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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0181
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Kirchenordnung von 1552.

165

tode bleiben müssen, so nicht der son gottes fur-
bitter und mittler worden were.
Und ist nötig, hie zu erinnern, das gewislich
war ist, und festiglich zu gleuben, das gott nicht
ursach ist der sünden. Er wirket sie nicht, hilft
nicht dazu, wil sie nicht, sonder zürnet grausam-
lich wider sie. Aber der teufeln und menschen
will selb ist ursach der sünden.
Was ist sünd, erbsünd und wirkliche sünde?
In der ersten epistel Johannis ist ein kurzer j
spruch, der deutlich leret, was sünd ist, nemlich,
sünde ist, was wider gottes gesetz ist.
Diese rede sol man wol betrachten und recht
verstehen, nicht allein von eusserlichen werken,
sondern auch von aller blindheit, unordnung und
bösen neigungen, in allen kreften, der teufeln
und menschen. Und ist dabei zu verstehen, das
die sündige person darum in gottes ungnaden ist,
und ist schuldig ewiger straf.
Erbsünd ist in allen menschen, die aus men-
lichem samen natürlicher weise geborn werden,
angeborne blindheit und böse neigungen, die in
die menschliche natur grausamlich komen sind,
durch den fall der ersten menschen. Welche blind-
heit und böse neigungen gewislich wider gottes
willen und gesetz, und sünde sind, das darum
alle menschen, aus menlichem samen geborn, in
gottes ungnade und verdamt sind, so sie nicht
vergebung der sünden durch den herrn Christum
erlangen.
Wirkliche sünd sind alle werk wider gottes
gebot, innerlich in der seel und im herzen und
eusserlich in allen gliedmassen. Und ist der theter
auch um derselbigen willen in gottes ungnaden,
und verdamt, so er nicht zu gott bekert wird, und
vergebung der sünden erlanget durch den herrn
Christum.
Und sollen die leute ernstlich unterricht
werden, das der sünde furneme, gleiche straf ist
die grausame, ewige angst, darin die teufel und
die verdamten menschen den gerechten und ernst-
lichen zorn gottes fülen werden.
Daneben in diesem leiblichen leben sind auch
strafen, nemlich der tod und allerlei leibliche
plagen. Diese alle sind ein anfang der ewigen
strafen in den uubekerten.
Sie sind aber auch um dieser dreier ursachen
willen den menschen uffgelegt, erstlich, das wir
alle dadurch erinnert werden, das unterschied sei
zwischen tugend und untugend, und das gott ge-
wislich ein weise, gütig, warhaftig, gerecht, keusch
wesen sei, und wider alles das warhaftiglich zürne,
das dieser seiner weisheit, widerwertig ist. Das
wir nu diese unterschied und gerechten zorn er-
kennen , hat er auch die leiblichen plagen, die
nicht gering sind, uff die menschen geleget.

Zum andern, gott wil durch diese leibliche
plagen, eusserliche zucht und frieden erhalten und
die gotteslesterer, eidbrüchige, mörder, reuber,
ehebrecher und andere, befleckt mit blutschanden,
wegreumen. Und helt gott selb fest ob dieser
regel, das uber eusserliche sünden auch in diesem
leben gewislich leibliche strafen folgen, wie ge-
schrieben ist: Wer das schwert nimt, wird mit
dem schwert umkomen etc. Item, von blutschanden:
Hütet euch, das euch das land nicht ausspeie, von
wegen der blutschanden, wie es die Cananeer aus-
gespien hat. Gott wil eusserliche zucht haben,
hat dazu das gesetz geben. Nu were das gesetz
one executio und strafe nur ein schwache stimme
und gedön. Darum helt gott selb darob ernstlich
und schrecklich, wie die grossen zerstörungen in
der welt fur und fur beweisen.
Die drit ursach ist, das viel menschen durch
solche strafen erinnert werden, das sie wiederum
zu gott seufzen und bekert werden. Item, das
die heiligen fur und fur mehr den zorn gottes
wider die sünd betrachten, und gottes furcht,
glauben und anrufung in inen zuneme und sterker
werde. Wie Paulus spricht: Wenn wir gestraft
werden, so werden wir gezüchtiget, das wir nicht
mit dieser welt verdamt werden etc.
Und dieweil noch in dieser verderbten natur
viel zweivels und unordenlicher flammen ist, dazu
fallen auch etliche, die heilig gewesen sind, in
eusserliche grosse sünd, als Aaron, David und
andere, so lest gott die leibliche plagen noch uff
allen menschen, auch uff den heiligen, in diesem
leben bleiben, das sie dadurch erinnert werden,
ob gleich die ewige straf weggenomen ist. Davon
ernach weiter gesagt wird in der frag, warum die
heiligen unter das creuz geleget sind.
Vom göttlichen, ewigen gesetz und von unterschied der
zehen gehot und der andern gesetz im Mose, nemlich der
levitischen ceremonien und bürgerlichen gesetzen.
Die alte gewönliche weise, die gesetze in
Mose in drei teil zu teilen und zu unterscheiden,
ist ein zimliche anleitung, die leute zu unter-
richten von vielen grossen sachen, nemlich also.
Es sind dreierlei gesetz in Mose, etlich sind
genant lex moralis, das nennen wir das ewig ge-
setz oder urteil wider die sünd in allen menschen,
wie wir ernach weiter erkleren wollen.
Die andern gesetz heissen, ceremoniales, das
ist, von kirchengespreng, von opfer, von unter-
schied der speis etc.
Die dritten heissen iudiciales, das ist bürger-
liche gesetz, von erbschaft, halsgerichten, und
solchen ordnungen, damit die regiment zucht und
frieden erhalten sollen.
Nu ist zu wissen, das diese zwei teil, die
levitischen kirchengespreng und bürgerlichen gesetz
sind zum regiment Israel uff eine gewisse zeit ge-
 
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