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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0118
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102

Kurland.

beider obrigkeit (welcherer weltliche regiment und
strafe wir mit nicht [fehlt: en] hiemit wollen ge-
schwecht wissen) zu gnaden angenommen seind,
haben publicam poenitentiam thun müssen, die im
bapstthum genant wird satisfactio canonica und
offentlich für der gemeine mit sonderlicher devotion
geblösset, und was der ceremonien mehr seind,
gebüsset, sol nach dieser zeit tanquam disciplina
et poena ecclesiastica, wie bevorn, in seinen ehren
und wirden gehalten und gehandhabet werden.
Da auch sonderliche felle fürlaufen würden,
die einen besondern process und form fürderten,
das alles zuentrichten, sol der bescheidenheit des
superintendenten alle unordnung und zwispaltung
zuvermeiden, heimgestellet sein.
Das zwenzigste theil der christlichen
ceremonien handelt von der kranken
unterricht und communion.
Das es ein sonderlich werk der barmherzig-
keit und christlicher liebe sei, die kranken zu-
besuchen, darzu von allen christen ohne unter-
scheid gefürdert, bezeugt Christus selbst Matth,
am 25. capitel, da er also spricht: Ich bin krank
gewest und ihr habt mich besucht. Item, was ihr
dem geringsten von den meinen gethan habet, das
habet ihr mir gethan.
Diese besuchung der kranken, davon der
herr redet, fürdert alle werke der christlichen
liebe, der unser nechster an zeitlichen und ewigen,
leiblichen und geistlichen gütern benötigt.
Derhalben, wenn der kirchendiener zu einem
kranken berufen, sollen sich die beichtveter wol
erinnern allerlei umstende und gelegenheit des
kranken, wie er sich die zeit seiner gesundheit
in religion sachen und seinem ganzen lebende
verhalten hat.
Dar denn vieleicht gottlose und rohe leute
verhanden, die in offentlichen lastern, wie die auch
mügen genennet werden, lange zeit gelegen weren,
die kirche und sacramenta verachtet, das dieselbe
ungeschonet gestrafet und darnach zu rechter an-
dacht, ernstlicher erkentnus, wahrer reu und busse
der sünden gebracht, und die sich weisen lassen,
ferner mit dem worte gottes unterrichtet und mit
den sacramenten versorget werden. Die andern
aber, so solche strafe und warnung nicht annemen,
dar müssen die pfarherrn aller beschedenheit nach
die mittel fürwenden, damit sie endlich zur busse
gebracht und, so viel müglich, ihnen gedienet
werde. Dar aber solche mittel nicht frucht
schaffen würden, als heiden und unchristen ligen
lassen, die perlen nicht für die hunde werfen,
auch sich keiner fremden sünde theilhaftig machen
1. Timoth. 5.
Vide tomum Ienensem quintum folio 200.

Mit den andern christen und armen sündern,
so ihr gewissen drücket und der sünden gern
wolten los werden, haben auch zu dem ende eiu
herzlich verlangen zu dem seelsorger, das ihre
blöde gewissen in dem rechten glauben gesterket
werde, sol man auf folgende weise wissen um-
zugehen.
Erstlich sol man mit aller freundlicher be-
scheidenheit den kranken anreden und fragen,
was sein herzlich beger sei.
Wenn er darauf antwortet, das er begere
rath, hilf und trost aus gottes wort, vermittelst
dem heilsamen gebrauch der sacramenten mit gott
sich zuversünen,
so sol er zum andern gefraget werden, ob
er auch albereit gott dem herrn sein herz eröffnet
und bei sich selbst gebeichtet? Auch ernstlich
vermanen, das er mit dem armen zölner für seine
brust schlahe, gott die sünde beichte, für ihm sie
beweine und beklage, und zu seiner barmherzig-
keit eine zuversichtige zuflucht mit andechtigem
herzen gewinne, wie die exempel, David 2.,
Reg. 12., Psalm. 51., Manasse 2., Paralip. 33.,
Peccatricis Lucae 7., Petri Lucae 22., Publicani
Lucae 18. ausweisen.
Zum dritten, was er gesinnet, heimlich oder
offentlich für dem seelssorger zu beichten?
Wil er denn in sonderheit alleine beichten,
so sol das ander volk weichen und seine beicht
privatim gehöret, auch alle notturftige unterrich-
tung, rath, bescheit und trost ausgetheilet werden.
Da er aber sich unterstehet, offentlich zu
beichten, sol man den kranken nach gebür ver-
hören in der andern christen gegenwertigkeit und
nach aller notturft mit trost und unterrichtung
wissen zubegegenen und zu dienen.
So er auch schwacheit halben selbst nicht
alles aussprechen könte, mus der seelsorger ihm
in die fuge fallen, in eine kurze summa die beicht
begreifen und fürsagen, auch nach aller gelegen-
heit den armen sünder unterrichten und mit dem
heiligen evangelio trösten.
Die unterrichtung und trost des kranken wird
genommen aus der lehr vom creuz und trost.
1. Was das creuz sei.
2. Woher es komme.
3. Warum gott uns das creuz, allerlei krank-
heit und den tod zuschicke.
4. Wie man sich zur zeit des trübsals und in
der letzten stunde christlich verhalten sol,
und wes man sich zuvertrösten habe.
Und zum vierden, wenn er sich des evan-
gelii zusagen vertrösten kan und wil darauf das
hochwirdige sacrament entpfahen, da er denn auch
gleichfals ernstlich sol um gefraget werden, sol
die absolutio ebenmessig, wie oben davon ver-
 
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