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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0299
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Visitations-Instruktion für Rostock von 1557.

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44. Visitations-Instruktion von 1557.
Aus Rathsarchiv Rostock Ecclesiastica II. C. Vol. I. fasc. 4b. Vgl. oben S. 278.]

Die verordenten furstlichen rethe und commis-
sarii haben der ern predicanten schrift freuntlich
vernommen und lassen darin die beschuldigungen
doctoris Draconiten, dieweil sein gegenbericht
noch nicht eingebracht, in ihrem werde beruhen.
Was aber die superintendentiam betrifft, haben
die hern commissarii keinen befehl, dass sie
D. Draconiten für einen superintendenten be-
stetigen sollen, viel weniger wollen sie, umb
vieler wichtiger ursachen willen, die ern predi-
canten damit beschweren, dass sie D. Draconiten
fur einen superintendenten erkennen sollen.
Was nun die andern artickel von den sontags
kosten, und der offentlichen unbussfertigen sunder
abweisung von der gemeinschaft der heiligen sacra-
ment belanget, halten die hern commissarii, dass der
predicanten lere und furhaben recht und christ-
lich und dem worde gottes und unser gnedigen
hern kirchenordnung gemess sei, aber de ordine
et modo processus, den man hierin halten sol,
haben die hern commissarii dieses bedenken,
darnach sich die hern predicanten vorthin treu-
lich verhalten werden.
1. Erstlich dieweil geschrieben stehet Deut. 17,
quod justum est, juste prosequaris; so ist es nicht
genug, dass man eine gute sach habe, oder dass
mans gut meine, sondern man muss auch einen
ordentlichen process darin halten.
2. Den process aber, so man im ban oder
bindung der sunder halten soll, hat unser her
Christus Matth. 18 furgeschrieben, mit diesen
worten: Sundiget aber dein bruder an dir.
im himmel loss sein.
3. Darum soll man niemant offentlichen mit
namen in den ban thun, der zuvor nicht erstlich
vermant und darnach ordentlich fur dem juditio
ecclesiae beklagt und uberzeugt und verurteilet
ist, es sei dan die gotteslesterung so greulich,
und das factum so notorium, das ein gottseliger
eiveriger pastor ein sonderlichen ernst darin ge-
brauchen muste, sonderlich, wen kein ordentlich
kirchengericht recht bestellet ist.
4. Wiewol aber niemand on furgehenden
ordentlichen process soll mit namen in den ban
gethan werden, so sind doch alle treue prediger
aus gottes befehl schuldig, dass sie in ihren kirchen
denselbigen offentlichen sundern ihre snnde nicht
allein durch das gemeine wort, sundern auch pri-
vatim , nach der ler Christi Matth. 18 anzeigen
und sie zu der bekerung vermanen.
5. So sie nun ihre sunde erkennen und
besserung zusagen, soll sie der prediger an-
nemen und zu des hern nachtmal, zu der taufe
und aller christlichen ceremonien gemeinschaft
zulassen.

6. So sie aber ihre sunde und gottesleste-
rung verteidungen, und die vermanung trotziglich
verachten und keine besserung zusagen wurden,
so seint die prediger schuldig, dieselbigen von des
herrn nachtmal, von der tauf und der christl.
kirchen gemeinschaft abzuweisen, bis das sie sich
bekeren. Jedoch soll man einen solchen nicht
alsbald mit namen von der canzel ausrufen und
offentlich verbannen, es sei dan, dass er per
sententiam consistorii verurteilet sei, oder sunst
ander umbstende einen solchen ernst erfor-
derten.
7. Damit auch weniger ursach zu verbitte-
rung wider das predigampt gegeben werde, sollen
die praedicanten die gevadderen, so zur taufe
gebeten, nicht unverwarnet, in der kirchen, vor
allen leuten, ansprechen und da examiniren, sonder
die leute dazu vermanen, das sie einen tag zu-
vor den predicanten vermelden, das sie ire
kindelin teufen sollen, und darbeneben auch ihnen
de gevatteren anzeigen.
8. So nun die predicanten vermeinen, das
sie etliche gevatteren nicht mit gutem gewissen
konten zulassen, sollen sie dieselbigen zuvor allein
zu sich fordern, und sie auf das freuntlichste ver-
manen und unterrichten. In der kirchen aber
sollen sie niemand, der ihnen zuvor ist angezeiget
worden, von der tauf abweisen.
9. Damit auch dieses gemein wort, offent-
liche sunder, nicht etwan ein zweifel und
irrung gebere, so verstehn die herren commis-
sarii diese wort also, das die prediger nicht
allein aus blossen anzeigungen, argwon, oder un-
gewissen horsagen solche vermanung und ernst
wider jemand furnemen, sondern allein diese
vermanen, und von des hern nachtmal und
der taufe abweisen, die sie offentlich vertrauen
zu uberzeugen, dass es gotteslesterer sein, als die
hallsterrich uber den papistischen abgöttereien halten
und unsere religion fur ketzerei oder secten schelten,
item das es verfolgere des predigampts, oder sunst
horenjeger, ebrecher, wocherer, trunkenbold
sein, und davon nicht abstehen wollen.
10. Und dis alles nach dem spruch Pauli I,
ad Cor. V. Ihr sollet nichts mit denen zu schaffen
haben, nemblich so jemand ist, der sich lest einen
bruder (oder christen) nennen, und ist ein hurer,
oder ein geiziger, oder ein abgottischer, oder ein
lesterer, oder ein trunkenbold, oder ein reuber,
mit denselbigen sollt ihr auch nicht essen (in-
sonderheit von dem tische des herrn nachtmahls)
den, was gehn mich die draussen an ( das ist
die heiden oder unchristen), thut von euch selbst
hinaus, der da bos ist.
 
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