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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0209
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Kirchenordnung von 1552.

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Forma der ordination, gestellet durch
den ehrnwirdigen herrn Mart. Lutherum D.
Erstlich singet man Veni sancte spiritus, und
wird die collect gelesen. Darnach lieset der super-
attendens diese folgende text.
So schreibet S. Paulus in der ersten epistel
an Thimotheon am dritten capitel.
Das ist je gewislich war, so jemand ein
bischofs amt begert, der begert ein köstlich werk.
Es sol aber ein bischof unstreflich sein eines
weibes man, nüchtern, messig, sittig, gastfrei, leer-
haftig, nicht ein weinseufer, nicht beissig. nicht
unehrliche handierung treiben, sondern gelinde,
nicht haderhaftig, nicht geizig, der seinem eignen
hause wol furstehe, der gehorsame kinder habe,
mit aller erbarkeit (so aber jemand seinem eignen
hause nicht weis furzustehen, wie wird er die
gemeine gottes versorgen?) Nicht ein neuling,
uff das er sich nicht uffblase und dem lesterer ins
urteil falle. Er mus aber auch ein gut zeugnis
haben, von denen, die draussen sind, uff das er
nicht falle dem lesterer in die schmach und strick.
So ermanet S. Paulus die eltesten der ge-
meine zu Epheso.
So habt nu acht uff euch selbst und uff die
ganze herd, unter welche euch der heilige geist
gesetzt hat, zu bischoven, zu weiden die gemeine
gottes, welche er durch sein eigen blut erworben
hat. Denn das weis ich, das nach meinem ab-
schied werden unter euch komen greuliche wolfe,
die der herde nicht verschonen werden. Auch
aus euch selbs werden uffstehen menner, die da
verkerte lere reden, die jünger an sich zu ziehen.
Darum seid wacker und denket daran, das ich
nicht abgelassen habe, drei jar, tag und nacht,
einen jglichen mit threnen zu ermanen.
Hie höret ir, das uns, so bischove, das ist
prediger und pfarherr, berufen sind und sein
sollen, nicht wird befohlen, gense oder küe zu
hüten, sondern die gemeine, so gott durch sein
eigen blut erworben hat, das wir sie weiden sollen,
mit dem reinen wort gottes, auch wachen und
zusehen, das nicht wolfe und rotten unter die
armen schafe einreissen, darum nennet ers ein
köstlich werk.
Auch fur unser person sollen wir züchtig und
ehrlich leben, unser haus, weib, kind und gesind
christlich halten und ziehen.
Seid ir nu solches zu thun bereit, so
sprecht Ja.
Da lege der superattendens und die andern
diener des worts, so dabei sind, dem ordinando
die hend uff das heubt, darnach spreche er.
Last uns beten. Vater unser, der du bist im
himel etc.
Sehling, Die Kirchenordnungen. V.

Barmherziger gott, himlischer vater, du hast
durch den mund deines lieben sons, unsers herrn
Jesu Christi zu uns gesagt, die ernte ist gros,
aber wenig sind der erbeiter, bittet den herrn
der ernte, das er erbeiter in seine ernte sende.
Uff solchen deinen göttlichen befehl bitten wir
von herzen, du wollest diesen deinen dienern,
samt uns und allen, die zu deinem wort berufen
sind, deinen heiligen geist reichlich geben, das
wir mit grossen haufen deine evangelisten sein,
treu und fest bleiben wider den teufel, welt und
fleisch. Damit dein name geheiliget, dein reich
gemehret, dein will volbracht werde. Wollest
auch dem leidigen greuel des bapsts und Maho-
meth, samt andern rotten, so deinen namen lestern,
dein reich zerstören, deinem willen widerstreben,
endlich steuren und ein ende machen. Solch
unser gebet (weil du es geheissen, geleret und
vertröstet hast), wollestu gnediglich erhören, wie
wir gleuben und trauen, durch deinen lieben son,
unsern herrn Jesum Christum, der mit dir und
dem heiligen geist lebt und herrschet in ewikeit.
Amen.
So gehet nu hin und weidet die herde Christi,
so euch befohlen ist, und sehet wol zu, nicht ge-
zwungen, sondern williglich, nicht um schendlichs
gewins willen, sondern von herzen grund, nicht
als die uber das volk herrschen, sondern werdet
furbilde der herde, so werdet ir (wenn der erz-
hirte erscheinen wird) die unvorwelkliche krone
der ehren empfahen. Benedicat vobis dominus,
ut faciatis fructum multum. Amen.
Folget die communio.
Und sollen ernach den ordinatis geschriebene
oder gedruckte öffentliche testimonia gegeben
werden, unterschrieben durch den superattendenten
und etliche mehr personen. Das man wisse, das
sie zum predigamt zugelassen sind, und nicht
falsche lerer sind.
Von den kirchengerichten.
Beides mus man wissen, das grosse und weite
unterschied sind, zwischen weltlichen gerichten
und strafen, und kirchengerichten und strafen, und
das gleichwol die kirche besondere gericht und
strafen haben mus, wie der herr Christus diese
gericht selb ordnet, Matth. 18.: Und sind one
zweivel zuvor in der ersten veter kirchen, der-
gleichen besondere kirchengericht gewesen.
Und gehören darein furnemlich zweierlei
sachen. Streit von der lere und urteil wider die,
so in eusserlichen sünden leben und nicht ablassen
wollen. Von solchen gerichten redet S. Paulus
zun Corinthern.
Es haben auch ernach die bischove etliche
fell in ehesachen in diese gericht gezogen. Denn
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