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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0208
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192

Mecklenburg.

predigt, es predigen Esaias, Johannes oder Poly-
carpus, der nach Johanne durch die kirche zum
Ministerio berufen ist. Und wer solchen beruf
und wahl verwirft, der streitet wider den artikel:
Ich gleube, das eine heilige christliche kirche sei.
Zum andern. Nach dem wir niemand seine
alte gerechtikeit an der kirchen bestellung oder
ius patronatus zu nemen begeren, vermanen wir
doch alle, das sie zu diesem hohen amt, darum
der son gottes sein blut vergossen hat, so viel
müglich ist, tüchtige personen suchen und pre-
sentiren, nemlich, gottfürchtige menner, die nicht
in öffentlichen lastern leben, und die christliche
lere zimlich gelernt haben und reine lere des
evangelii bekennen, und nicht falsche lere unserer
bekentnis widerwertig mit untermengen unsere
kirchen zu zerrütten und spaltungen anzurichten.
Zum dritten. So einer zum predigamt be-
rufen wird, sol er den superattendenten, da die
ordinatio in den nehesten stedten gehalten wird,
presentirt werden, und sol an sie zeugnis aus-
drücklich von seinem beruf und von seinen sitten
bringen. Denn die bepstliche gewonheit ist ur-
sach vieler grosser irthum und abgöttereien, das
die bischove personen weihen, ausser dem predig-
amt, allein dem bauch zu gut, mess zu halten.
Zum vierden. So einer zeugnis bringet von
seinem beruf und von seinen sitten, sol er von
dem superattendenten in der selbigen stad und
von etlichen mehr predicanten, die dabei sein
sollen, ordenlich und sittiglich verhört werden von
den furnemsten artikeln christlicher lere. Und so
die verhörer befinden, das er zimlichen verstand
hat christlicher lere, und nicht mit falscher lere
befleckt ist, sollen sie in zu der ordinatio zu-
lassen.
So sie in aber also ungeschickt oder streflich
in der lere befinden, sollen sie in zu der ordinatio
nicht zulassen, und nach gelegenheit im ir be-
denken anzeigen, ob er noch zu unterrichten were
oder stracks weg zu weisen.
Zum fünften. So einer fur tüchtig geachtet,
sol er vermanet werden, das er furnemlich diese
zwei ding bedenken wolle, nemlich, das dieses
amt ein dienst sei, darin der herr Christus selb
wirke und damit eine ewige kirche samle, und
das menschliche weisheit und kraft, dazu nicht
gnugsam sei, sondern wie Paulus spricht, 2. Co-
rinth. 3.: Das wir tüchtig sind, ist von gott.
Dabei aber fordert gott gleichwol, das wir
treue diener sein, wie S. Paulus auch spricht:
Hoc requiritur ut fideles simus.
Nu begreift treue, erstlich, das wir die lere
recht lernen, denn der arzt, der seine kunst nicht
kan, ist nicht treu, sondern ein betrieger, so er
sich der kunst rümet.

Zum andern, ist treue, das wir bestendig in
rechter lere sind.
Zum dritten, das wir im dienst vleissig sind,
der kirchen zu gewönlicher zeit warten etc. und
sonst züchtiglich leben.
Nach dieser vermanung sol eine christliche
zusage von im genomen werden. Nemlich, das er
in diesem heiligen amt, mit gottes furcht, glauben
und anrufung zu gott dienen wolle, und wolle
züchtiglich leben und vleissig lernen.
Item, das er in der reinen christlichen lere,
die er in dieser verhör bekant hat, und die durch
gottes gnad in diesen kirchen eintrechtiglich ge-
prediget wird, mit gottes hülf bestendig bleiben
wolle, und wolle im amt treue und vleissig sein.
Darauf spricht der ordinandus, er wolle durch
gottes gnad dieses treulich thun und halten.
Und damit die ordinanden wissen mügen, uff
welche zeit sie zur verhör und zur ordinatio
komen sollen, ist unser will, so oft ordinanden
ankomen, das sie in der selbigen oder folgenden
wochen verhört werden, so sie solchs begeren.
Und so sie tüchtig sind, das sie den sontag, nach
der predigt öffentlich ordiniert werden, und nicht
beladen werden mit grosser zerung durch den
verzug.
So man aber etliche geringe noch besser
unterrichten wil, mag man sie eine woche, zwo
oder drei uffhalten. Dieses wollen die patroni
bedenken, und den armen mennern, die sie pre-
sentirn, zerung geben. Denn dieses heilig amt
sol dennoch züchtiglich und ernstlich angefangen
werden.
Und sol sich der ordinand zum gebet und
zur communio bereiten. Und sol die forma ge-
halten werden, wie sie der ehrnwirdig herr doctor
Martinus Luther gestellet hat, nemlich, die lectio,
gebet, ufflegung der hend und befehlung des
ministerii.
Weiter sollen keine ceremonien oder pflicht
dazu gethan werden. Denn diese ordinatio ist ein
öffentlich zeugnis bei der kirchen, das diese person
berufen sei und befehl habe, das evangelium zu
predigen und die sacramenta zu reichen. Und
ist recht, das die ganze versamlung im anfang
dieses grossen werks gott anrufe, und fur diese
person und in gemein, um erkaltung des mini-
sterii und erhaltung der kirchen ernstlich bitte.
Dieses haben die apostel auch also gehalten, und
ist one zweivel diese weis zuvor bei den ersten
vetern auch gewesen. Die bepst haben andere,
neue, unrechte ceremonien und pflichten an-
gehenget, die sollen in unsern kirchen ganz ab-
gethan sein.
 
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