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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0117
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Kurländische Kirchenordnung von 1570.

101

und niemands zu gefattern bei dem hochwirdigen
sacrament der taufe stehe, verbiete auch bei ge-
horsam christlicher kirchen und von wegen unserer
obrigkeit, das ihr euch solchs verbanneten und
ausgeschlossen menschen enthalten wollet, mit ihm
nicht essen oder trinken, keine gemeinschaft mit
ihm haben, ihn zu hochzeiten und ehrlichen ge-
selschaften nicht laden, zu gefattern nicht bitten,
ihn auf der strassen oder sonst nicht grüssen,
damit er desto ehe sein offentlich laster erkenne
und bekenne, hievon abstehe, sich bessere, war-
haftige busse wirke, verzeihung bitte, offentliche
absolution in der gemeine begere, und sich mit
der verergerten kirchen versüne und vergleiche.
Da aber die verbanneten solchs trötzlich ver-
achten, sol es der obrigkeit jedes ortes vermeldet
werden, den ubeltheter in peinliche gefenknusse
und strafe andern zum exempel und abscheu zu-
nemen.
Item, da jemand sich des verbanneten an-
nemen und ein sonderliche gemeinschaft mit ihm
haben würde, der sol auch in strafe genommen
werden.
Zum fünften, gleicher weise als in heimlichen
fellen und verborgen sachen, dieser process nicht
kan gehalten werden, nam de ocultis non iudicat
ecclesia. Also sein etliche casus, die unversehens
oder zufelligerweise geschehen, als wenn die eltern
selbst oder die ammen ihre kinder im schlafe er-
drucken , wenn ein todtschleger zur offentlichen
kirchenversönunge gestattet, oder wenn sonst ein
ander laster begangen. Diese und dergleichen
felle fürdern einen sonderlichen process, vom con-
sistorio oder superattendenten nach der sachen
und gelegenheit und nach anderer kirchen ub-
lichem gebrauche fürzuschreiben.
Zum letzten, mus man wissen, wie die ver-
banneten wiederum durch offentliche bus und ab-
solution in die gemeine gottes müssen aufgenommen
werden. Hirinne sol auch ebenmesig die form
und process, so in den meissnischen und sechsi-
schen kirchen gebreuchlich, in den kirchen dieses
fürstenthums folgender gestalt gepflogen werden.
Ersten, das sich der verbannete dem pfarhern
ankündige oder ankündigen lasse und seine für-
genommen busse vermelde.
Darauf sol er von dem pastorn privatim ver-
höret und examinirt werden, das eigentlich er-
kündigt, utrum sit dolus in spiritu eius. Ob
auch betrug sei in seinem gemüte. Davon der
32. psalm.
Zum dritten, mus auch der excommunicirten
reu und busse in anderer gegenwertigkeit bezeuget
werden.
Darnach mag man mit dem ganzen handel
der reconciliation und aufnemung des sünders
publice in der kirche auf diese weise fortfaren:

Erstlich sol der pastor offentlich auf der canzel
ankündigung thun, wie das sich dieser N. N.
bekeren wolle, und bitte die kirche um verzeihung,
welcher er zur ergernusse ursach geben habe, und
das sie gott für ihm bitten wolle.
Nach der predigte sol dieser N. N. für dem
altar knien, und sol der priester ihn offentlich
fragen, ob er bekenne, das er offentlich gesündiget
habe, und ob im solchs leid sei, und das er gott
um verzeihung seiner sünden bitte, hirauf sol
dieser N. N. ja sagen.
Darnach sol der pastor abermals, wie zuvorn,
die erinnerung thun, das gott warhaftiglich durch
solche sünde verzörnet sei, und das dadurch seine
und gemeine strafe grösser werden. Gleichwol,
dieweil ihm seine sünde leid sein und vergebung
seiner sünden um des heilands Christi willen
gleube und süche und besserung zusage, so wolle
er ihn absolviren.
Darauf sol er ihm alsdenn weiter die offent-
liche absolution mit diesen und dergleichen worten
sprechen.
Der almechtige, ewige gott, vater unsers
heilands Jesu Christi, schöpfer aller creaturn, samt
seinem lieben son Jesu Christo und heiligen geiste,
hat aus unmesslicher barmherzigkeit das mensch-
liche geschlechte nach dem fal Adams, um seines
sohns Jesu Christi willen, widerum angenommen,
und wil das allen, die sich bessern wollen und
gnade suchen, vergebung der sünden verkündiget
werden sol, wie der sohn gottes spricht: Wem ihr
die sünde vergeben, dem sollen sie vergeben sein.
Auf diesen göttlichen befehl sprech ich dich
ledig von deinen sünden, und verkündige dir, das
dir deine sünde in kraft göttlicher verheischung
um des herrn Christi willen vergeben seind.
Dies soltu gleuben und gott danken und dich
bessern, und sei nun durch diese absolution wider-
um als ein gliedmas christlicher kirchen und in
diese unsere christliche gemeinschaft angenommen
und zu dem heiligen sacrament zugelassen.
Unser heiland Jesus Christus, der kommen
ist, den armen sündern, die sich bekeren, gnade
und ewigs leben widerum zugeben, wolle dich
regieren, wie er spricht: Kommet alle zu mir,
die ihr schwach und beladen seid , ich wil euch
erquicken.
Darnach sol der priester diesen menschen
fragen, ob er dieser absolution gleube und wolle
sich bessern, darauf sol der absolvirte ja sagen,
und sol weiter sagen, er danke gott und der
kirchen, das er wiederum aufgenommen sei und
erbitte sich zur besserung mit rechtem ernst.
Darnach sol dieser mensch communicirn.
Der alte gebrauch der kirchen dieser lande,
das die todtschleger deutscher und undeutscher
nation, wenn sie zur versünung gekommen und
 
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