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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0094
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78

Kurland.

stendig und um welcher ursache willen, die
pastorn zu dem irigen nicht gelangen mügen.
Zum vierden, wie die obenangezeigte und
benante diener des worts und der sacramenten,
der kirchen und schulen ihrer besoldung wirdig
oder unwirdig sein, solche kirchen güter mit
fleissiger lehr und godtseligem leben verdienen,
ob sie sich auch der gebür ihrem bevohlenen amte
gemess allezeit gegen jdermenniglich verhalten, in
fremde ungebürliche emter und unehrliche hantie-
rung sich befügen, für gerichte procurirn, ver-
botene kaufmanschaft treiben. Item, ob sie auch
schwelger, volsaufer, spieler, spieler, unzüchtige,
gottslesterer, zenkisch, untreu, unverschwiegen,
klefferisch, ungerecht und dergleichen seind.
Und es sollen die haupt und amtleute, der
kirchen fürmünder, die vom adel und andere ein-
gesessene, unberüchtige, warhaftige, deutsche kirch-
spils leute, desgleichen von den undeutschen,
freien, eltisten, schulzen und rechtfindern bei iren
gewissen, niemand zu lieb oder zu leid die war-
heit verschweigen, sondern ohne scheu darthun,
wenn sie darum angesprochen und befraget werden,
denn so wenig als wir wollen, das die pastores
und diaconi sich unser oder jemands von den
untersassen beschweren solten, so wenig wollen
wir auch, das man sich ihrer solte zubeklagen und
zubeschüldigen haben.
Zum fünften, weil in den kirchen gasophliacia
genant gotteskasten für die hausarmen und dürf-
tigen aufgerichtet, worein wöchentlich des sontags,
und wenn die meiste versamlung auf die festa
und begrebnussen verhanden, von jdermenniglich,
sonderliche gottspfenninge zusammen mit dem
seckel gesucht und gebracht werden, davon sol
auch klare rechenschaft den visitatoribus ge-
schehen.
Zum letzsten und sechsten, sollen die kirchen
veter und spitalmeister auch bescheid thun von
dem gebeude der kirchen, widmen, schulen, hospi-
taln, cüstorien, wie die in gebürlichem esse er-
halten.
Folget zum fünften , von den zuhörern
und beichtkindern ins gemein.
Furs erste, sol der superintendens in beisein
der andern visitatorn etzliche von alten und jungen,
deutschen und undeutschen aus den höfen, dorf-
schaften und gesinden, aus dem catechismo ver-
hören und examinirn, was sie gleuben. beten und
singen können, auf das ordentlichste und ein-
feltigste erkündigen, wie oben im anfang gnug
vom generalexamen vermeldet.
Darnach für das ander, die berüchtigen be-
klagen, uberzeugen und mit warheit uberwunnen,
unbussfertige und ergerliche menschen nach ge-

bür und gelegenheit privatim oder publice für-
nehmen, vermahnen, strafen, unterweisen, und von
dem bösen mit bitten, dreuen und fleissig anhalten,
zum guten wenden, auch gegen die verkerte und
halstarrige, die alle treu und gutherzige unter-
reichtung verachten, sich der gebür mit der ex-
communication wissen zuverhalten.
Zum dritten, die ganze gemeine fragen, wie
sie mit ihren von gott und der obrigkeit zu-
geordenten kirchen und schuldienern zu frieden,
ob sie auch jenige gewalt, uberlast und schaden
von ihnen leiden, mit beicht, tauf, echt und schul-
geld ubersetzet und beschweret werden. Ob sie
auch ihnen getreulich und fleissig tag und nacht,
sontag und werkeltag, in gesundheit und krank-
heit, lieb und leid, freud und betrübnus, freiwillig
und treuherzig dienen, mit kindertaufen, beicht-
hören, absolvirn, communicirn und dergleichen
emtern.
Zum vierten, ob auch jemands unter ihnen
verhanden mit abergleubigen wahne, abgöttischer
lehr, und andern gegen die erste und ander tafeln,
sünden, zum oftermahl angezeigt, beladen, um-
geben und verbistert oder verirret were.
Zum letzsten, ob sie sonderlich die undeut-
schen auch uberfal aller unbilligkeit, verneurung,
und des gottesdienstes verhindernus, von ihrer
obrigkeit, sonderlich des sontags leiden müssen.
Item, ob sie auch des sonnabends bei guter zeit
nach unser kirchenordnung zu haus gesand, sich
zum folgenden gottesdienst zubereiten.
Das dritte und letzste theil, von dem
beschlus und ende der visitation.
Was nun in diesem examine allerseits gutes
und böses in utramque partem fürlaufen wird, sol
der geschicklichen beschedenheit der visitatorn,
sonderlich des superintendenten vertrauet und be-
vohlen sein, welche werden nach vermüge ihrer
habenden iurisdiction und tragenden amts, und
nach gelegenheit alles unrichtigs corrigirn, strafen,
endern, abschaffen, verrichten und in eine heil-
same besserung zubringen, gewalt und macht
haben.
Da wichtige, peinliche und andere irrige, ver-
wirrete sachen verhanden, nach ausweisung des
gerichtlichen processes vom consistorio angezeiget,
an die hohe obrigkeit weitleuftiger zuberathschlagen
und zuverrichten gelangen lassen.
Es sol auch der D. superattendens damit nicht
verseumen, des hern Sarcerii buch, von der visi-
tation, alzeit an der hand haben, sich weitleuftiger
daraus zubescheiden, was nach notturftiger ge-
legenheit in diesen sachen zuthun wil nötig, nütz
und heilsam sein.
Auch alles, was ins gemein befunden und
 
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