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Estland.
eren, zo man meinde, geschen und underholden
is : so irkennet ein ersam radt der billicheit und
gades worde wol even und gemetich to sinde, dat
allerlei iarlicke rente und inkumste van vorberorten
vicarien, getiden, bolesingen, broderschappen, pre-
sencien, memorien, boluchtingen und allen andern
gestlicken gudern, de in baven berorter guden an-
dacht gade gegeven sin, sollen gade gegeven
bliven und to notroftiger upholdinge und vorsor-
ginge der erweleden evangelischen pastorn samt
der kercken denere und den schamelen armen den
gemeinen upgerichteden kasten in beiden ker-
spelen tom rechten gadesdenste togekeret werden.
So dat doch de lenware einer juwelicken stich-
tinge bie den vorigen patronen sol in siner werde
beholden bliven. So aver imandes den hovetstol
van sulcken geistlicken gudern aftolosen gesinnet
were, desulveste sal und mach zodanen hovetstol
mit der upgekamenen renten des gemeinen kastens
vormundern, zo in beiden kerspelen dar to vor-
ordent sin, wen em des drechlick, overantwerden;
de denne dar van wo van allen andern geistlicken
gudern und inkumsten lofwerdige schrifte holden
und van allem entfangenen und utgegevenen bo-
schet und rekenschop doen sollen, wenner men
sodant van en vorderende is.
Die Insel Oesel.
Litteratur. Hollander, Ein Beitrag zur Reformations-Geschichte Oesels, in Sitzungs-
berichten der Gesellschaft für Geschichte der russischen Ostseeprovinzen 1891, S. 99.
Über die Reformationsgeschichte der Insel Oesel besitzen wir wenige Nachrichten. Das
sogenannte Kiewel’sche Privileg des Bischofs Johann Kiewel 1524 kann nicht im Sinne der
direkten Einführung der Reformation gedeutet werden, wenn es auch die freie Ausübung der
Reformation gestattete, zumal die Nachfolger des Bischofs auf dem katholischen Standpunkte
verblieben (vgl. auch Carlblom-Paucker, Entwurf zur Kirchen- und Religions-Geschichte
Estlands, in Archiv für die Geschichte Liv-, Est- und Kurlands 6, S. 3).
Die Jahre 1524—1560 muss man vielmehr als das „Interregnum der Kirchenlosigkeit“
bezeichnen. Die alte Kirche herrschte nicht mehr; die neue noch nicht.
Die Begründung der evangelischen Kirche fand erst in der dänischen Periode statt, als
der Bruder König Friedrichs II. von Dänemark, Herzog Magnus, Bischof von Oesel geworden
war. Im Jahre 1560 hatte nämlich der Bischof von Münchhausen die Insel an Dänemark ver-
kauft. Am 4. Mai 1561 musste Herzog Magnus sich gegenüber König Friedrich II. verpflichten,
u. a. auch einen superintendenten als Haupt der Evangelischen auf Oesel gelten zu lassen
(vgl. Schiemann, Russland, Polen und Livland bis ins 17. Jahrhundert 2, S. 305. Berlin
1887). Seit 1565 stand Oesel in unmittelbarer dänischer Verwaltung. Kirchliche Ordnungen
aus dem 16. Jahrhundert sind mir nicht bekannt geworden.
Estland.
eren, zo man meinde, geschen und underholden
is : so irkennet ein ersam radt der billicheit und
gades worde wol even und gemetich to sinde, dat
allerlei iarlicke rente und inkumste van vorberorten
vicarien, getiden, bolesingen, broderschappen, pre-
sencien, memorien, boluchtingen und allen andern
gestlicken gudern, de in baven berorter guden an-
dacht gade gegeven sin, sollen gade gegeven
bliven und to notroftiger upholdinge und vorsor-
ginge der erweleden evangelischen pastorn samt
der kercken denere und den schamelen armen den
gemeinen upgerichteden kasten in beiden ker-
spelen tom rechten gadesdenste togekeret werden.
So dat doch de lenware einer juwelicken stich-
tinge bie den vorigen patronen sol in siner werde
beholden bliven. So aver imandes den hovetstol
van sulcken geistlicken gudern aftolosen gesinnet
were, desulveste sal und mach zodanen hovetstol
mit der upgekamenen renten des gemeinen kastens
vormundern, zo in beiden kerspelen dar to vor-
ordent sin, wen em des drechlick, overantwerden;
de denne dar van wo van allen andern geistlicken
gudern und inkumsten lofwerdige schrifte holden
und van allem entfangenen und utgegevenen bo-
schet und rekenschop doen sollen, wenner men
sodant van en vorderende is.
Die Insel Oesel.
Litteratur. Hollander, Ein Beitrag zur Reformations-Geschichte Oesels, in Sitzungs-
berichten der Gesellschaft für Geschichte der russischen Ostseeprovinzen 1891, S. 99.
Über die Reformationsgeschichte der Insel Oesel besitzen wir wenige Nachrichten. Das
sogenannte Kiewel’sche Privileg des Bischofs Johann Kiewel 1524 kann nicht im Sinne der
direkten Einführung der Reformation gedeutet werden, wenn es auch die freie Ausübung der
Reformation gestattete, zumal die Nachfolger des Bischofs auf dem katholischen Standpunkte
verblieben (vgl. auch Carlblom-Paucker, Entwurf zur Kirchen- und Religions-Geschichte
Estlands, in Archiv für die Geschichte Liv-, Est- und Kurlands 6, S. 3).
Die Jahre 1524—1560 muss man vielmehr als das „Interregnum der Kirchenlosigkeit“
bezeichnen. Die alte Kirche herrschte nicht mehr; die neue noch nicht.
Die Begründung der evangelischen Kirche fand erst in der dänischen Periode statt, als
der Bruder König Friedrichs II. von Dänemark, Herzog Magnus, Bischof von Oesel geworden
war. Im Jahre 1560 hatte nämlich der Bischof von Münchhausen die Insel an Dänemark ver-
kauft. Am 4. Mai 1561 musste Herzog Magnus sich gegenüber König Friedrich II. verpflichten,
u. a. auch einen superintendenten als Haupt der Evangelischen auf Oesel gelten zu lassen
(vgl. Schiemann, Russland, Polen und Livland bis ins 17. Jahrhundert 2, S. 305. Berlin
1887). Seit 1565 stand Oesel in unmittelbarer dänischer Verwaltung. Kirchliche Ordnungen
aus dem 16. Jahrhundert sind mir nicht bekannt geworden.