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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0320
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Mecklenburg.

Mitwirkung über das Gut der Hospitalien und der für Kirchen- und Pfarrbauten gesammelten
Fonds verfügten, und wie der Rath seit langen Jahren die Rechte der Wismarischen Geist-
lichen gegenüber auswärtigen Gläubigern vertreten hatte. Auch sehr viele Vikareien standen
unter dem Patronat des Rathes, welchem demzufolge die Vermögensverwaltung meist zustand.
Ebenso übte schon in der katholischen Zeit der Rath gewisse Aufsichtsrechte über die Klöster
in der Stadt Als daher seit 1552 die Herzöge ihre Hand ebenfalls auf das Gut der kirch-
licheu Stiftungen legen wollten, wehrte sich der Rath, und es begannen endlose Verhand-
lungen zwischen Rath und Herzog. Jetzt machte der Rath aus den Visitationen eine Prinzipien-
frage und behauptete, dass er allein das Recht besitze, in der Stadt Visitationen vorzunehmen.
Deren Rechtmässigkeit bestritt wieder der Herzog. Deshalb verhinderte der Herzog die
städtischen Visitationen und der Rath die herzoglichen, so dass nie etwas Rechtes aus den
vielen Ansätzen herausgekommen ist und die Visitationen, soweit sie überhaupt zu Stande
kamen, ein höchst unerquickliches Bild von Halbheit und von unerfreulichen Verhand-
lungen bieten.
Bei der herzoglichen Visitation vom 15. November 1552 quittirte der Rath mit Dank den
Visitatoren über den Empfang der herzoglichen Kirchenordnung und versprach, sich nach derselben
mit allem Fleiss zu richten und sich den anderen Kirchen so viel als möglich gleichförmig zu
verhalten, wie er sich ja auch stets nach der Herzog-Heinrichs-Ordnung gehalten habe; im
Übrigen aber könne er sich ohne Zustimmung seiner Mitbürger auf die Visitationen der Herzöge
nicht einlassen, namentlich nicht mit Bezug auf das Kirchengut; denn über Menschengedenken
habe die Stadt eine löbliche Freiheit in der Verwaltung des Kirchengutes gehabt.
Gegen die Visitation von 1555 erhob der Rath feierlichen Protest mit dem Bemerken,
dass er stets um reine Lehre und gute Versorgung der Prediger bemüht gewesen sei. So
stiessen auch die späteren herzoglichen Visitationen von 1557 ff., 1572 ff., 1578 ff., 1580 ff. auf
harten Widerstand und gelangten nicht zum Ziele. Über alle diese Vorgänge findet sich
reiches Material im Rathsarchiv zu Wismar und im Staatsarchiv zu Schwerin, worauf hier aber
nicht näher eingegangen werden kann.
III. Neben den herzoglichen kommen eigene städtische Visitationen vor.
So beschlossen schon 1534 Rath und Bürgerschaft über Verwendung des Kirchengutes.
Am 17. Oktober 1555 erliess der Rath eine Instruktion. Hier stellte er mit Belieben
der Bürgerschaft drei Rathspersonen, drei „Bürger“ (das sind Deputirte aus den Kaufleuten,
namentlich den Brauern), und drei „amptleute“ (d. h. Deputirte aus den „ämtern“, das bedeutet
für Wismar die Handwerker), und einen Schreiber auf, um die (noch nicht unter Obhut des
Rathes gekommenen geistlichen Stiftungen zu verzeichnen und zu sammeln, vorbehaltlich der
Rechte der Patrone. Auch sollten die Einkünfte der diaconi verzeichnet und sechs bis acht
Stipendien für Studierende aus armen Bürgerfamilien geschaffen, der Rest aber für die Armen
verwendet werden. (Gedruckt: Schröder, Evang. Mecklenburg 2, S. 124—126.) Es wurde
aber aus dem ganzen Plane nichts wegen des Einspruches der Herzöge.
Eine weitere Visitation ordnete der Rath am 20. November 1570 an. Sie kam aber
ebenfalls nicht zur Ausführung, trotzdem noch die „Bürger“ 1572 im Juni den Rath baten, zu
visitieren, „ehe es andere don“.
Seit 1578 war eine neue städtische Visitation im Werke. Der Rath hatte eine In-
struktion ausgearbeitet; die „Bürger“ wollten sie nicht bloss vorgelesen, sondern in Abschrift
vorgelegt haben. Als der Rath zur Visitation „aus dem Mittel der bürger und emptern“
etliche Personen wählen wollte, zeigten die Bürger am 18. November 1570 an, dass sie im
neuen Hause einen Ausschuss aus „Bürgern und Ämtern“ gebildet hätten. Am 25. November
1580 — so lange hatte die Sache geruht — übergab der Rath der Gemeinde die Instruktion,
damit der Ausschuss sich mit ihm ins Benehmen setze. Jetzt machten aber plötzlich die Geschlechter,
 
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