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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0086
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Kurland.

nachbarten landen und fürstenthumen
voriger ursach halben gebreuchlich.
Erstlich soll der superintendens (so er anders
dabei sein kan) oder ein ander pastor in seinem
abwesen, von dem superintendenten dazu berufen,
aus der nachbarschaft zwene pfarherrn oder drei
verschreiben, und in der pfarkirche, darin der
neue prediger bestalt und angenommen, auf einen
gemeinen sontag, wenn die kirchspils leute am
meisten bei einander versamlet, bescheiden.
Als denn soll der superintendens, oder wem
es bevohlen, einen deutschen oder undeutschen
sermon thun, darinne nach gelegenheit das mini-
sterium samt dem neuen prediger commendirt
werde.
Nach vollendigtem sermon sol das veni sancte
spiritus, deutsch oder undeutsch, nach gelegenheit
des neuen predicanten von der ganzen gemein
gesungen werden.
Darnach, wenn der gesang aus ist, sol der
superintendens oder der pfarherr, so gepredigt,
den neuen pastorn also anreden: Idque corarn
altari.
Herr N. N., ihr wisset, wie euch gott ordent-
lich durch seine verordente mittel hiezu berufen,
das ihr ihm diese kirche und arms heuflein, so
er mit seinem heiligen blut gar theur erworben
hat, sollet weiden mit reiner rechtschaffener lehr
seines worts und derselbigen ohne ergernus mit
gutem exempel fürgehen, darauf er am jungsten
tage schwere rechenschaft und dis blut der armen
herzen von euern henden fürdern wird mit ge-
strengem gerichte, so seid ihr je uberbötig, wie
ihr in euer ordination verheischen und öffentlich
für gott und der welt zugesagt, euer amt darinnen
treulich nach gottes willen auszurichten, dem
armen wie dem reichen, bei euern bevohlenen
pfarkindern zu tag und nacht, sonderlich in der
zeit der noth und gefehrlicher leibs krankheit und
schwacheit in reichung der sacrament und mit
notwendigem trost der betrübten gewissen, bereit
und willig zu sein, und das alles zu thun, wes
einem getreuen haushalter Christi und seelhirten
geziemet und gebüret nach gottes wort?
Darauf sol der neue pfarherr offentlich,
deutlich und mit klaren worten antworten für
seiner gemeine, ja, er wolle es thun und des
für gott an jenem tage und seinem letzten ende
zur antwort stehen.
Also bete derselbige pfarherr für der ganzen
gemeine.
O du allmechtiger, ewiger gott, der du dis
heilige amt selbst hast eingesetzet und geheiliget,
in deinem lieben sohn, und diesen N. N, nach
deinem göttlichen willen und rath dazu berufen.
Wir bitten dich von herzen, du wollest deinen

heiligen geist geben, und durch denselbigen dein
wort legen in seinen mund, damit ers rede mit
freidigkeit, wie sichs gebüret, auch mit seinem
handel und wandel, niemands ergerlich, sondern
jedermenniglich fürderlich sei zu seiner seligkeit.
Wollest auch bei der gemeine geben ein hörendes
ohr, die herzen der zuhörer weich machen und
aufthun, das sie dein wort lieben und annehmen,
deinen diener ehren und fürdern, auf das also
dein name geheiliget, dein reich gemehret werde
und die angewandte arbeit nicht vergebens sei.
Solch unser gebet wollestu, treuer gott, erhören
und aufnehmen in deinem lieben sohn, unserm
allerliebsten erzpriester, erzhirten und bischof
unser armen seelen, amen.
Darauf sol der ander benachbarte pfarherr
anfangen die praefation der messe, und nach
gewöhnlichem gebrauch der ceremonien den
neuen prediger communiciren.
Wenn nun die neuen prediger also introducirt
und zum lehramte bestetiget worden seind, sollen
sie sich höchstes vermügens befleissigen, das allein
seligmachende wort gottes, biblischer, das ist pro-
phetischer und apostolischer schrift, den rechten
verstand des gesetzes und evangelii, nach der
Augspurgischen confession und apologia, woran
wir nicht zweifeln, sonder die gewissheit haben,
das sie die rechte, einige und warhaftige lehre der
prophetischen und apostolischen zeugnusse sei, der
dreien Symbolen, eltisten, unvorfelschten concilien,
Schmalkaldischen artickeln und dem ganzen Witten-
bergischen corpore doctrinae von dem seligen herrn
Philippo Melanthone anno 1560 vice cygneae can-
tionis in den druck verfertigt, ihrer gemeine, ver-
müge derselbigen richtigen lehr auf Christi be-
velich ohne scheu fürhalten, buss und vergebung
der sünde im namen Christi Lucae 24. predigen,
und den christen fürtragen, die sacramenta ge-
sunden und kranken verreichen, sonderlich aber
den kleinen catechismum Lutheri, welcher das
rechte ausbündigste, einfeltigste und klereste com-
pendium der ganzen schrift ist, deutsch und un-
deutsch mit grossem eiver und ernste samt der
haustafeln unter das arme volk treiben, damit
jedermenniglich, bevorab die junge zarte jugent
in der rechten gottselichkeit erwachse und erzogen
werde, sich aller neuerung und weitleuftigkeit der
fremden lehr endschlan. Darzu sol aller fleis an-
gewant werden, das man die werkeltage je nütz-
liche und nicht schwere bücher fürnehme, die
neben dem catechismo und haustafeln den zu-
hörern dienstlich seind, und fruchtbarlich mügen
gehört und deutlich vernommen werden, auch nach
ausweisung dieser kirchenordnung wöchentlich die
letanie beten, die psalmen fleissig singen und
neben den andern christlichen ceremonien in den
schwang bringen und in ublichem gebrauch der
 
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