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Kurland.
mit aller gedult 2. Timot. 4. Hie mus kein blad
für das maul genommen, sonder die halstarrigen,
ungeschonet gestrafet werden.
Und ob die frommen, gottfürchtigen lehrer
wol wissen, sich dessen auch höchlich zubefleissigen,
das in reiner lehr ihr licht also leuchte für den
leuten, das sie ihre guten thaten sehen, und den
vater im himel preisen mügen, derwegen bei
vielen unnötig, eine weitere vermanung anzu-
wenden. So befinds sich doch bei etzlichen, in
dieser verruckten schnöden welt, das bei ihnen
ein solch ruchloses, wildes leben, welchs keinem
biederman im bürgerlichen wesen wol anstehet,
mit unordentlichem fressen, saufen, tanzen, springen,
unzucht und andere leichtfertigkeit der kleider,
bevorab zu lande gefüret wird, welchs ein frommer
christ ohne ergernus nicht wol hat anzusehen, ge-
schweigen, das die, so noch in finsternus, irthum
und ihrem heidnischen wesen, dadurch solten be-
wogen werden, oder lust gewinnen, zu unsern
kirchen und waren religion sich zubegeben, und
was solche je bei zeiten mit der einen hand, als
der unverfelscheten lehr erbauen, das verterben
und reissen sie wiederum ein mit der andern
hand, des ergerlichen, unlöblichen und strafbaren
lebens. Ja, wenn sie also leren, thun sie nichts
anders, denn das sie sich und ihre gleichen selbst
verdammen, wie Augustinus redet: Qui bene docet,
et male vivit, seipsum condemnat, etc.
Sie werden aber solche wolmeinend erinne-
rung nicht anders als der notturft nach, mit dem
besten vermerken, aufnehmen, und mit ihrem be-
vohlenen pfunde wuchern, in lehr und angezogenem
gottseligem leben, den irigen und menniglich also
fürgehen, das sie es mügen vom herrn lob und
ewige belohnung haben, worvon 1. Pet. 2.,
2. Timoth. 4.
So sollen auch ihrer weiber und kinder-
kleider und externi mores, die eusserliche geberden
und sitten, auch allerhand wandel nicht zur uppig-
keit oder zur leichtfertigkeit, als ander scurrian-
tem, strassenbuben und trunkelboltzen zur ver-
schmehung des heiligen, heilsamen ministerii ge-
richtet sein. Und nachdem sie andere leren
sollen, werden sie sich selbst auch der gebür nach,
mit samt den ihren anstellen und verhalten, wie
den der liebe Paulus davon predigt 1. Cor. 9.,
2. Cor. 4. Von dem jungen episcopum Timo-
theum schreibet 1. cap. 2. und an andern örten
mehr.
Wenn also der superattendens mit allen andern
dieses fürstenthums pastorn, pfarherrn, capelanen
und kirchendienern, nach gottes bevehl ihr amt
verwalten, gottes wort rein und lauter leren, pre-
digen und ausbreiten, nach notturft und allen
umstenden die pfarleute christlich unterrichten,
vermanen, trösten, sterken und die laster vor erst
selbst meiden, und darnach mit ernst, unangesehen
jenige person an andern strafen. Denn es
heist: Turpe est doctori cum culpa redarguit
ipsum. Item, turpe est et digito monstrari et
dicier (sic!), hic est. So haben sie von gott dem herrn
versprochene, zeitliche und ewige belonung zu-
gewarten, und die christliche obrigkeit wird sich
schüldig erkennen und ihres fürstlichen tragenden
amts von gottes wegen tanque custos primae et
secundae tabulae zuberichten wissen, das sie die
kirchendiener auch widerum , nicht alleine mit
gebürlicher, duppelter ehrbietung, worvon 1.Tim. 5.
und notturftiger unterhaltung, worvon Matth. 10.,
1. Cor. 9., Galat. 6. geschrieben, versehen, be-
sondern daran sein sollen, das sie auch gegen
den frevel und ubermut, den trotz und gewalt
eines jedern, wes standes er auch sein mag,
höchstem vermögen nach beschützet, verteidinget,
beschirmet und gehandhabet werden.
Es mus sie auch nach göttlichem bevehl als
die diener und gesanten Jesu Christi, nicht alleine
in der kirchen, oder wenn sie leren und ihr amt
gebrauchen, sonder auch allerseits ein jeder in
ehren halten, und von dem teuflischen, erger-
lichen, strafbarlichen ubermut und schendlichen
missbrauch, das man in geselschaften sie zum
schwelgen und volsaufen , oder mehr zu trinken,
als ihnen gefellig, und amts halben gebürte,
nötigen, genzlich ablassen, viel weiniger jenigerlei
unnützen scherz und andere narrentedung, welche
der heilige Paulus allen christen verboten, Ephe. 5.
an ihnen uben oder beweisen, aber sonst mit aller
ehrbietung guten, freundlichen, nachbarlichen und
angenehmen, tröstlichen willen zufügen.
Von der visitation und derselbigen
examine.
Der teure und selige man gottes doctor Mar-
tinus Lutherus, hochlöblicher gedechtnus in dem
unterricht von der visitation an die pfarherrn in
dem churfürstenthum zu Sachsen anno 1528 in
den druck verfertiget und ausgegangen, schreibet
von der heilsamen frucht und nützigkeit der visi
tation also:
(Vgl. Bd. I dieser Ausgabe: Unterricht der
Visitatoren, S. 149, Spalte 1, Zeile 1 bis Spalte 2,
Zeile 7 : wie dieselbigen leren.)
Aus diesen worten des heiligen teuren mannes
gottes ist klar für augen, was an der visitation
der kirchen, ihrer diener und pfarleuten ins ge-
Mein und in sonderheit zu allen zeiten wil gelegen
sein, das sich die jenigen, den fürnemlich die
regierung bevohlen, selbst fleissige aufsicht an-
wenden sollen, oder anstellen lassen, durch gott-
fürchtige, getreue, fleissige menner, denen an ihrer
Kurland.
mit aller gedult 2. Timot. 4. Hie mus kein blad
für das maul genommen, sonder die halstarrigen,
ungeschonet gestrafet werden.
Und ob die frommen, gottfürchtigen lehrer
wol wissen, sich dessen auch höchlich zubefleissigen,
das in reiner lehr ihr licht also leuchte für den
leuten, das sie ihre guten thaten sehen, und den
vater im himel preisen mügen, derwegen bei
vielen unnötig, eine weitere vermanung anzu-
wenden. So befinds sich doch bei etzlichen, in
dieser verruckten schnöden welt, das bei ihnen
ein solch ruchloses, wildes leben, welchs keinem
biederman im bürgerlichen wesen wol anstehet,
mit unordentlichem fressen, saufen, tanzen, springen,
unzucht und andere leichtfertigkeit der kleider,
bevorab zu lande gefüret wird, welchs ein frommer
christ ohne ergernus nicht wol hat anzusehen, ge-
schweigen, das die, so noch in finsternus, irthum
und ihrem heidnischen wesen, dadurch solten be-
wogen werden, oder lust gewinnen, zu unsern
kirchen und waren religion sich zubegeben, und
was solche je bei zeiten mit der einen hand, als
der unverfelscheten lehr erbauen, das verterben
und reissen sie wiederum ein mit der andern
hand, des ergerlichen, unlöblichen und strafbaren
lebens. Ja, wenn sie also leren, thun sie nichts
anders, denn das sie sich und ihre gleichen selbst
verdammen, wie Augustinus redet: Qui bene docet,
et male vivit, seipsum condemnat, etc.
Sie werden aber solche wolmeinend erinne-
rung nicht anders als der notturft nach, mit dem
besten vermerken, aufnehmen, und mit ihrem be-
vohlenen pfunde wuchern, in lehr und angezogenem
gottseligem leben, den irigen und menniglich also
fürgehen, das sie es mügen vom herrn lob und
ewige belohnung haben, worvon 1. Pet. 2.,
2. Timoth. 4.
So sollen auch ihrer weiber und kinder-
kleider und externi mores, die eusserliche geberden
und sitten, auch allerhand wandel nicht zur uppig-
keit oder zur leichtfertigkeit, als ander scurrian-
tem, strassenbuben und trunkelboltzen zur ver-
schmehung des heiligen, heilsamen ministerii ge-
richtet sein. Und nachdem sie andere leren
sollen, werden sie sich selbst auch der gebür nach,
mit samt den ihren anstellen und verhalten, wie
den der liebe Paulus davon predigt 1. Cor. 9.,
2. Cor. 4. Von dem jungen episcopum Timo-
theum schreibet 1. cap. 2. und an andern örten
mehr.
Wenn also der superattendens mit allen andern
dieses fürstenthums pastorn, pfarherrn, capelanen
und kirchendienern, nach gottes bevehl ihr amt
verwalten, gottes wort rein und lauter leren, pre-
digen und ausbreiten, nach notturft und allen
umstenden die pfarleute christlich unterrichten,
vermanen, trösten, sterken und die laster vor erst
selbst meiden, und darnach mit ernst, unangesehen
jenige person an andern strafen. Denn es
heist: Turpe est doctori cum culpa redarguit
ipsum. Item, turpe est et digito monstrari et
dicier (sic!), hic est. So haben sie von gott dem herrn
versprochene, zeitliche und ewige belonung zu-
gewarten, und die christliche obrigkeit wird sich
schüldig erkennen und ihres fürstlichen tragenden
amts von gottes wegen tanque custos primae et
secundae tabulae zuberichten wissen, das sie die
kirchendiener auch widerum , nicht alleine mit
gebürlicher, duppelter ehrbietung, worvon 1.Tim. 5.
und notturftiger unterhaltung, worvon Matth. 10.,
1. Cor. 9., Galat. 6. geschrieben, versehen, be-
sondern daran sein sollen, das sie auch gegen
den frevel und ubermut, den trotz und gewalt
eines jedern, wes standes er auch sein mag,
höchstem vermögen nach beschützet, verteidinget,
beschirmet und gehandhabet werden.
Es mus sie auch nach göttlichem bevehl als
die diener und gesanten Jesu Christi, nicht alleine
in der kirchen, oder wenn sie leren und ihr amt
gebrauchen, sonder auch allerseits ein jeder in
ehren halten, und von dem teuflischen, erger-
lichen, strafbarlichen ubermut und schendlichen
missbrauch, das man in geselschaften sie zum
schwelgen und volsaufen , oder mehr zu trinken,
als ihnen gefellig, und amts halben gebürte,
nötigen, genzlich ablassen, viel weiniger jenigerlei
unnützen scherz und andere narrentedung, welche
der heilige Paulus allen christen verboten, Ephe. 5.
an ihnen uben oder beweisen, aber sonst mit aller
ehrbietung guten, freundlichen, nachbarlichen und
angenehmen, tröstlichen willen zufügen.
Von der visitation und derselbigen
examine.
Der teure und selige man gottes doctor Mar-
tinus Lutherus, hochlöblicher gedechtnus in dem
unterricht von der visitation an die pfarherrn in
dem churfürstenthum zu Sachsen anno 1528 in
den druck verfertiget und ausgegangen, schreibet
von der heilsamen frucht und nützigkeit der visi
tation also:
(Vgl. Bd. I dieser Ausgabe: Unterricht der
Visitatoren, S. 149, Spalte 1, Zeile 1 bis Spalte 2,
Zeile 7 : wie dieselbigen leren.)
Aus diesen worten des heiligen teuren mannes
gottes ist klar für augen, was an der visitation
der kirchen, ihrer diener und pfarleuten ins ge-
Mein und in sonderheit zu allen zeiten wil gelegen
sein, das sich die jenigen, den fürnemlich die
regierung bevohlen, selbst fleissige aufsicht an-
wenden sollen, oder anstellen lassen, durch gott-
fürchtige, getreue, fleissige menner, denen an ihrer