Wismar.
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Namen der heil. Dreifaltigkeit einander zugesaget und die Anwesende gebeten, dessen
Zeugen zu sein, was geschehen; alsdenn gehet ein jeder wieder seine Wege. Titii Exempel-
Buch p. 1189.“
Wir können diesen höchst interessanten Beitrag zur Geschichte des Eherechts ergänzen
durch eine protokollarische Zeugenaussage über eine solche Verlobung vom Jahre 1555, in dem
Rathsarchive zu Wismar, Zeugebuch 1550—1562 fol. 205—209. Es handelt sich um eine
Verlobung unter freiem Himmel zwischen einem gewissen Berent Pecksnyder und einer Wittwe.
Es wurde zunächst der Anlass der Verlobung erzählt: P. hat Leinwand für 5500 Mr. unter
der Bedingung verkauft, dass Bezahlung erfolgen solle, wenn er eine ehrliche Wittwe oder
Jungfrau „na insettinge der kerken“ zur Ehe nehme; in Lübeck war es ihm misslungen, in
Wismar aber hatte Pawel Schröder die Ehe vermittelt. Dieser führte auch das Wort und
warnte den Bräutigam, indem er ihn auf die Bedeutung des Sakramentes (1555!) der Ehe
hinwies, die Braut nicht zu betrügen, und ihr das Ausgemachte zuzuwenden. Nachdem
Pecksnyder alles Gewünschte, auch betreffs des Vermögens der Kinder, versprochen, da er
wohl wüsste, dass es kein Kinderspiel, sondern „ein sakrament were, dat dar schole vulen-
tagen werden“, wurde er weiter gefragt, ob er nicht einen Mangel geltend zu machen hätte,
oder ob die Braut ihm nicht gefiele, sonst sollte er sich jetzt bedenken, „idt were kein perde-
kop“. P. verneinte die Fragen. „Do dit also alles gescheen, wurdt se ehme gelavet und tho-
gesecht mit kort erhalinge der vier artikel in dem namen der hilligen dreivaldicheit. Des gaf
he ehr ungewandten votes einen gulden rink tho einer truwe, und se ehme einen gulden rink
wedder mit solchen worden: „sie nehme ehne an vor ehren voreheligeden vortruweden brudegam,
wolle ock bi ehme dohn, alse got vor dem strengen gerichte bi ehrer seelen dohn scholde, wolde
ock negest got up disser werlt nemandt beleven, sunder ehne.“ Genau dieselben Worte waren nach
dem Zeugenprotokoll in Frageform vorher entsprechend an den Bräutigam gerichtet worden, und
dieser hatte sie bejaht; sie stellen also offenbar eine feste Formel dar. (Später hat dann
Pecksnyder die Verlobung zwar nicht abgeleugnet, aber erklärt, er habe sich anders bedacht.)
V. Eine Anordnung allgemeinerer Natur erging aus Anlass eines Streites, der 1572
und 1573 unter den Geistlichen schwebte „über den Opferpfennig während der Communion und
andere Beschwerungspunkte des ganzen Ministeriums über seinen Superintendenten“. Eine
eigene Commission, zu der u. A. Chytraeus und Pauli gehörten, musste den Streit im Auf-
trage des Herzogs beilegen und erliess im Namen des Fürsten einen Abschied. Die hier ein-
schlagenden Punkte sollen daraus nach dem Rathsarchiv Wismar Tit. XXIII, Nr. 8, Vol. 2
f. 111—116 abgedruckt worden (Nr. 61). Der ganze Abschied ist abgedruckt bei Schröder 3
S. 175—180.
VI. Das Ministerium gab sich 1562 durch eine formula piae conjunctionis eine Art
Statut. Das Original von 1562 wird im Geistlichen Ministerium zu Wismar aufbewahrt und
wird noch heutigen Tages von den neu eintretenden Geistlichen unterschrieben. Eine Abschrift
aus dem 16. Jahrhundert findet sich im Archiv des Geistlichen Ministeriums zu Rostock Tom. III
Bl. 101, eine spätere Abschrift im Rathsarchiv zu Wismar Tit. XXIII Nr. 8 Vol. 1. Der Ab-
druck bei Schröder 2, S. 382 ist nicht ganz genau. Ich drucke nach dem Original (Nr. 59).
Schröder schreibt 2, S. 384: „Noch ist Folgendes um diese Zeit (1562) zu Wismar
von denen Canzeln jährlich abgelesen worden: Artikl ut der kerkenordeninge jarliges von
der canzel der gemeine vortholesen Dominica Misericordias domini“. Schröder druckt diesen
Auszug aus der Kirchenordnung der Herzöge Albrecht und Ulrich ab. Im Rathsarchiv zu
Wismar war er nicht aufzufinden. Er wird hier nicht abgedruckt,
VII. Einen breiten Raum in den Auseinandersetzungen zwischen Rath und Ministerium
nimmt die Kirchenzucht ein. Hier war es namentlich die Einrichtung des sogen. „Altar-
sitzens“ der Sünder, die der Rath gern beseitigt haben, das Ministerium aber nicht aufgeben
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Namen der heil. Dreifaltigkeit einander zugesaget und die Anwesende gebeten, dessen
Zeugen zu sein, was geschehen; alsdenn gehet ein jeder wieder seine Wege. Titii Exempel-
Buch p. 1189.“
Wir können diesen höchst interessanten Beitrag zur Geschichte des Eherechts ergänzen
durch eine protokollarische Zeugenaussage über eine solche Verlobung vom Jahre 1555, in dem
Rathsarchive zu Wismar, Zeugebuch 1550—1562 fol. 205—209. Es handelt sich um eine
Verlobung unter freiem Himmel zwischen einem gewissen Berent Pecksnyder und einer Wittwe.
Es wurde zunächst der Anlass der Verlobung erzählt: P. hat Leinwand für 5500 Mr. unter
der Bedingung verkauft, dass Bezahlung erfolgen solle, wenn er eine ehrliche Wittwe oder
Jungfrau „na insettinge der kerken“ zur Ehe nehme; in Lübeck war es ihm misslungen, in
Wismar aber hatte Pawel Schröder die Ehe vermittelt. Dieser führte auch das Wort und
warnte den Bräutigam, indem er ihn auf die Bedeutung des Sakramentes (1555!) der Ehe
hinwies, die Braut nicht zu betrügen, und ihr das Ausgemachte zuzuwenden. Nachdem
Pecksnyder alles Gewünschte, auch betreffs des Vermögens der Kinder, versprochen, da er
wohl wüsste, dass es kein Kinderspiel, sondern „ein sakrament were, dat dar schole vulen-
tagen werden“, wurde er weiter gefragt, ob er nicht einen Mangel geltend zu machen hätte,
oder ob die Braut ihm nicht gefiele, sonst sollte er sich jetzt bedenken, „idt were kein perde-
kop“. P. verneinte die Fragen. „Do dit also alles gescheen, wurdt se ehme gelavet und tho-
gesecht mit kort erhalinge der vier artikel in dem namen der hilligen dreivaldicheit. Des gaf
he ehr ungewandten votes einen gulden rink tho einer truwe, und se ehme einen gulden rink
wedder mit solchen worden: „sie nehme ehne an vor ehren voreheligeden vortruweden brudegam,
wolle ock bi ehme dohn, alse got vor dem strengen gerichte bi ehrer seelen dohn scholde, wolde
ock negest got up disser werlt nemandt beleven, sunder ehne.“ Genau dieselben Worte waren nach
dem Zeugenprotokoll in Frageform vorher entsprechend an den Bräutigam gerichtet worden, und
dieser hatte sie bejaht; sie stellen also offenbar eine feste Formel dar. (Später hat dann
Pecksnyder die Verlobung zwar nicht abgeleugnet, aber erklärt, er habe sich anders bedacht.)
V. Eine Anordnung allgemeinerer Natur erging aus Anlass eines Streites, der 1572
und 1573 unter den Geistlichen schwebte „über den Opferpfennig während der Communion und
andere Beschwerungspunkte des ganzen Ministeriums über seinen Superintendenten“. Eine
eigene Commission, zu der u. A. Chytraeus und Pauli gehörten, musste den Streit im Auf-
trage des Herzogs beilegen und erliess im Namen des Fürsten einen Abschied. Die hier ein-
schlagenden Punkte sollen daraus nach dem Rathsarchiv Wismar Tit. XXIII, Nr. 8, Vol. 2
f. 111—116 abgedruckt worden (Nr. 61). Der ganze Abschied ist abgedruckt bei Schröder 3
S. 175—180.
VI. Das Ministerium gab sich 1562 durch eine formula piae conjunctionis eine Art
Statut. Das Original von 1562 wird im Geistlichen Ministerium zu Wismar aufbewahrt und
wird noch heutigen Tages von den neu eintretenden Geistlichen unterschrieben. Eine Abschrift
aus dem 16. Jahrhundert findet sich im Archiv des Geistlichen Ministeriums zu Rostock Tom. III
Bl. 101, eine spätere Abschrift im Rathsarchiv zu Wismar Tit. XXIII Nr. 8 Vol. 1. Der Ab-
druck bei Schröder 2, S. 382 ist nicht ganz genau. Ich drucke nach dem Original (Nr. 59).
Schröder schreibt 2, S. 384: „Noch ist Folgendes um diese Zeit (1562) zu Wismar
von denen Canzeln jährlich abgelesen worden: Artikl ut der kerkenordeninge jarliges von
der canzel der gemeine vortholesen Dominica Misericordias domini“. Schröder druckt diesen
Auszug aus der Kirchenordnung der Herzöge Albrecht und Ulrich ab. Im Rathsarchiv zu
Wismar war er nicht aufzufinden. Er wird hier nicht abgedruckt,
VII. Einen breiten Raum in den Auseinandersetzungen zwischen Rath und Ministerium
nimmt die Kirchenzucht ein. Hier war es namentlich die Einrichtung des sogen. „Altar-
sitzens“ der Sünder, die der Rath gern beseitigt haben, das Ministerium aber nicht aufgeben