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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0116
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100

Kurland.

Principes gentium dominantur, die weltlichen könige
herschen und die gewaltigen heist man gnedige
herrn, ihr aber nicht also. Sonder ich wil euch
bescheiden das reich, wie mirs mein vater be-
scheiden hat, das ihr essen und trinken sollet
uber meinem disch und sitzen auf stülen und
richten die zwelf geschlechte Israel.
Darnach sol man wissen, was für laster mit
dem offentlichen bann und der offenbaren kirchen-
strafe sollen verrichtet werden, als diese folgende.
1. Abgötterei, wie die auch mag genant
werden.
2. Gotteslesterer und diejenigen, die den
namen gottes ohne unterlas mit fluchen , schelten
und schweren, unnütze führen und misbrauchen.
3. Offentliche ketzer, schwermer, rottengeister
und verfürer.
4. Zeuberer, wicker, sortilegisten, segner,
waffen besprecher und die es mit ihnen halten.
5. Verechter des worts und der heiligen
sacramenten.
6. Halstarrige, ungeheure, mutwillige, auf-
rürische menschen und ungehorsame kinder.
7. Hessische, neidische, unversünliche, fenein-
sche, abgünstige leute und offentliche todtschleger,
so von der obrigkeit nicht relegirt oder am leben
gestrafet.
8. Hurer, ehebrecher, schandflecker, blut-
und jungfrauenschender, alle unzüchtige und erger-
liche personen, schwelger, seufer, ebriosos, trunken-
boltzen.
9. Wucherer, stulreuber, unrechtfertige.
10. Meineidige falsche zeugen, samt allen
denjenigen, die unter dem schein des rechten
ander güter besitzen, an sich bringen, unverschamt
verteidingen, die grenze verfelschen, unbillicher
weise fremde güter an sich bringen und behalten.
Summa alle unbussfertige, verstockete, gott-
lose sünder, die sich nicht bessern oder bekeren
wollen, diese alle sollen mit dem bann in christ-
licher gemeine unverschonet bleiben, ohne ansehen
jeniger person.
Zum dritten, folget der proces mit den ex-
communicanten zuhalten, auf keine andere weise,
denn von Christo selbst fürgeschrieben Mat. am 18.
und in diesen vier stücken verfasset.
I.
Erstlich in christlicher, geheimer, brüder-
licher vermanung und unterrichtung, wie Christus
redet, sündiget dein brüder für dir, so nim ihn
allein.
II.
Zum andern, höret er dich nicht, so nim
einen oder zwei zu dir, auf das alle sache be-
stehe auf zweier oder dreier zeugen munde.

III.
Für das dritte, höret er die nicht, die eccle-
siae, so sag es der gemeine, das ist, etzlichen
sonderlichen gottfürtigen und vertrauten gliedern
und ausschus der christlichen kirchen, ob er sich
noch bedenken eines bessers erinnern und um-
keren wolte. Item, das der ganzen kirchen in
offentlicher predigte, doch ungenenter person das-
selbige laster angezeigt, für der gemeine taxiret
und angegriffen werde.
IIII.
Das vierde ist, höret er die gemeine nicht,
Sit tibi ethnicus et publicanus. So halt ihnen für
einen heiden und zölner.
Von diesem process redet Paulus, Galat. 6.:
Lieben brüder, so etwa ein mensch mit einem
feil ubereilet, so unterweiset ihn mit sanftmütigem
geiste.
Zum vierden, sol hie angemerket werden,
die forme und weise, die kirchenstraf zu uben und
zu exequirn.
Wenn aber dis alles nicht helfen kan, so sol
der offentlicher bann folgender gestalt geheget
werden, das ist der mutwillige, unbussfertige
sünder sol aus bevehl des ganzen consistorii oder
superattendenten des folgenden sontags für der
ganzen gemeine offenbar publicirt und ausgeschrien
werden.
Geliebten im herrn, ich habe von dem wirdigen
und erbarn consistorio zu N. N. ein bevehlich
uberkommen, das ich der pastor allhie auf heutigen
sontag N. N. in dieser gemeine wonhaftig, in den
offentlichen bann abkündigen, von der christlichen
kirchen ausschliessen, und als ein undüchtigs und
ungehorsams glied abschneiden und absondern sol,
ihn ansehen, das er erstlich in geheim, zum
andern, in beiwesen zweier und dreier zeugen,
zum dritten, von den eltisten oder ausschus dieser
gemeine, und zum vierden, von dem wirdigen
und erbarn consistorio von seinem laster N. N.
abzulassen, treulich ist vermanet und gestrafet
worden, welchs N. N. doch alles in den wind
geschlagen, verachtet und der besserung sich ge-
weigert. Derhalben ich euer pastor und seel-
sorger samt euch, der gemeine gottes, in dem
namen unsers herrn Jesu Christi in einem
geist versamlet, ubergebe in kraft unsers herrn
Jesu Christi N. N. dem sathan oder teufel zum
verterben des fleisches, auf das sein geist selig
werde, am tage des herrn, wenn er sich widerum
bekeren wird, warhaftige und bestendige busse
uben. Schlage ihm auch hiemit abe, das er sich
des hochwirdigen sacraments des altars, bis zur
besserung, nicht gebrauche, bei den göttlichen
amten (ausgenommen die predigt) nicht erscheine,
 
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