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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0095
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Kurländische Kirchenordnung von 1570.

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sonderlich verhandelt, sol man ordentlich registrirt
und verzeichnet bei einer jeden kirchen bleiben
lassen, und also von einer kirchen zur andern
gleichs lauts in ein prothocol bringen, und davon
dem landsfürsten, nach gelegenheit der visitation,
ein eigen sonderlich exemplar, welchs bei ihrer
fürst. dt. richtigkeit halben, mus verwaret, zu-
stellen, damit gute nachrichtung von den kirchen
und dieses herzogthums religion, wie es darmit
gehalten, angezeigt und nachgelassen werde, auch
wo es notturftig erachtet, ein ernstlich einsehen,
durch weitleuftigern rath, von der obrigkeit an-
gewant werden müge.
Zum letzten, das es je ordentlicher zugehen
und fruchtbarlicher in den schwang mit der visi-
tation gebracht werde, sollen diese fürgeschriebene
frag artickel des examinis, darnach sich jederman
ohn ausflucht oder entschüldigung zurichten hette,
und allzeit zuverhalten wüste, des jars zwei mal,
den sontag nach ostern und den sontag nach
Michaelis, zu deutsch und undeutsch, von der
canzel klerlich, gründlich und offenbar, durch den
pastorn abgelesen und der ganzen gemeine für-
gehalten werden, und ein jeder in sonderheit so
wol als in gemein sich zur künftigen visitation
zurüsten verwarnet.
Instructio generalis omnibus pastoribus et
ecclesiae ministris praescripta, proposita et tem-
poris interea donec cultuum et ceremoniarum
constitutio typis divulgaretur, tradita anno 70.
cum mense Octobri et Novemb. iterum visitatio
in ducatu Curlandiae celebraretur, qua plaeraeque
leges prioris tabulae, iuxta quarum praescriptum
ministerium ecclesiasticum a concionatoribus in-
stituendum, et auditores verbi gubernandi sunt,
paucis compraehenduntur.
Anderer artickel verzeichnus, den
pastorn in gehaltener visitation zum
unterricht, sich in ihrem lehramt dar-
nach zurichten, fürgeschrieben, ehe
diese kirchenordnung publicirt und
offentlich durch den druck an den tag
gegeben.
Weil die erste tafel vom menschlichem ge-
schlechte fürnemlich fürdert die rechte erkentnus
göttliches warhaftigs wesens und willens, nach
welcherer erkentnus, gott auch alleine wil, das
wir ihme gleuben und vertrauen, aus dem glauben,
im geiste und der warheit alzeit anbeten, loben,
ehren, preisen, dienen und danken. So wil zum
ersten hochnötig sein, ut remotis omnibus veri
cultus dei impedimentis atque obstaculis, das ganz
keine abgötterei von deutschen oder undeutschen
dieser landen einwohnern, in den kirchen, veld-

capellen, welden, büschen und andern örtern hin-
ferner geduldet, dem armen volke gestattet oder
vergönnet werden, den gemeinen sontagen so wenig
als auf die festtagen, ablas und market zeiten.
Viel weniger die grosse heidnische abgötterei
dieses landes pauren lenger leiden, welche sie von
Michaelis bis auf omnium sanctorum, unchrist-
licher ubergleubiger und abgöttischer weise, noch
durch ihre gottlose superstition der dwessel meley,
und was der heuchelischen opinion mehr ist, ublich
in ihren gesinden gebrauchen, wenn sie alle montage
speiseopfer ihren verstorbenen voreltern, freunden
und verwandten schlachten, gekochte speise neben
ihrem getrenke fürsetzen und auf aller heiligen
die seele reinigen, baden und waschen. Dis alles
sol ferner so wenig wie aller andern feste, ab-
götterei, sonderlich die auf weinachten geschehen
pfleget, mehr von predigern und obrigkeit ge-
duldet werden.
Allerlei opferung des wachses, der lichte und
kerzen, wullen, hüner, eier, butter und was des
narrenwerks mehr ist, so hiebevorn nach der
papisten gebrauch ublich, sol und muss genzlich
aufgehaben, verboten und mit nichte lenger von
den kirchendienern entgegen genommen werden,
sonder viel mehr solcher aberglaubiger, unbillicher,
abgöttischer und unchristlicher missbrauch, aus
gottes worte gestrafet, und den rechten verstand
des waren gottesdienstes, den zuhörern durch die
mündlichen predigte eingebildet werden.
Der kleine catechismus Lutheri, deutsch und
undeutsch, mus allzeit in christlicher versamlung,
neben kurzer und einfeltiger summarien verklerung
der heiligen evangelien, des sontags fleissig ge-
trieben und dem gemeinen manne eingebleuet
werden.
Des sollen in allen predigten die armen leut-
lein, um ihres fluchens und schwerens, zaubern,
liegen, triegen und aller lasterwillen, wie die ge-
nant werden mögen, ernstlich gestrafet und das
volk mit grossem fleis zu der lehre des worts
gottes, der heiligen zehen gebot, des glaubens,
vater unsers, sacramenten etc. und zu den cere-
monien, sonderlich zu christlichen, geistlichen
liedern und lobgesengen vermahnet und gewehnet
werden.
Des müssen sich die prediger der ordnung
befleissigen, das die nicht confundirt werden,
sondern nach ausweisung des catechismi den zu-
hörern fürgehalten, alzeit anfangen und ferner
recitirn, dazu ordentlich singen lernen:
1. Die zehen gebot.
2. Den glauben. Paraphrastice et textualiter.
3. Das vater unser.
4. Die lehre von den heiligen sacramenten.
5. Den morgen und abendsegen.
 
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