Die freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf.
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pastoribus nicht allein, sondern auf anmeldung der herren bürgermeister oder auf derselben
verweisung mit bei dem consistorio oder wem sie diese sache sonsten demandiren wollen,
stehen“ solle.
Die eben erwähnte Rathsdeputation bestand aus dem Syndikus, einigen, z. B. drei
Senatoren, und den Pastoren der verschiedenen Kirchen; die Zahl der letzteren schwankt, zumeist
sind es der Superintendent und vier Pastoren; aber einmal werden der Superintendent und
fünf Pastoren als „assessores consistorii“ bezeichnet, ein anderes Mal nennen sich die Geist-
lichen „Consistorial verordente geistliche Herren“. Die Commission heisst „commissio con-
sistorialis“; später wohl auch einfach „Consistorium“. „Consistorium“ heissen aber auch die
einzelnen Sitzungen; so lesen wir z. B. 1662 „Eines Edl. Hochw. Raths Verordneten Herren
Commissarien auf eines Erw. Ministerii bei jungst gehaltenem Consistorio übergebenen Memorial
gegenbericht und resolution“.
Die dieser Kommission überwiesenen Angelegenheiten betrafen einmal die Strafgewalt
gegen Geistliche. So verhandelte sie 1561 gegen den Superintendenten Valentin Curtius wegen
Ehebruches (das Urtheil lautet auf Freisprechung), 1568 gegen einen Geistlichen wegen Be-
leidigung, 1589 desgleichen; dagegen entscheidet 1604 der Rath selbst in einer Ehebruchs-
angelegenheit, ebenso 1678, 1687, und als 1688 das Ministerium eine Eingabe macht, dass
Injurienklagen gegen Geistliche nicht vor dem Rath, sondern vor dem Consistorium erledigt
werden sollten (privilegium fori!), wird es abgewiesen mit dem Bemerken, dass, wenn ein
Prediger im Strafamte excedire und darüber Klage einliefe, die Cognition und Bestrafung von
altersher senatui als summo episcopo beikomme. (Wie wir gesehen haben, trifft dies für die
ältere Zeit nur insofern zu, als man das Consistorium nur als Rathskommission betrachten darf.)
Im Jahre 1690 wendet sich das Ministerium an das „Consistorium“ mit der Bitte, das den
Calvinisten eingeräumte exercitium wieder aufzuheben.
Die Kommission entscheidet namentlich auch die Ehesachen. Die Berufung gegen seine
Entscheidungen geht an den Senat. Vgl. Akten im Staatsarchiv Lübeck, Archiv des Geistl.
Min. z. B. Tom. III, S. 225. Das Consistorium bildet durch seine Praxis das Eherecht weiter
aus. Es erlässt im 17. Jahrh. sogar Consistorialdekrete: So am 30. Juni 1651. Staatsarchiv
Lübeck, Archiv des Geistl. Min. Vol. II, fasc. 4. In dieser Beziehung bieten die Lübecker
Archive reichhaltiges interessantes Material, welches der Hebung wartet. Ich will hier nur
nebenbei Eines hervorheben. Über die Frage, ob Jemand seines Grossmutterbruders Weib,
also eine im dritten Grade Verschwägerte (denn man berechnete im Consistorium Verwandt-
schaft und Schwägerschaft nicht nach römischer, sondern nach kanonischer Methode), heirathen
dürfe, entstand 1577 Meinungsverschiedenheit, die zu verschiedenen Schreiben des Superinten-
denten Pouchenius und von vier Geistlichen, die sich unterzeichnen „Consistorialverwandte
geistliche herren“, führten. Vgl. St.-A. Lübeck, Archiv des Geistl. Min. III, 210 ff. Der Rath
erliess am 7. September 1581 eine Ordnung über das Ehehinderniss der Verwandtschaft und
Schwägerschaft. Dieselbe findet sich handschriftlich im St.-A. Lübeck, Archiv des Geistl.
Min. III, 213 ff. Sie verbietet die Ehe bis zum dritten Grade der Verwandtschaft und
Schwägerschaft der gleichen Seitenlinie, mit sehr ausführlicher Begründung. Die Ordnung ist
abgedruckt bei Winkler, Anecdota historico-nova-antiqua, Vol. VII, p. 128 ff.
Es seien hier sogleich einige weitere eherechtliche Rathsverordnungen genannt: Auszug
aus der Bürgersprache 1546, dass sich keine Frau ohne Einwilligung ihrer Eltern, Vormünder
und nächsten Freunde verheirathen solle; Mandate vom 28. August 1578 und 16. Oktober
1581, dass sich Niemand ausserhalb der Stadt bei Vermeidung der Stadtverweisung trauen
lassen solle (Dreyer, a. a. O.); ein Mandat von 1586, dass Niemand proklamirt noch kopu-
lirt werden solle, wenn er nicht Bürger geworden sei (St.-A., Lübek. Archiv des Geistl.
Min. Tom. II, fol. 10).
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pastoribus nicht allein, sondern auf anmeldung der herren bürgermeister oder auf derselben
verweisung mit bei dem consistorio oder wem sie diese sache sonsten demandiren wollen,
stehen“ solle.
Die eben erwähnte Rathsdeputation bestand aus dem Syndikus, einigen, z. B. drei
Senatoren, und den Pastoren der verschiedenen Kirchen; die Zahl der letzteren schwankt, zumeist
sind es der Superintendent und vier Pastoren; aber einmal werden der Superintendent und
fünf Pastoren als „assessores consistorii“ bezeichnet, ein anderes Mal nennen sich die Geist-
lichen „Consistorial verordente geistliche Herren“. Die Commission heisst „commissio con-
sistorialis“; später wohl auch einfach „Consistorium“. „Consistorium“ heissen aber auch die
einzelnen Sitzungen; so lesen wir z. B. 1662 „Eines Edl. Hochw. Raths Verordneten Herren
Commissarien auf eines Erw. Ministerii bei jungst gehaltenem Consistorio übergebenen Memorial
gegenbericht und resolution“.
Die dieser Kommission überwiesenen Angelegenheiten betrafen einmal die Strafgewalt
gegen Geistliche. So verhandelte sie 1561 gegen den Superintendenten Valentin Curtius wegen
Ehebruches (das Urtheil lautet auf Freisprechung), 1568 gegen einen Geistlichen wegen Be-
leidigung, 1589 desgleichen; dagegen entscheidet 1604 der Rath selbst in einer Ehebruchs-
angelegenheit, ebenso 1678, 1687, und als 1688 das Ministerium eine Eingabe macht, dass
Injurienklagen gegen Geistliche nicht vor dem Rath, sondern vor dem Consistorium erledigt
werden sollten (privilegium fori!), wird es abgewiesen mit dem Bemerken, dass, wenn ein
Prediger im Strafamte excedire und darüber Klage einliefe, die Cognition und Bestrafung von
altersher senatui als summo episcopo beikomme. (Wie wir gesehen haben, trifft dies für die
ältere Zeit nur insofern zu, als man das Consistorium nur als Rathskommission betrachten darf.)
Im Jahre 1690 wendet sich das Ministerium an das „Consistorium“ mit der Bitte, das den
Calvinisten eingeräumte exercitium wieder aufzuheben.
Die Kommission entscheidet namentlich auch die Ehesachen. Die Berufung gegen seine
Entscheidungen geht an den Senat. Vgl. Akten im Staatsarchiv Lübeck, Archiv des Geistl.
Min. z. B. Tom. III, S. 225. Das Consistorium bildet durch seine Praxis das Eherecht weiter
aus. Es erlässt im 17. Jahrh. sogar Consistorialdekrete: So am 30. Juni 1651. Staatsarchiv
Lübeck, Archiv des Geistl. Min. Vol. II, fasc. 4. In dieser Beziehung bieten die Lübecker
Archive reichhaltiges interessantes Material, welches der Hebung wartet. Ich will hier nur
nebenbei Eines hervorheben. Über die Frage, ob Jemand seines Grossmutterbruders Weib,
also eine im dritten Grade Verschwägerte (denn man berechnete im Consistorium Verwandt-
schaft und Schwägerschaft nicht nach römischer, sondern nach kanonischer Methode), heirathen
dürfe, entstand 1577 Meinungsverschiedenheit, die zu verschiedenen Schreiben des Superinten-
denten Pouchenius und von vier Geistlichen, die sich unterzeichnen „Consistorialverwandte
geistliche herren“, führten. Vgl. St.-A. Lübeck, Archiv des Geistl. Min. III, 210 ff. Der Rath
erliess am 7. September 1581 eine Ordnung über das Ehehinderniss der Verwandtschaft und
Schwägerschaft. Dieselbe findet sich handschriftlich im St.-A. Lübeck, Archiv des Geistl.
Min. III, 213 ff. Sie verbietet die Ehe bis zum dritten Grade der Verwandtschaft und
Schwägerschaft der gleichen Seitenlinie, mit sehr ausführlicher Begründung. Die Ordnung ist
abgedruckt bei Winkler, Anecdota historico-nova-antiqua, Vol. VII, p. 128 ff.
Es seien hier sogleich einige weitere eherechtliche Rathsverordnungen genannt: Auszug
aus der Bürgersprache 1546, dass sich keine Frau ohne Einwilligung ihrer Eltern, Vormünder
und nächsten Freunde verheirathen solle; Mandate vom 28. August 1578 und 16. Oktober
1581, dass sich Niemand ausserhalb der Stadt bei Vermeidung der Stadtverweisung trauen
lassen solle (Dreyer, a. a. O.); ein Mandat von 1586, dass Niemand proklamirt noch kopu-
lirt werden solle, wenn er nicht Bürger geworden sei (St.-A., Lübek. Archiv des Geistl.
Min. Tom. II, fol. 10).
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