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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0070
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54

Kurland.

gelarte gesellen gehalten werden, die gottes ehr
fürnemlich in schulen und kirchen durch gute
künste befürdern und der lieben, zarten jugent
in pflanzung reiner, gesunder, christlicher lehr des
lieben catechisimi sowohl auch der freien künste
und guten sitten getreuwen dienst und grossen
unablessigen fleis beweisen und ohne unterlas er-
zeigen können, wie dann unserm superintendenten
nebenst den visitatorn solchs ernstlich vorzustellen
amts halben gebueren will bei unsern unterthanen.
bevorab bei den pfarherrn und kirchenfurmündern
die versehung anzuwenden, das die schulen aller-
seits nottürftig versorget und durch milde
handreichung von jedermenniglich gehandhabet
werden.
Damit aber die ehre gottes allen andern
sachen furgesetzet, desgleichen dem ganzen ge-
meinen besten unsers fürstenthums desto besser
und nützlicher gedienet werde, haben wir auch
das unsere bei den schulen und armen schul-
kindern nicht weiniger wie bei den kirchen zu-
thuende genzlich entschlossen und uns christlich
dieser gestalt furgenommen, das wir hinfurt dazu
verdacht sein wollen, drei besondere furnemliche
particular schulen an den besten, bequemsten und
gelegensten örtern unsers herzogthums, wie sie
auch albereit aus unserm testamente dem gemeinen
kirchenbuch inverleibt, zur Mitau, Goldingen und
Selburg fundirn, anstiften, erbauwen und auf-
richten lassen, in welchern schulen nicht alleine
die gemeine jugent nach aller notturft unterweiset,
besonder auch wie es den fürstlichen alumnis und
stipendiaten gebüret, mit aller notturft und un-
kosten versehen und erzogen würden.
Des wollen wir zum wenigsten in einem
jeden obgenanten paedagogio sechs knaben gott
zu ehren und der gemeinen wolfart dieses landes
zum besten aufnemen und unterhalten lassen, bis
sie erudition und geschickligkeit wegen düchtig
werden, die vacirenden emter und dienste in
kirchen, canzeleien und schulen auch sonst zu-
bedienen, wozu sie nicht weniger aus diesen unsern
particular schulen als von auslendischen uni-
versiteten, so sie als obstehet dazu bequem sollen
vocirt, bestellet und aufgenommen werden.
Es sollen aber zugleich von deutschen und
undeutschen knaben, derer geschickligkeit und
habilitet zum studio düchtig ermercket, mit diesen
beneficis begnadet und promovirt werden, an-
gesehen das in genere ohne unterscheid und an-
sehen jennigs person vom herrn Christo geredet
und befohlen wird. Sinite parvulos ad me venire
et ne prohibueritis eos: Talium enim est regnum
coelorum, wie denn solche anmerckung und auf-
sicht unserm herrn superattendenten neben andern
in der visitation und sonst allenthalben den
pastoribus sol vertrauet und befohlen werden.

Caput IIII.
Von hospitalen und armen heusern.
Es gebüret sich von gottes natürlicher pflicht,
billigkeit und rechts wegen, das die jenigen, so
in armut geraten, von den, deren untersassen sie
gewesen und die in ihrer gesundheit und wol-
stand ihrer arbeit und sonst genossen, auch in
ihrer armut, elend und nöthen nicht trostlos ge-
lassen, sondern mit leibs narung versorget und
unterhalten und alle die landstreicher und strassen-
betler abgeschaffet werden, welche auch mit gutem
gefug an ihre erbherrn und obrigkeit zuverweisen.
Weil aber eins jeden gelegenheit und viel-
leicht vermügen nicht ist, besondere hospitaln
oder arme heuser zuhaben und zuerhalten, als
geschicht in der christlichen gemein, billich von
allen die fürsorge, das an gewissen örtern, sonder-
lich bei den haubtkirchen wonungen und bequemig-
keiten seind, dahin die abgelebten, verarmeten
leute mügen zuflucht und leichterung ihres
jammers und elends haben. Welche heuser wir
den in unserm fürstenthum auch wollen an-
gerichtet und erhalten wissen, das unsere wie
zuvorn von den schulen vermeldet auch dabei zu-
thun nicht unterlassen.
Und wir wollen nicht zweifeln, alle gutherzige
christen werden der meinung auch sein, das
höchstes vermügens nach der armen heuser ge-
bauet und erhalten, dazu gute, milde handreichung
von jedermenniglich den elenden erzeiget und
alles der hohen obrigkeit alleine, wie bishero
geschehen, nicht angemutet werde, sondern ein
jeder vom adel und wolvermügenden, welche die
ihren auch in den hospitaln versorget wissen
wollen, zu allerlei unkosten hülf und steur be-
weisen und gedencken wollen, was dem aller
geringsten solchs fals geschicht, das es dem herrn
Christo selbst widerfare.
Und das einer je seine güter (wie nerrisch
es auch denen von dem geizteufel besessen sich
ansehen lest) auf keinen wucher höher austhun
oder bestatten könne, als einem solchen gewaltigen
herrn, dem alle macht gegeben ist in himel und
auf erden, der es uberflüssig an zeitlichen und
ewigen gütern erstatten kan und wil, wie solchs
der heilige könig David bezeuget psal. 42: Wol
dem, der sich des dürftigen annimt, denn wird
der herr erretten zur bösen zeit, der herr wird
ihn bewaren. Und Salomon proverbiorium 19:
Wer sich des armen erbarmet, der leihet dem
herrn, der wird ihm wieder gutes vergelten. Und
cap. II: Die seel, die da reichlich segenet, wird
feth, und wer reichlich gibt, dem wird reichlich
wieder gegeben. Und Christus spricht selbst
Luce 6: Date et dabitur, etc.
So sollen auf alle festtage in der kirchen,
 
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