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Mecklenburg.
wollte. Im Jahre 1578 schrieb deshalb der Rath an den Superintendenten Simon Pauli zu
Rostock, es bestände zwischen Rostock und Wismar Ungleichheit mit dem „Vor-dem-Altar-
sitzen“; er — der Rath — habe bereits vor einem halben Jahre mit dem gewesenen Super-
intendenten (gemeint ist Basilius Michaelis; der neue Superintendent hiess Corvinus) des-
halb verhandelt, aber ohne Erfolg; jetzt möchte er — der Rath — die Bitte um Abschaffung
wiederholen; im Übrigen wolle er alles, was zur Zucht gehöre, fleissig exequiren (Rathsarchiv
zu Wismar, 1578, Prot, extraj. f. 59). Es scheint aber Alles beim Alten geblieben zu sein,
denn 1585 tauchte der Plan, das Altarsitzen durch Abkündigung, wie es in Rostock üblich sei,
zu ersetzen, wieder auf (Rathsarchiv Wismar Tit. XXIII Nr. 3 Vol. 1 fol. 295). Wieder fragte
man bei Simon Pauli in Rostock an, und dieser gab in seinem Antwortschreiben (Rathsarchiv
Wismar Tit. XXIII, Nr. 8, Vol. 12 fol. 401) genaue Auskunft über die Handhabung der Kirchen-
zucht, insbesondere über die in Rostock übliche Abkündigungsformel, sowie über eine Reihe
anderweiter, von Wismar aus gefragter Punkte. (Vgl. oben S. 298.) Nach Behauptung Nieburs
wurde die Einrichtung abgeschafft. Als das Ministerium sie aber bald darauf wiederhergestellt
sehen wollte, entschied der Rath am 3. Februar 1586, dass es einstweilen bei der Abschaffung
sein Bewenden haben solle, dass aber, wenn der Herzog etwa das Altarsitzen nicht abschaffe,
und es in Rostock wieder gebraucht würde, der Rath es auch in Wismar wieder einführen
wolle (Rathsarchiv Wismar 1586, Prot, extraj. fol. 121—127, 129).
In anderen Fällen arbeiteten Ministerium und Rath Hand in Hand. So finden wir im
Rathsarchiv Wismar 1581, Prot. extraj. S. 225, eine Erklärung des Geistlichen Ministeriums
vom 2. März 1581 , wonach es keinen zur öffentlichen Busse verstatten wolle „ohne bescheini-
gung, dass sie des rats willen haben, in der stadt zu bleiben“. Mit dem Vorstehenden ist
natürlich keine Geschichte der Kirchenzucht in Wismar gegeben, ich wollte aber diese Archiv-
funde nicht unverwerthet lassen und will auf das interessante Thema aufmerksam machen.
VIII. Endlich ist noch eine lateinische Currende-Ordnung zu erwähnen, als deren
Verfasser der Rektor Thuringus gilt. Schröder hat sie 3, S. 136—138 abgedruckt. Über
Schulordnungen von 1566—1580 vgl. Schnell, Unterrichtswesen I, S. 284, 357. Über Visi-
tation der Schulen durch das Ministerium vgl. unten S. 313; über die Anordnung eines
Scholarchats 1587 vgl. Schnell, Unterrichtswesen I, S. 401; über den Katechismusunter-
richt im Speziellen vgl. Schröder 2, S. 386; 3, S. 67. Eine eigenthümliche Einrichtung in
diesem Unterricht stellten die sogen. Katechismus-Hochzeiten dar, worüber man das Nähere
bei Schröder 2, S. 383, 384 nachlesen mag.
57. Verordnung der Visitatoren für Wismar. Vom 7. Dezember 1541.
[Aus St.-A. Schwerin. Kirchen-Visitation gen. 1541/42 Blatt 1d bis 6a (halb). Vgl. oben S. 131. 303.]
Was zur Wismar am mitwochen nach Nicolai
von den verordenten visitatorn Ern. Johann Ribe-
ling, Ern. Jochim Kükenbietern und magister
Simon Leupolden samt Thomas Hobergen, vogt
zu Meckelnburg etc. aus bevehl der durchleuch-
tigen hochgebornen fursten und hern, hern Hein-
richs , herzogen zu Meckelnburg usw. aufm rat-
hause vor eim erbarn rathe darselbst ist geredt,
und gehandelt worden anno 1541.
Erstlich hat der wirdige und wolgelarte her
Johann Ribeling einem erbarn rathe zur Wismar
e. f. g. gunstigen grus, gnedigen willen und alles
guts angezeigt, und darnach e. f. g. credenz
vorreicht, nach desselben vorlesunge folgender
gestalt geredt zu den predicanten und ganzen
rathe:
Wirdigen und erbarn gunstige hern und
freunde. Euch ist nicht unbewust, wie von am-
beginn der welt alle gotselige fursten und regenten
die hochsten sorge darin gehat haben, das sie
sampt ihren underthanen den rechten wahren gots-
dienst haben mochten, und got in der warheit.
dieneten. So hat gesorget der heilige vater Adam
sampt alle die heiligen veter bis uff Josuam den
theuren helt, der auch selbst dem ganzen volke
alle wort im gesetze von dem segen und ver-
fluchunge vorgelesen hat. Zu dem welche sorge
hatte Samuel darvon? hat nicht David ein un-
Mecklenburg.
wollte. Im Jahre 1578 schrieb deshalb der Rath an den Superintendenten Simon Pauli zu
Rostock, es bestände zwischen Rostock und Wismar Ungleichheit mit dem „Vor-dem-Altar-
sitzen“; er — der Rath — habe bereits vor einem halben Jahre mit dem gewesenen Super-
intendenten (gemeint ist Basilius Michaelis; der neue Superintendent hiess Corvinus) des-
halb verhandelt, aber ohne Erfolg; jetzt möchte er — der Rath — die Bitte um Abschaffung
wiederholen; im Übrigen wolle er alles, was zur Zucht gehöre, fleissig exequiren (Rathsarchiv
zu Wismar, 1578, Prot, extraj. f. 59). Es scheint aber Alles beim Alten geblieben zu sein,
denn 1585 tauchte der Plan, das Altarsitzen durch Abkündigung, wie es in Rostock üblich sei,
zu ersetzen, wieder auf (Rathsarchiv Wismar Tit. XXIII Nr. 3 Vol. 1 fol. 295). Wieder fragte
man bei Simon Pauli in Rostock an, und dieser gab in seinem Antwortschreiben (Rathsarchiv
Wismar Tit. XXIII, Nr. 8, Vol. 12 fol. 401) genaue Auskunft über die Handhabung der Kirchen-
zucht, insbesondere über die in Rostock übliche Abkündigungsformel, sowie über eine Reihe
anderweiter, von Wismar aus gefragter Punkte. (Vgl. oben S. 298.) Nach Behauptung Nieburs
wurde die Einrichtung abgeschafft. Als das Ministerium sie aber bald darauf wiederhergestellt
sehen wollte, entschied der Rath am 3. Februar 1586, dass es einstweilen bei der Abschaffung
sein Bewenden haben solle, dass aber, wenn der Herzog etwa das Altarsitzen nicht abschaffe,
und es in Rostock wieder gebraucht würde, der Rath es auch in Wismar wieder einführen
wolle (Rathsarchiv Wismar 1586, Prot, extraj. fol. 121—127, 129).
In anderen Fällen arbeiteten Ministerium und Rath Hand in Hand. So finden wir im
Rathsarchiv Wismar 1581, Prot. extraj. S. 225, eine Erklärung des Geistlichen Ministeriums
vom 2. März 1581 , wonach es keinen zur öffentlichen Busse verstatten wolle „ohne bescheini-
gung, dass sie des rats willen haben, in der stadt zu bleiben“. Mit dem Vorstehenden ist
natürlich keine Geschichte der Kirchenzucht in Wismar gegeben, ich wollte aber diese Archiv-
funde nicht unverwerthet lassen und will auf das interessante Thema aufmerksam machen.
VIII. Endlich ist noch eine lateinische Currende-Ordnung zu erwähnen, als deren
Verfasser der Rektor Thuringus gilt. Schröder hat sie 3, S. 136—138 abgedruckt. Über
Schulordnungen von 1566—1580 vgl. Schnell, Unterrichtswesen I, S. 284, 357. Über Visi-
tation der Schulen durch das Ministerium vgl. unten S. 313; über die Anordnung eines
Scholarchats 1587 vgl. Schnell, Unterrichtswesen I, S. 401; über den Katechismusunter-
richt im Speziellen vgl. Schröder 2, S. 386; 3, S. 67. Eine eigenthümliche Einrichtung in
diesem Unterricht stellten die sogen. Katechismus-Hochzeiten dar, worüber man das Nähere
bei Schröder 2, S. 383, 384 nachlesen mag.
57. Verordnung der Visitatoren für Wismar. Vom 7. Dezember 1541.
[Aus St.-A. Schwerin. Kirchen-Visitation gen. 1541/42 Blatt 1d bis 6a (halb). Vgl. oben S. 131. 303.]
Was zur Wismar am mitwochen nach Nicolai
von den verordenten visitatorn Ern. Johann Ribe-
ling, Ern. Jochim Kükenbietern und magister
Simon Leupolden samt Thomas Hobergen, vogt
zu Meckelnburg etc. aus bevehl der durchleuch-
tigen hochgebornen fursten und hern, hern Hein-
richs , herzogen zu Meckelnburg usw. aufm rat-
hause vor eim erbarn rathe darselbst ist geredt,
und gehandelt worden anno 1541.
Erstlich hat der wirdige und wolgelarte her
Johann Ribeling einem erbarn rathe zur Wismar
e. f. g. gunstigen grus, gnedigen willen und alles
guts angezeigt, und darnach e. f. g. credenz
vorreicht, nach desselben vorlesunge folgender
gestalt geredt zu den predicanten und ganzen
rathe:
Wirdigen und erbarn gunstige hern und
freunde. Euch ist nicht unbewust, wie von am-
beginn der welt alle gotselige fursten und regenten
die hochsten sorge darin gehat haben, das sie
sampt ihren underthanen den rechten wahren gots-
dienst haben mochten, und got in der warheit.
dieneten. So hat gesorget der heilige vater Adam
sampt alle die heiligen veter bis uff Josuam den
theuren helt, der auch selbst dem ganzen volke
alle wort im gesetze von dem segen und ver-
fluchunge vorgelesen hat. Zu dem welche sorge
hatte Samuel darvon? hat nicht David ein un-