauschen Stadt-Consistoriums, in
 
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