Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0205
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kirchenordnung von 1552.

189

aber gottes gegenwertigkeit aus seiner lere er-
kennen.
Und ist dieser artikel besonder mit vielen
worten erkleret durch S. Paulum, Rom. 13. Die
selbigen sprüche zeugen, das rechte gesetz, gericht
und rechtmessige straf, gottes weisheit und werk
sind. Denn da nennet Paulus das amt der welt-
lichen regierung ausdrücklich gottes ordnung, und
die regierung gottes dienerin. Und spricht, das
amt, so lange es bleibet, ist von gott geordnet.
2. Paralip. 20.: Das richteramt, das euch
befohlen ist, ist nicht der menschen, sondern
gottes amt.
Daniel 2.: Dieses sind gottes werk, die reich
andern geben oder erhalten.
Psal. 127.: Wenn gott die stad nicht bewaret,
so wachet der vergeblich, der sie wil bewaren.
Proverb. 16.: Wage und gewicht sind gottes
ordnung.
Esaia. 1.: Richtet recht den waisen etc.
Mit diesen sprüchen sollen wir den glauben
sterken, das wir wissen, das gott der erhalter ist
guter regiment, und in darum bitten, und in
allen emtern und im gehorsam deste demütiger
und vleissiger sein.
Aus diesem allen ist nu klar, das das welt-
liche regier amt ein gut werk ist. Denn es ist
von gott geordnet und geboten, und können christ-
liche menschen darin mit gutem gewissen leben.
Ja diese grosse last wird ein hoher gottesdienst,
wenn das herz dabei rechten glauben hat, und
richtet seinen dienst zu gottes ehre , wie David,
Ezechias, Josias etc.
Welche werk hat gott als die furnemsten der weltlichen
oberkeit befohlen?
Antwort. Wiewol die weltliche oberkeit selb
gesetz und vernunft hat, wie sie ir amt füren sol,
gleichwol sollen wir in gemein anzeigen, welche
werk ir gott furnemlich befohlen hat.
Das erste. Alle weltliche oberkeit sol erst-
lich sein die stimme des ganzen göttlichen, ewigen
gesetzes, das man nennet legem moralem oder
zehen gebot, zu erhaltung eusserlicher zucht. Und
alle oberkeit ist diesem göttlichen gesetz selb
unterworfen, und vor allen andern werken dazu
geordnet, das sie diese göttliche weisheit und
gerechtigkeit den menschen furtrage und bekant
mache, Esaia. 3.: Gott wird die fürsten fur sein
gericht füren.
Das ander werk ist, das sie execution thue
und ernstlich strafe mit leiblichen strafen alle, die
eusserlich wider das selbig göttlich gesetz thun,
Rom. 13.: Dazu tregt sie das schwert.
Nu wissen auch die heiden , das um friedes
willen not ist, unrechte todschleger, diebe und
reuber zu strafen und sind die heidnischen gesetz

davon wol bekant. Aber dieses ist allein ein
stücklin vom amt. Sondern die weltliche oberkeit
ist gott diesen dienst schuldig im ganzen göttlichen,
ewigen gesetz, das ist erstlich alle eusserliche,
erkante abgötterei, zeuberei, eidbruch, gottes-
lesterung, öffentliche ketzerei sollen sie abthun
und strafen, und dagegen rechte lere von gott
pflanzen lassen und helfen erhalten, Deut. 7.: Ir
solt die abgötter vertilgen, ire altar einreissen etc.
Im dritten buch Mose, cap. 24.: Wer gottes namen
lestert, sol getödtet werden.
Darum ist auch weltlicher oberkeit geboten,
das sie rechte erkentnis gottes und rechte an-
rufung lerne, psal. 2.: Und nu ir könige und
richter uff erden lernet, und küsset den son
gottes etc.
Darnach sol auch straf wider ungehorsam in
andern göttlichen geboten folgen. Und in summa,
die oberkeit sol beide tafeln der zehen gebot,
gott zu ehren, in erhaltung eusserlicher zucht
handhaben mit ernstlicher execution.
Und zu dieser execution in allen geboten hat
gott der weltlichen oberkeit macht, güter und
waffen gegeben. Und gebeut den unterthanen ge-
horsam, zu erhaltung zucht und friedens, und ist
gott selb der öberst feldheubtman und schutzherr,
braucht aber treue regenten als seine werkzeug.
Denn er wil also das menschlich geschlecht, nicht
one mittel, sondern durch unsere arbeit regieren,
das wir in auch erkennen lernen und im dienen.
Das dritte werk ist, das die hohe oberkeit
in iren herrschaften auch macht hat, eigne gesetz
in weltlichen sachen zu machen. Die doch nicht
widerwertig sind den göttlichen gesetzen, sondern
helfen zu erhaltung der göttlichen gesetz. Als
gott spricht: Du solt nicht stelen. Da mag und
sol die oberkeit vernünftiglick ordnen, wie es mit
den landgütern sol gehalten werden, welchs eigen-
thum oder leben ist etc. Dazu haben die herr-
schaften eigne bücher, wie das römische reich die
keiserlichen recht hat.
Und ist war, das weltliche oberkeit zu dieser
leiblichen regierung und zum frieden vernünftige
gesetz zu machen macht hat. Sie sol aber nicht
ein götzen uffrichten, wie Nabogdonosor, und eigne
lere von gott, oder interim, oder gottesdienst,
ausser gottes wort ertichten. Denn damit greift
sie viel zu weit ausser irem befehl.
Das vierte werk ist, das sie treulich und
gleiche execution thun sol, auch dieser irer eignen
gesetz, von leiblichen sachen. Denn gesetz one
executio, one gericht und one ernste strafen ist
nur ein spott, sondern gottes will ist, das ein
eifer und zorn in der herrschaft sei wider un-
tugend. Und ist der alte spruch gewislich war:
Nulla est utilitas civitatis, quae non habet nervos
contra iniusta facientes.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften