Wismar.
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dem beutel umgehen, und sich des nicht ver-
driessen lassen, ob sie sich schon muchten be-
dunken lassen, dass es nicht viel trüge.
Desgleichen sollen die leute von der canzel
vermahnt werden, dass sie in allen processen, uf
hochzeiten und begrebnus in den armen kasten
ihre almosen geben sollen, und da der kasten nicht
zur hand stunde, kan ein becken gesetzt werden.
Und dieweil grose unordenunge mit entheili-
gunge des feiertags durch die rats kosten, auch
der esching und werkkosten der handwerksstiften
wegen der bürger sprach und dergleichen hendel
befunden, soll man sich in dem allen unsern
gnedigen landesfürstlichen ordenunge gemess ver-
halten, damit dasselbige abgeschaffet wird.
Wismar.
Litteratur: Schröder, Wismarische Prediger-Historie. Wismar 1734; Schröder,
Kirchenhistorie des evangelischen Mecklenburgs. Rostock 1788; Burmeister, De instaura-
tione ecclesiae Christianae sexto decimo seculo in civitate Wismaria peracta. Rost. 1840;
J. Wiggers, Kirchengeschichte Mecklenburgs. Parchim und Ludwigslust 1840; Techen,
Wismar im Mittelalter. Hansische Pfingstblätter 6. Leipzig 1910; Techen, Überblick über
die Geschichte Wismars, in Jahrb. des Vereins für Mecklenb. Gesch. 56, S. 1 ff.; Crain, Die
Reformation der christlichen Kirche in Wismar. Wismar 1841; Techen, Die Bürgersprachen
der Stadt Wismar, in Hansische Geschichtsquellen, N. F. Bd. III. Leipzig 1906.
Archive: Rathsarchiv Wismar; St.-A. Schwerin; Archiv des Geistl. Min. Rostock.
Archiv des Geistl. Min. Wismar.
I. In Wismar ist wie in Rostock die Rechtsbildung durch den Herzog, durch den Rath
und durch das Ministerium auseinanderzuhalten.
Die Stadt war zwar nicht so mächtig wie Rostock, hatte aber andererseits an dieser
Stadt und an den anderen Seestädten einen starken Rückhalt und ging auch schon aus Tradi-
tion möglichst selbständig vor.
Die Anfänge der Reformation vollzogen sich ganz selbständig. Vgl. dafür Schröder,
Evang. Mecklenburg 1, S. 101 ff., 201 ff., 298 ff., 322 ff., 473 ff.; Crain, a. a. O. Diese Anfänge
waren aber ziemlich bewegte. Der erste lutherische Prediger, Heinrich Never, wich bald vom
lutherischen Bekenntniss ab, so dass sich Bugenhagen 1531 sehr herb über Wismar ausliess
(vgl. Jahrb. des Ver. für mecklenb. Gesch. 24, S. 143 ff.); die Schwierigkeiten wurden aber
überwunden, und der Rath wachte seitdem besonders ängstlich über die Reinheit der Lehre.
Es zeigten sich aber trotzdem auch noch später reformierte und wiedertäuferische Strömungen,
welche Unruhen hervorriefen. So bei Gelegenheit der Visitationen von 1542 und 1552.
II. Die beiden ersten herzoglichen Visitationen verliefen glatt, ohne Widerstand des
Rathes; denn es handelte sich hier in erster Linie um die Festlegung der neuen Lehre, und
da standen natürlich keine Sonderinteressen der Stadt auf dem Spiele.
Über die Visitation von 1535 vgl. oben S. 128. Die Visitation von 1541 eröffneten die
Visitatoren mit einer feierlichen Ansprache an den Rath. Diese Ansprache ist bei Schröder,
Evang. Mecklenb. 1, S. 361 ff. abgedruckt. Die von den Visitatoren erlassene Anordnung ist
dort ebenfalls, aber sehr frei, abgedruckt. Wir drucken sie erstmalig genau nach der zeit-
genössischen Abschrift im Staatsarchiv zu Schwerin, General-Kirchen-Visitation 1541/42 Bl. 1—6a
(Nr. 57).
Schwierigkeiten entstanden bei den späteren Visitationen. So schon 1552 ff. Bis dahin
war nämlich das Kirchengut von den herzoglichen Visitatoren ganz unberührt geblieben und
der Rath hatte sich desselben selbständig bemächtigt, wie er und die bürgerlichen Vorsteher
der Hospitalien (die am reichsten ausgestattet waren) und Kirchen von jeher ohne anderer
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dem beutel umgehen, und sich des nicht ver-
driessen lassen, ob sie sich schon muchten be-
dunken lassen, dass es nicht viel trüge.
Desgleichen sollen die leute von der canzel
vermahnt werden, dass sie in allen processen, uf
hochzeiten und begrebnus in den armen kasten
ihre almosen geben sollen, und da der kasten nicht
zur hand stunde, kan ein becken gesetzt werden.
Und dieweil grose unordenunge mit entheili-
gunge des feiertags durch die rats kosten, auch
der esching und werkkosten der handwerksstiften
wegen der bürger sprach und dergleichen hendel
befunden, soll man sich in dem allen unsern
gnedigen landesfürstlichen ordenunge gemess ver-
halten, damit dasselbige abgeschaffet wird.
Wismar.
Litteratur: Schröder, Wismarische Prediger-Historie. Wismar 1734; Schröder,
Kirchenhistorie des evangelischen Mecklenburgs. Rostock 1788; Burmeister, De instaura-
tione ecclesiae Christianae sexto decimo seculo in civitate Wismaria peracta. Rost. 1840;
J. Wiggers, Kirchengeschichte Mecklenburgs. Parchim und Ludwigslust 1840; Techen,
Wismar im Mittelalter. Hansische Pfingstblätter 6. Leipzig 1910; Techen, Überblick über
die Geschichte Wismars, in Jahrb. des Vereins für Mecklenb. Gesch. 56, S. 1 ff.; Crain, Die
Reformation der christlichen Kirche in Wismar. Wismar 1841; Techen, Die Bürgersprachen
der Stadt Wismar, in Hansische Geschichtsquellen, N. F. Bd. III. Leipzig 1906.
Archive: Rathsarchiv Wismar; St.-A. Schwerin; Archiv des Geistl. Min. Rostock.
Archiv des Geistl. Min. Wismar.
I. In Wismar ist wie in Rostock die Rechtsbildung durch den Herzog, durch den Rath
und durch das Ministerium auseinanderzuhalten.
Die Stadt war zwar nicht so mächtig wie Rostock, hatte aber andererseits an dieser
Stadt und an den anderen Seestädten einen starken Rückhalt und ging auch schon aus Tradi-
tion möglichst selbständig vor.
Die Anfänge der Reformation vollzogen sich ganz selbständig. Vgl. dafür Schröder,
Evang. Mecklenburg 1, S. 101 ff., 201 ff., 298 ff., 322 ff., 473 ff.; Crain, a. a. O. Diese Anfänge
waren aber ziemlich bewegte. Der erste lutherische Prediger, Heinrich Never, wich bald vom
lutherischen Bekenntniss ab, so dass sich Bugenhagen 1531 sehr herb über Wismar ausliess
(vgl. Jahrb. des Ver. für mecklenb. Gesch. 24, S. 143 ff.); die Schwierigkeiten wurden aber
überwunden, und der Rath wachte seitdem besonders ängstlich über die Reinheit der Lehre.
Es zeigten sich aber trotzdem auch noch später reformierte und wiedertäuferische Strömungen,
welche Unruhen hervorriefen. So bei Gelegenheit der Visitationen von 1542 und 1552.
II. Die beiden ersten herzoglichen Visitationen verliefen glatt, ohne Widerstand des
Rathes; denn es handelte sich hier in erster Linie um die Festlegung der neuen Lehre, und
da standen natürlich keine Sonderinteressen der Stadt auf dem Spiele.
Über die Visitation von 1535 vgl. oben S. 128. Die Visitation von 1541 eröffneten die
Visitatoren mit einer feierlichen Ansprache an den Rath. Diese Ansprache ist bei Schröder,
Evang. Mecklenb. 1, S. 361 ff. abgedruckt. Die von den Visitatoren erlassene Anordnung ist
dort ebenfalls, aber sehr frei, abgedruckt. Wir drucken sie erstmalig genau nach der zeit-
genössischen Abschrift im Staatsarchiv zu Schwerin, General-Kirchen-Visitation 1541/42 Bl. 1—6a
(Nr. 57).
Schwierigkeiten entstanden bei den späteren Visitationen. So schon 1552 ff. Bis dahin
war nämlich das Kirchengut von den herzoglichen Visitatoren ganz unberührt geblieben und
der Rath hatte sich desselben selbständig bemächtigt, wie er und die bürgerlichen Vorsteher
der Hospitalien (die am reichsten ausgestattet waren) und Kirchen von jeher ohne anderer