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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0234
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218

Mecklenburg.

lichen hausfrauen und kindlin der hunger zun
augen aus sihet. Etlich rauben auch von den
kirchen und pfarrgütern, was sie können, darüber
sind auch hypocriten, die diesen groben irthum
geschrieben haben, die priester sollen nicht eigen-
thum haben etc. Und laufen viel widerteufer in
landen irr, welche die leute wider die armen
pastores anhetzen, rühmen sich, sie predigen um
sonst und leiden viel etc.
Wider solche irthum und lesterung des gött-
lichen amts, darin der herr Christus selb der
höhest priester und pastor ist, und wirkt durch
sein evangelium kreftiglich, bekert viel menschen
zur selikeit, sollen die leut wol unterricht werden,
das sie das evangelium und den herrn Christum und
seine gliedmas die armen pastorn lieben und ehren.
Es sol auch die oberkeit die lesterer und
reuber, welche den kirchen die güter entzihen in
strafe nemen.
Zur aposteln zeiten hat man gemeine elemo-
sinen gesamlet, davon die predicanten unterhalten
sind, und ist den armen leuten hülfe davon ge-
schehen, ernach hat Constantinus den kirchen be-
sondere einkomen geben, doch keine herrschaft,
keine stedt, keine weltliche regierung, aber
Julianus hat dasselbig einkomen den kirchen auch
wider genomen und der christen dazu gespottet,
hat gesagt, unser lere spreche, selig sind die
armen, also helfe er uns zur selikeit, wie itzund
auch viel spotten, ernach haben Jovianus und
Theodosius die kirchen wider begabet, doch mit
geringer hülf und bald ist diese ordnung durch
die gothen, wenden, hunnos in occidente, und
durch die sultan in orient zerrissen.
Ernach hat Carolus Magnus widerum neue
stiftung in Italia, Gallia und Germania gemacht,
und ist dadurch der bapst zu Rom gewaltig
worden, und ist die christliche lere vertunkelt,
und haben fur und fur bapst, bischof, canonici,
nach weltlicher hoheit getracht, und haben die
studia, predigamt, examen und unterweisung in
der ordinatio und visitation fallen lassen, haben
grosse fürstenthum mit listen, betrug und mancherlei
grossen kriegen zu sich gezogen, dieweil denn
öffentlich ist, das der herr Christus die weltliche
herrschaft und kirchen regiment unterschieden hat,
und die bepst und bischoff ausser irem beruf ge-
treten sind, solten sie ir amt betrachten, und zu
gottes ehre, und zu irer und des volks selikeit,
mit gutem rat dienen helfen. Wiewol wir nu das
bepstliche betriegen, rauben, abgötterei, unzucht
und allerlei untugent öffentlich in unser und
unser bekentnis strafen, so ist doch unser gemüt
nicht weiter zu thun oder zu raten, denn so fern
wir in unser vocation zu thun schuldig sind. Gott
wird seine zeit finden, wenn er die bepstliche
abgötterei und ungebürliche hoheit zu boden

stossen und die geraubten güter wider wird zer-
reissen lassen etc. Davon ist hie gnug geredt,
unser bekentnis zu erholen. So viel aber kirchen-
güter unter dieser herrschaft sind, stift, klöster,
prebenden, wil die herrschaft die selbigen nicht
zerreissen lassen, sondern dazu erhalten, das nach
gelegenheit der stedt und dörfer, daraus der uni-
versitet und den kirchen mit gutem rat zulag
verordnet werden, denn dieses ist christlich und
den geschriebnen rechten gemess, das diese gaben,
die vor zeiten zu erhaltung der christlichen emter
gedacht sind, noch zu erhaltung christlicher lere,
kirchen, schulen und hospitaln angewant werden,
und sollen die visitatores von den kirchen an-
zeigung thun, die fürnemlich hülfe bedürfen, so
ist öffentlich, das die ordinatio mit dem examine
also mus bestelt werden, das man den armen
ordinanden hülfe thue, die man uffhalten und
unterweisen mus, denn das examen und unter-
weisung sind hoch nötig, so bedarf man zu den
consistorien und visitatio auch etwas stadlichs, wie
alle verstendige wissen, und dazu sind erstlich
die bistum mit gütern reichlich begabet, und ist
seer unbillich das die bischof und canonici die-
selbigen elemosinen itzund unnütz verschwenden,
und die armen verlassene pastores sollen die arbeit
mit der ordinatio, consistorien und visitatio tragen,
und haben gleich wol nicht so viel, als die not-
durft zu diesen sachen erfordert.
Derhalben ist der herrschaft wille und gemüt,
zu dieser notdurft die stift und klöstergüter an-
zuwenden, denn sie erkennt sich schuldig, den
kirchen hülf zu thun, wie im propheten Esaia
cap. 49. geschrieben ist, die könige werden deine
nehrer sein, und die königin deine seugammen,
das ist, die könige und fürsten sollen die kirchen
als treue veter und nehrer schützen, und zum predig-
amt unterhaltung verordnen, dergleichen sollen
auch alle stedte und ehrliche regiment treulich
förderung und hülf dazu thun, als ire seugammen.
Diesem göttlichen befehl wil die herrschaft
durch gottes gnad gehorsam sein, und dieweil der
spruch von allen regenten redet, sollen die stedte
selb auch zu diesem nützlichen werk willig sein.
Und sol erstlich in allen stedten und dörfern
das pfarrgut treulich erhalten und gebessert werden.
Man sol auch alle feiertag in allen pfarren
öffentlich in der kirchen oder vor der kirchen
elemosinen samlen, den armen leuten nach ge-
legenheit damit zu helfen.
Weiter sol in jeder stad, klein oder gros,
durch den rat ein gemeiner kast, das ist der
kirchen einkomen und vorrat also geordnet werden,
nach dem capellen, prebenden und brüderschaften
etc. in den stedten vor alters gewesen sind, der-
selbigen einkommen sol alles in einen gemeinen
kasten zu der kirchen bau, belonung der diacon
 
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