Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0180
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
164

Mecklenburg.

wegnimt, und gerechtigkeit und leben widergibet,
ist er gott. Und dieweil er menschliche natur an
sich nimt, hilft er den menschen , wirkt in inen
gerechtigkeit und leben, und ist also Immanuel,
gott mit uns. Und sollen die verstendigen davon
weiter sich und andere erinnern, diesen wunder-
barlichen rat und die grosse barmherzigkeit gottes
und die liebe im son gegen uns elenden menschen
zu betrachten.
Von unterschied christlicher anrufung und der heidnischen.
Furnemlich sind zwo grosse unterschied, die
eine von gottes wesen, die ander von gottes willen.
Wenn gleich die heiden, türken, jüden und
andere irrige secten, rühmen, sie rufen gott an,
der himel und erden erschaffen hat, wie sie viel
davon reden und schreiben, so sind doch diese
ire gedanken eitel lügen und abgötterei. Denn
sie sprechen nicht den warhaftigen gott an, sonder
tichten etwas, das nicht gott ist. Denn sie wollen
diesen gott nicht haben, der da ist der vater Jesu
Christi, und der sich also in seiner lere geoffen-
bart hat, das der allmechtige, warhaftige gott sei
der ewige vater, der einige son Jesus Christus,
und der heilige geist. Darum ist gesagt Joh. 4.
von den heiden: Ir wisset nicht, was ir anruft,
wir aber wissen, was wir anrufen.
Da werden wir erinnert, das wir ernstlich
betrachten, was und wen wir ansprechen in unser
anrufung. Und sollen unsere anrufung weit ab-
sondern von der heidnischen, türkischen etc. Und
sol das herz mit glauben, den warhaftigen gott
anschauen, der sich durch den herrn Christum
geoffenbaret hat.
Zum andern, wissen die heiden nichts vom
mittler, und ob gott die elenden menschen erhören
wil und warum er sie erhöret, so sie doch sünder
sind, schreien in die luft, mit zweivel und un-
geduld wider gott. Das alles ist lesterung, und
nicht beten, wir aber sollen den mittler Jesum
Christum, den son gottes, anschauen, und festig-
lich gleuben, das uns gott um dieses mittlers
willen gewislich gnedig sein wil, und wil uns um
desselben willen erhören und helfen etc. In
diesem glauben und vertrauen uff den mittler sol
das gebet zum warhaftigen gott gerichtet sein.
Von der erschaffung aller creaturen.
Es sind viel hoher lere begriffen im artikel
von der erschaffung aller creaturen, die in dieser
kurzen anleitung zu erzelen zu lang ist. Dieses
aber sollen die leut oft erinnert werden, das die
erschaffung von allen dreien personen geschehen
ist, und hat der ewige vater, samt dem ewigen
son und heiligen geist, alle andere ding, himel
und erden, engel und menschen, und alle andere
creaturn , ungezwungen, freiwillig, aus nichts er-
schaffen.

Zum andern, ist hoch nötig zum trost und
zur anrufung, dabei zu wissen, das bei der er-
schaffung sol die erhaltung der creaturen auch
verstanden werden. Denn gott ist nicht von seinem
werk weg gangen wie ein zimmerman vom schiff,
das er gebauet hat, weg gehet und lest es darnach
andere regiren und flicken. Sonder er bleibet bei
seinen creaturn, bei himel und erden, engeln und
menschen, und macht die erden jerlich fruchtbar,
gibet allen gewechsen, thiern und menschen kraft
und leben. Wie in actis geschrieben ist: In im
haben wir leben, regung und wesen.
Und ist dieses auch seer nötig zu merken,
gott erhelt seine ordnungen in creaturen, doch
ungezwungen und freiwillig, verhindert oft und
segnet nicht die erden, und lest die menschen
sterben, um grosser sünden willen. Dagegen segnet
er oft die erden, gibet gesundheit, sterkt die natur,
und gibet sonst glück und allerlei grosse gaben,
seiner kirchen zu gut, die in anrufet, wie er
spricht Deut. 30.: Gott ist dein leben und die
lenge deiner tage. Dieses sol man im gebet be-
trachten, das man wisse, das gott die creaturn
und unser leben in seiner hand hat, und kan
und wil helfen, auch uber die natürliche gemeine
weise.
Vom fall der ersten menschen.
Dieses ist ganz gewis und festiglich zu halten,
das gott alle creaturn gut erschaffen hat. Wie
im ersten buch Mose, im 1. cap. klar ausgedruckt
ist: Und ist gewislich war, das der mensch dazu
erschaffen ist, das im gott seine weisheit und
gütigkeit mitteilen wolt. Hat in darum erstlich
also erschaffen, das er in begabt hat mit den
höhesten gütern, die in gott sind. Nemlich mit
weisheit, gerechtigkeit und freiem willen, das er
ein rein ebenbild gottes were.
Und haben die ersten menschen, Adam und
Heva, diese güter sollen uff die nachkomen erben,
so sie im gehorsam bestendig geblieben weren.
Und hette gott seine wonung und freude in den
menschen gehabt. Aber Adam und Heva sind
durch des teufels anreizung und durch iren freien
willen dem göttlichen gebot ungehorsam worden,
und sind also in ungnad, sünd und tod gefallen,
und sind von dem mörder verwundet und beraubt
worden, wie solchs Luce im 10. cap. angezeigt
ist: Beraubt sind sie der gnaden, das sie nicht
mehr gott gefellig gewesen sind, und haben dazu
verloren die hohen gaben, das schöne licht von
gott im verstand , und den gehorsam im herzen,
item das leben. Uber dis sind sie verwundet, das
der verstand vol zweivels und irthums ist, und
das herz vol unordenlicher neigung, flucht und
tödlichen schreckens, in allerlei betrübnis. Und
hetten also die menschen im leiblichen und ewigen
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften